ULMER KIRCHENORDNUNG 225
der under solchen wonet, sich irs schutzs und schirms gepraucht, zu
fürchten und zu ehren, Rom.xiii. [1 ff.]. Darumb auch ain yede solche
öberkait vor allem versehen soll, das bey iren underthonen die recht
christlich lehr trülich getriben und ir auch glebt und abgstölt126 werd,
5 was dawider geredt oder gethon werden mag. Darumb127 ain verdörb-
licher yrrthumb, solch ordenlich öberkait, wölche Christen verwalten,
weltlich schelten, derselbigen etlich personen (darumb sy von vermain-
ten Bischoffen geweyhet) entziehen und sy wöllen aller ding vom
gschäfft christenlicher lehr und thuns abhalten oder, so sy des rechten,
10 aynigen öberherrn Gottes bevelch klar vor inen haben, sy weysen uff
widerwertigen bevelch, dern so öberherrn aber nit aygen herrn, sonder
nur Gottes, deß aynigen herrens, pflegers und amptleüt sind und nit
wöllen, das solchen öberkayten gepüre, on der hohem oberer geheil128
dem götlichen bevelch nachzukommen129.
15 Solch christlich öberkaitten söllen den bösen wercken zu fürchten
sein, Rom.xiii. [3]. Darumb ain schwerer yrrthumb, fürgeben, das inen
nit gepür, das schwert gegen bsondern übelthättern und auch gantzen130
herrn, so ire underthon wider recht belaydigen wölten, zu geprauchen,
Oder, das inen dazu nit all ire underthon alles irs vermögens zu helffen
20 schuldig seyen131.
So dann auch die Propheten gweyssagt, das die Christen erst recht bey
dem namen Gottes schwörn sölten. Isa.lxv. [15f.],Jere. iiii. [2], Psalm.
126. Verboten.
127. Satzplan: Deshalb ist es ein verderblicher Irrtum, solche Obrigkeit weltlich
zu schelten, ihr bestimmte Personen zu entziehen und sie ... abhalten zu wollen,
oder ... sie auf widerstreitende Befehle festzulegen, wobei solche Oberherren aber
nicht... sind und nicht wollen, daß ...
128. Zustimmung.
129. In diesem und dem folgenden Absatz ist B.s spezifische Obrigkeitsauffassung
klassisch niedergelegt. B.s Anschauung vom Recht und von der Pflicht einer christ-
lichen Obrigkeit, sowohl für die Einführung als auch für die Kontrolle der christlichen
Religion Sorge zu tragen, wird hier zum Ausdruck gebracht. B. hat diese Anschauung
seit seinen Frühschriften bis hin zu seiner Letztschrift De regno Christi (1550) durch-
gehend vertreten. Für die Frühschriften vgl. vor allem Grund und Ursach (1524) und
B.s Vorwort zur Übersetzung des Bugenhagenschen Psalters (1526), jeweils in Bd.1
uns.Ausg., S.271,10ff., und Bd. 2, S. 188,35 ff. Zu B.s parallelen Darlegungen in der
Confessio Tetrapolitana vgl. Bd. 3 uns. Ausg., bes. S. 163,11 ff.; ebenfalls die Apologie der
Confessio Tetrapolitana, ebd. S.211f. Daß B. gleichwohl nicht einfach eine »theokra-
tische Grundanschauung« zu unterstellen ist, wie etwa J.Ficker: Die Anfänge der
akademischen Studien in Straßburg, Straßburg 1912, bes. S. 33, gewollt hat, läßt sich
gerade aus B.s Frühschriften erheben; vgl. E.-W.Kohls: Evangelische Bewegung und
Kirchenordnung in oberdeutschen Reichsstädten, a.a.O. S.110-134, bes.S.119f.
130. Die ursprüngliche Bedeutung ist: unverletzt, vollständig.
131. Als Hintergrund von B.s Obrigkeitsauffassung (vgl. Anm. 129) ist die Staats-
auffassung des Erasmus von Rotterdam besonders zu berücksichtigen, vgl. E.-W.
Kohls: Die Theologie des Erasmus, a.a.O., bes.Bd.I, S. 171ff.
Der 16.
Der 17.
der under solchen wonet, sich irs schutzs und schirms gepraucht, zu
fürchten und zu ehren, Rom.xiii. [1 ff.]. Darumb auch ain yede solche
öberkait vor allem versehen soll, das bey iren underthonen die recht
christlich lehr trülich getriben und ir auch glebt und abgstölt126 werd,
5 was dawider geredt oder gethon werden mag. Darumb127 ain verdörb-
licher yrrthumb, solch ordenlich öberkait, wölche Christen verwalten,
weltlich schelten, derselbigen etlich personen (darumb sy von vermain-
ten Bischoffen geweyhet) entziehen und sy wöllen aller ding vom
gschäfft christenlicher lehr und thuns abhalten oder, so sy des rechten,
10 aynigen öberherrn Gottes bevelch klar vor inen haben, sy weysen uff
widerwertigen bevelch, dern so öberherrn aber nit aygen herrn, sonder
nur Gottes, deß aynigen herrens, pflegers und amptleüt sind und nit
wöllen, das solchen öberkayten gepüre, on der hohem oberer geheil128
dem götlichen bevelch nachzukommen129.
15 Solch christlich öberkaitten söllen den bösen wercken zu fürchten
sein, Rom.xiii. [3]. Darumb ain schwerer yrrthumb, fürgeben, das inen
nit gepür, das schwert gegen bsondern übelthättern und auch gantzen130
herrn, so ire underthon wider recht belaydigen wölten, zu geprauchen,
Oder, das inen dazu nit all ire underthon alles irs vermögens zu helffen
20 schuldig seyen131.
So dann auch die Propheten gweyssagt, das die Christen erst recht bey
dem namen Gottes schwörn sölten. Isa.lxv. [15f.],Jere. iiii. [2], Psalm.
126. Verboten.
127. Satzplan: Deshalb ist es ein verderblicher Irrtum, solche Obrigkeit weltlich
zu schelten, ihr bestimmte Personen zu entziehen und sie ... abhalten zu wollen,
oder ... sie auf widerstreitende Befehle festzulegen, wobei solche Oberherren aber
nicht... sind und nicht wollen, daß ...
128. Zustimmung.
129. In diesem und dem folgenden Absatz ist B.s spezifische Obrigkeitsauffassung
klassisch niedergelegt. B.s Anschauung vom Recht und von der Pflicht einer christ-
lichen Obrigkeit, sowohl für die Einführung als auch für die Kontrolle der christlichen
Religion Sorge zu tragen, wird hier zum Ausdruck gebracht. B. hat diese Anschauung
seit seinen Frühschriften bis hin zu seiner Letztschrift De regno Christi (1550) durch-
gehend vertreten. Für die Frühschriften vgl. vor allem Grund und Ursach (1524) und
B.s Vorwort zur Übersetzung des Bugenhagenschen Psalters (1526), jeweils in Bd.1
uns.Ausg., S.271,10ff., und Bd. 2, S. 188,35 ff. Zu B.s parallelen Darlegungen in der
Confessio Tetrapolitana vgl. Bd. 3 uns. Ausg., bes. S. 163,11 ff.; ebenfalls die Apologie der
Confessio Tetrapolitana, ebd. S.211f. Daß B. gleichwohl nicht einfach eine »theokra-
tische Grundanschauung« zu unterstellen ist, wie etwa J.Ficker: Die Anfänge der
akademischen Studien in Straßburg, Straßburg 1912, bes. S. 33, gewollt hat, läßt sich
gerade aus B.s Frühschriften erheben; vgl. E.-W.Kohls: Evangelische Bewegung und
Kirchenordnung in oberdeutschen Reichsstädten, a.a.O. S.110-134, bes.S.119f.
130. Die ursprüngliche Bedeutung ist: unverletzt, vollständig.
131. Als Hintergrund von B.s Obrigkeitsauffassung (vgl. Anm. 129) ist die Staats-
auffassung des Erasmus von Rotterdam besonders zu berücksichtigen, vgl. E.-W.
Kohls: Die Theologie des Erasmus, a.a.O., bes.Bd.I, S. 171ff.
Der 16.
Der 17.