AUSGLEICHSVERHANDLUNGEN
413
der Friede gelten? Besonders nachdrücklich forderte Landgraf Philipp
von Hessen, daß der Anstand nicht auf diejenigen beschränkt sein dürfe,
die jetzt schon »das Evangelium« angenommen hätten. In einem Brief an
seine Gesandten in Schweinfurt verwies er darauf, daß nach der Wahl des
Franz von Waldeck zum Bischof von Münster, der wohl noch die zum
Bischof von Osnabrück und von Paderborn folgen werde, in diesen
Gebieten viele die reformatorische Botschaft annehmen würden. In
einigen Städten würden schon evangelische Prediger angefordert, so daß
es falsch wäre, diese oder andere Stände nicht in den Frieden einzube-
ziehen21. Die hessischen Theologen verwiesen darauf, daß viele der
jetzigen Protestanten von einem Anstand ausgeschlossen worden wären,
wenn er schon in Augsburg 1530 zustande gekommen und nur den
damaligen evangelischen Ständen vorbehalten geblieben wäre22. Auch
Urbanus Rhegius, die kursächsischen und die Mansfelder Theologen
behandelten diese Frage23. Wie würde Martin Bucer sich dazu stellen,
der mit nach Schweinfurt gereist war24?
Schwierig mußte es für Straßburg auch sein, daß in den »Friedens-
artikeln«, die von den Kurfürsten von Mainz und von der Pfalz am
1.April vorgelegt worden waren25, eine Distanzierung der Anhänger
der Confessio Augustana von den »Zwinglischen« verlangt wurde, von
denen man sich politisch nicht isolieren wollte und denen man auch
theologisch nicht fern stand. Bucer hat über diese und weitere Fragen in
Schweinfurt ein Gutachten vorgelegt26.
Es zeigte sich dort bald, daß die Verhandlungen zu keinem positiven
Ergebnis geführt werden konnten. Die Vollmachten, die die Kurfürsten
Albrecht und Ludwig erhalten hatten, waren angesichts der protestan-
tischen Forderungen zu gering. Eine Überwindung der unterschied-
lichen Standpunkte erwies sich als unmöglich27. Bucer hat Schweinfurt
schon am 27. April, als die Erfolglosigkeit der Bemühungen offenbar
wurde, verlassen28, obwohl die offiziellen Verhandlungen noch bis zum
9. Mai weitergingen29. Zu den Artikeln, die dort am Schluß von Albrecht
21. Vgl. Neudecker, S.206f.; vgl. auch Franz, Bd.2, S.15of., und Ernst Braune: Die
Stellung der hessischen Geistlichen zu den kirchenpolitischen Fragen der Reforma-
tionszeit, Diss. Marburg 1932, S. 50-61.
22. Vgl. Neudecker, S.203.
23. Vgl. ebd. S.212-218 und WA Br 6, S.308-311 und 313-315.
24. Vgl. Schieß I, S. 336ff. Den Wunsch, daß Bucer mit nach Schweinfurt reisen
solle, hatten die Ulmer bereits am 13.März geäußert (vgl. Fabian: Beschlüsse, 2.Teil,
S-113 f .).
25. Die Artikel wurden gedruckt bei Walch 16, Sp. 1800ff.
26. Leider ist dieses Dokument nur unvollständig erhalten (s.unten das 2. Gut-
achten).
27. Vgl. Winckelmann: Der Schmalkaldische Bund, S. 187ff.
28. Vgl. Schieß I, S. 345. 29. Vgl. Pol. Cor.II, S. 119.
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der Friede gelten? Besonders nachdrücklich forderte Landgraf Philipp
von Hessen, daß der Anstand nicht auf diejenigen beschränkt sein dürfe,
die jetzt schon »das Evangelium« angenommen hätten. In einem Brief an
seine Gesandten in Schweinfurt verwies er darauf, daß nach der Wahl des
Franz von Waldeck zum Bischof von Münster, der wohl noch die zum
Bischof von Osnabrück und von Paderborn folgen werde, in diesen
Gebieten viele die reformatorische Botschaft annehmen würden. In
einigen Städten würden schon evangelische Prediger angefordert, so daß
es falsch wäre, diese oder andere Stände nicht in den Frieden einzube-
ziehen21. Die hessischen Theologen verwiesen darauf, daß viele der
jetzigen Protestanten von einem Anstand ausgeschlossen worden wären,
wenn er schon in Augsburg 1530 zustande gekommen und nur den
damaligen evangelischen Ständen vorbehalten geblieben wäre22. Auch
Urbanus Rhegius, die kursächsischen und die Mansfelder Theologen
behandelten diese Frage23. Wie würde Martin Bucer sich dazu stellen,
der mit nach Schweinfurt gereist war24?
Schwierig mußte es für Straßburg auch sein, daß in den »Friedens-
artikeln«, die von den Kurfürsten von Mainz und von der Pfalz am
1.April vorgelegt worden waren25, eine Distanzierung der Anhänger
der Confessio Augustana von den »Zwinglischen« verlangt wurde, von
denen man sich politisch nicht isolieren wollte und denen man auch
theologisch nicht fern stand. Bucer hat über diese und weitere Fragen in
Schweinfurt ein Gutachten vorgelegt26.
Es zeigte sich dort bald, daß die Verhandlungen zu keinem positiven
Ergebnis geführt werden konnten. Die Vollmachten, die die Kurfürsten
Albrecht und Ludwig erhalten hatten, waren angesichts der protestan-
tischen Forderungen zu gering. Eine Überwindung der unterschied-
lichen Standpunkte erwies sich als unmöglich27. Bucer hat Schweinfurt
schon am 27. April, als die Erfolglosigkeit der Bemühungen offenbar
wurde, verlassen28, obwohl die offiziellen Verhandlungen noch bis zum
9. Mai weitergingen29. Zu den Artikeln, die dort am Schluß von Albrecht
21. Vgl. Neudecker, S.206f.; vgl. auch Franz, Bd.2, S.15of., und Ernst Braune: Die
Stellung der hessischen Geistlichen zu den kirchenpolitischen Fragen der Reforma-
tionszeit, Diss. Marburg 1932, S. 50-61.
22. Vgl. Neudecker, S.203.
23. Vgl. ebd. S.212-218 und WA Br 6, S.308-311 und 313-315.
24. Vgl. Schieß I, S. 336ff. Den Wunsch, daß Bucer mit nach Schweinfurt reisen
solle, hatten die Ulmer bereits am 13.März geäußert (vgl. Fabian: Beschlüsse, 2.Teil,
S-113 f .).
25. Die Artikel wurden gedruckt bei Walch 16, Sp. 1800ff.
26. Leider ist dieses Dokument nur unvollständig erhalten (s.unten das 2. Gut-
achten).
27. Vgl. Winckelmann: Der Schmalkaldische Bund, S. 187ff.
28. Vgl. Schieß I, S. 345. 29. Vgl. Pol. Cor.II, S. 119.