DUBOISUM
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sehen bawfellen vnderstuzet«84. Sindt inen nun die schrifften gottis der
kezer bawfellen, so wollen wir lieber kezer dann irs glaubens christen
syn8’. Eben so frech86 syndt auch die von Ingelstadt, die schreiben, die
burger haben sich des huzen | Artickel vnderstanden anzufechten »durch
5 eingeben des Teufels vnd freflicher vermessenheit«87. Wann es also gilte,
mit blossen worten zu verdamen, was ein yeder wolte, so stünde es gar
vbel vmb vnnseren glauben.
Es beschinet sich auch gar wol, was diese hohen schulen in der schrifft
konnen, so die von Cöln, die sich die besten dungken, so kindisch den
10 Job anziehen88, dann an dem ort, das sy melden[30,1-9], redt er von
denen, deren er spot mußt sein, wie Ire vetter so gar arm vnd elend lewt
geweßen weren, meldet also vnder anderen, das sy von grossem elend
vnd hunger hetten vnder den studen89 neßeln außgerupft vnd weckol-
ter90 wurzel were Ire speyß geweßen, hetten gewonet in den schrunden91,
15 so die waldtwasser oder giessen machen, vnd in den hulen der stein-
ruzen92, dann Job brucht da ein hypotyposin93, das ist ein augenschin-
liche beschrybung, wie In gedichten vnd lydern der geprauch ist, das er
mit vil worten vnd gleichnissen deren, von denen er redt, eilend vnnd
armut fur augen stellt, vnd nit ist ein wortlin in dem allem, das er von
20 kezeren oder iren jungeren wyssage. Als es die von Cöln anziehen, des
leße man gemeltes ort.
84. Die Wendung stammt aus dem Universitätsgutachten Köln. Gemeint ist: mit
ketzerischen Baupfählen abgestützt.
85. Vgl.uns. Ausg.,Bd.2,S.57: »Ist das die weiß und art der ketzer, allein wöllen
mit blosser, offner, heyliger schrifft überwunden werden, so wöllen wir von dir und
deinsgleichen, gern ketzer gescholten sein.«
86. Kühn.
87. Universitätsgutachten Ingolstadt.
88. Universitätsgutachten Köln: »Der dultigest Jop, als er mit dem gaist der weys-
sagung begaubt, vnnd vil der haimlichait Cristi, auch zu khunftigen stanndt der
kirchen erkhennende vnnd vorsagende. Sagt vnnder annderm, Sy wonen in den
wistinen der schußenden bäch, vnnd in den hulmen dess ertrichs oder auff dem grieß,
in welcher red er gar örtlich, nit allain die khezer, Sonnder auch ir nachuolger auß-
gestrichen hatt ...« - Den Straßburger Theologen, die mit den Ulmer Örtlichkeiten
nicht vertraut waren, entging offenbar, worin die Kölner die Pointe des Hiob-Zitats
sahen: in den »hulmen« glaubten letztere eine Anspielung auf »Ulm« feststellen zu
können, im »grieß« eine ebensolche auf einen Ulmer Flurnamen »Grieß«. Daß die
Kölner sich in Ulm besser auskannten, ist nicht verwunderlich, denn im Kölner
Ordensstudium waren 1525 einige Ulmer Dominikaner, darunter Konrad Köllin, der
bekannte Bruder des Ulmer Priors.
89. Stauden.
90. Wacholder.
91. Gräben.
92. Höhlen der Steinspalten.
93. Vgl. dazu H.Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik, München 1960,
§810, S.399-401; §813,2, S.404; §814,3, S.405.
139b
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sehen bawfellen vnderstuzet«84. Sindt inen nun die schrifften gottis der
kezer bawfellen, so wollen wir lieber kezer dann irs glaubens christen
syn8’. Eben so frech86 syndt auch die von Ingelstadt, die schreiben, die
burger haben sich des huzen | Artickel vnderstanden anzufechten »durch
5 eingeben des Teufels vnd freflicher vermessenheit«87. Wann es also gilte,
mit blossen worten zu verdamen, was ein yeder wolte, so stünde es gar
vbel vmb vnnseren glauben.
Es beschinet sich auch gar wol, was diese hohen schulen in der schrifft
konnen, so die von Cöln, die sich die besten dungken, so kindisch den
10 Job anziehen88, dann an dem ort, das sy melden[30,1-9], redt er von
denen, deren er spot mußt sein, wie Ire vetter so gar arm vnd elend lewt
geweßen weren, meldet also vnder anderen, das sy von grossem elend
vnd hunger hetten vnder den studen89 neßeln außgerupft vnd weckol-
ter90 wurzel were Ire speyß geweßen, hetten gewonet in den schrunden91,
15 so die waldtwasser oder giessen machen, vnd in den hulen der stein-
ruzen92, dann Job brucht da ein hypotyposin93, das ist ein augenschin-
liche beschrybung, wie In gedichten vnd lydern der geprauch ist, das er
mit vil worten vnd gleichnissen deren, von denen er redt, eilend vnnd
armut fur augen stellt, vnd nit ist ein wortlin in dem allem, das er von
20 kezeren oder iren jungeren wyssage. Als es die von Cöln anziehen, des
leße man gemeltes ort.
84. Die Wendung stammt aus dem Universitätsgutachten Köln. Gemeint ist: mit
ketzerischen Baupfählen abgestützt.
85. Vgl.uns. Ausg.,Bd.2,S.57: »Ist das die weiß und art der ketzer, allein wöllen
mit blosser, offner, heyliger schrifft überwunden werden, so wöllen wir von dir und
deinsgleichen, gern ketzer gescholten sein.«
86. Kühn.
87. Universitätsgutachten Ingolstadt.
88. Universitätsgutachten Köln: »Der dultigest Jop, als er mit dem gaist der weys-
sagung begaubt, vnnd vil der haimlichait Cristi, auch zu khunftigen stanndt der
kirchen erkhennende vnnd vorsagende. Sagt vnnder annderm, Sy wonen in den
wistinen der schußenden bäch, vnnd in den hulmen dess ertrichs oder auff dem grieß,
in welcher red er gar örtlich, nit allain die khezer, Sonnder auch ir nachuolger auß-
gestrichen hatt ...« - Den Straßburger Theologen, die mit den Ulmer Örtlichkeiten
nicht vertraut waren, entging offenbar, worin die Kölner die Pointe des Hiob-Zitats
sahen: in den »hulmen« glaubten letztere eine Anspielung auf »Ulm« feststellen zu
können, im »grieß« eine ebensolche auf einen Ulmer Flurnamen »Grieß«. Daß die
Kölner sich in Ulm besser auskannten, ist nicht verwunderlich, denn im Kölner
Ordensstudium waren 1525 einige Ulmer Dominikaner, darunter Konrad Köllin, der
bekannte Bruder des Ulmer Priors.
89. Stauden.
90. Wacholder.
91. Gräben.
92. Höhlen der Steinspalten.
93. Vgl. dazu H.Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik, München 1960,
§810, S.399-401; §813,2, S.404; §814,3, S.405.
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