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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0100
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

mit ernst gebraucht werden, ein ernstliches und volles hertz zeugen. Aber wie der
mensch von art ein lugner226 ist und mit den worten treuget227, also werden offt
soliche ceremonien und geberden der massen in göttlichen und menschlichen
hendlen gebrauchet, das es nichts dann ein eytels gauckelspyl und gespöt ist.
Dieweil aber doch dises unser art ist und uns Gott der eygenschaft gmacht hat,
das wir allweg ein grossen willen und hitzig gemüt nit allein mit worten, sonder
auch mit deuten, geberden und sichtbarlichen zeychen einander dargeben und
bezeugen und | K 1 b | aber nieman grösser und voller hertz hat, uns wol zu thun,
dann Gott, - den wir herwider auch sollen lieben von gantzem hertzen, gantzer
seel, allen kräfften auch unseren nechsten in rechter inbrünstiger liebe meynen228 -,
hat Got auch zu seinen verheyssungen und genad anbietungen item zu unserem
ergeben auff seine genad, auch der verbrüderung unser durch einander in ihm,
zeychen und geberden verordnet, die uns sampt den worten soliches erinnerten
und desto mer bewegeten.
Dem alten volck, wie es on das - von wegen des lands, das hitzig ist -, zu
deuten und geberden geneygter und dann auch eins kindtlicheren geysts ware und
deßhalb mehr eusserer ermanungen und erinnerungen bedörffte, hat Gott solicher
zeychen und sichtbaren erinnerungen in so vilen ceremonien mehr verordnet.
Nach erhöhung seines suns, da er woltet in ihm alle völcker samlen und ein leyb
machen und seinen geyst, den inneren meyster, volkomner mittheylen, hat er des
deutens und geberdens der ceremonien weniger geordnet.
Jedöch, dieweil wir noch im leib und der art sein, die das deuten zun worten
forderet, hat er auß den vilen ceremonien, so bede, bei den Juden und Heyden im
gottsdienst gebrauchet worden sind, zwo fürneme auch uns Christen zu gebrau-
chen geordnet, als tauff und Nachtmal. Etliche andere, als hend aufflegen, salben
und dergleichen, haben der Herr selb und die Apostel gebrauchet, aber nit sonder-
lich zu gebrauchen befolhen.
Bey Juden und Heyden ist vil täuffens gewesen, wann man sich zum gottsdienst
begeben wolte, damit das anzeyget und deüttet warde, das aller anfang des gotts-
dienst und unser gerechtigkeyt daher kommen müsse, das uns Gott die sünden
verzeyhe und mit seinem heyligen geyst, den himlischen wasseren, wäsche und
reynige, das ist, eins guten verstandts, sinnes |K2a| und willens mache. Diß
warde ihnen also in solichem tauffen zugesagt und angebotten. Also war auch,
das sie in allem gottsdienst opffer schlachten229 und dann von geschlachten und
anderen opfferen miteinander assen, alle, die des gottsdiensts und opffers gemeyn-
schafft hatte, darzu auch ein yeder seine gute freünd beruffet. Darinn warde nun
anzeyget, das wir daher Gottes genad und das ewige leben haben, das wir des
rechten schlachtopffers Jesu Christi theilhafft werden. Solichs warde nun da für-
getragen und zugesaget, - obwol noch im tuncklen, dennacht warde so vil an-

226. Vgl.Ps116,11.
227. Trügt.
228. Vgl.Mk12,33.
229. Schlachteten.
 
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