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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0238
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

schafft habe, mache man nur ein gespött auß dem tauff, so man der gottlosen
kinder tauffet, werffe das heyltumb fur die hund und schutte die perlin fur die
sew559. Man möchte also560 auch der Jüden und Turcken kinder teüffen.
Dise und fast alle einreden Ewerer Prediger zeigen an, das sy leyder noch die
schrifft und Gottes krafft, und wie die handlung Gottes mit seinem völck gestalt
seye, nit erkennen; die verheyssung Gottes lautet: Ich will dein und deiner kinder
Gott sein. Erstlich komen in bundt Gottes, die das gehört Evangeli anne | y 4b | men,
und aber in dem haben dieselbigen schon, das diser bundt auch iren kindern
gemein sein solle und nit allein iren kinderen, sonder allen, die in yr statt und
gemein wonen, Gen. 17 [7 ff.], wie oben erzelet. Wo dann nun die Christen yr
gemein haben, do ghören schon alle kinder, auch der frembdlingen und erkaufften
knechten, in bundt Gottes, und hat man da nieman außzuschliessen, dann der sich
des durch sein eigen widersprechen schuldig machet. Derhalb, wan schon die
alten gottloß weren und deßhalb von der kirchen verbannet, so sindt doch yre
kinder noch meer der gmein und stadt, do sy wonen, dan irer elteren, von denen
sy geporen. Die stadt mag sy, so sy es verschulden, yren elteren nemen und tödten,
mag sy in ein krieg furs vatterland ausschicken, uff ein maur wider die feynd in
gefar des lebens stellen, ja wolten vatter und mutter yre kind nit recht uffziehen,
so ist die gemein schuldig, die kinder yren elteren zu nemen und lassen recht uff-
ziehen. Item, wölten sy inen die narung verthon oder sust ubel halten, ymer hatt
die gemeine dem vatter einzutragen561. Derhalb, wenn man von beden elteren
schon wüßte, das sy gar gottloß weren, noch562, so einmal uff sy der nam des
Herren von yren elteren ererbet, so sy Christen sein wöllen, bey Christen wonen,
die Christen das regiment haben, so sollen sy solicher kinder teüffen lossen, und in
bundt Gottes uffnemen, wenn es den elteren gleich leid wäre, wir geschweygen,
wenn sy es begeren. Plato hatt doch das erkennet, das wyr meer der gemein, do
wir leben, dann unseren elteren geporen werden und eigen sind. In Critone563.
Darumb solle auch die gemein fur alle die kinder, die yr geporen werden, so fil
meer sorg haben und sehen, das sy an yrem heyl nierget yn verkurtzet, ynen
nichts, das dazu furderlich, entzogen werde, so fil sy meer rechts uber sy hat dann
die, von deren leyb sy geporen sind. Warum heysset man die frommen |z1a|
elteren Patres patriae, vätter des vatterlands, dann das sy die obere vatterschafft
füren, erstatten und erfullen, was die sonderen564 vätter mit den yren zu der-
selbigen und vorab der gantzen gemein wolfart nachlossen565. Nun hatt Gott
seinen gnadenpundt außtrucklich uff alle die erstrecket, die in der seinen gewalt
sind. Darumb gepurt der gemein zu verschaffen, des dem gelebt werde. So ist das
auch zu bedencken, das der Herr sagt, biß in tausent geschlecht wölle er den
559. Vgl. Mt 7,6.
560. Man könnte ebenso.
561. Eintragen = Einrede tun, einschreiten gegen.
562. Dennoch.
563. Vgl.Plato: Kriton, 51 A-C.
564. Sonderen = eigenen.
565. vernachlässigen, unterlassen.
 
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