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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Stupperich, Robert [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]; Rudolph, Hartmut [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,1): Wittenberger Konkordie (1536) — Gütersloh, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.29831#0031
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EINLEITUNG

27

Geschehen zu erleben beschieden sei, nämlich die Hoffnung auf eine »sincera concor-
dia«. Ein entscheidender Durchbruch war erreicht.
Im Frühjahr 1535 kam Bucer die kleine, in Erfurt gedruckte Schrift Nicolaus von
Amsdorffs, »Contra Zwinglianos et Anabaptistas Themata« (o.O. u. J.), in die Hand.
Diese Thesenreihen erschienen zuerst lateinisch, danach auch in deutscher Bearbei-
tung73. Beide Ausgaben decken sich nicht, auch die Zahl der Thesen ist verschieden.
Bucer scheint nur den lateinischen Text gekannt zu haben. Die Angriffe Amsdorffs auf
die Sakramentslehre der Straßburger hatten ihn so sehr erregt, daß er gleich zur Feder
griff und eine kurze aber scharfe Antwort verfaßte (Dokument Nr. 6).
Auf die erste These, die den Unterschied des sensus literalis und spiritualis betrifft,
ging Bucer nicht ein, ebenso wenig auf die Ablehnung der Auffassung Sebastian
Francks in dessen Chronica oder der Zwinglis und seiner Schüler. Dagegen trafen ihn
die 40. These, in der von den »schlauen« Straßburgern die Rede ist, die vorgeben, mit
Luther einig zu sein, und die 41., die sie gar der Lüge zeiht. Hier beruft sich Amsdorff
auf einen »liber proximus«, mit dem nur der »Bericht auß der heyligen geschrift«74
gemeint sein kann. Amsdorff verlangt in seiner 42. These den Widerruf der Straßbur-
ger, andernfalls ihnen nicht mehr geglaubt werden könne. Es ist verständlich, daß
Bucer als Verfasser des Buches »ad Monasterienses« und als Wortführer und Vertreter
der Straßburger Theologie durch diesen Angriff betroffen war. Andererseits wußte er
vom guten Verhältnis Luthers zu Amsdorff und wollte diese Antwort auf den Angriff
Amsdorffs nicht hochspielen.
Bucer hatte es mit ihr eilig, wartete nicht bis zur Rückkehr, sondern ließ seine
Gegenschrift, Axiomata apologetica, gleich bei Philipp Ulhart in Augsburg in 50 Ex-
emplaren drucken75, um nach Möglichkeit den Schaden zu verhüten.
Jacob Sturm äußerte am 1. Mai 1535 dem Landgrafen seine Freude über die »ver-
gleichong Philippi und Buceri im beisin e.f.g. beschehen« und bezeichnete sie als
hoffnungsvollen Anfang einer protestantischen Einigung. Freilich sah er diese durch
Amsdorff gefährdet, der »ein unfreuntlich geschrift von uns Straszburgern dieser
vergleichong halb usgon lossen«76. Dessen Schritt war ihm unverständlich, da Magde-
burg und Straßburg beide dem Schmalkaldischen Bund angehörten.
Im August 1535 reiste Bucer nach Eßlingen, wo die Vertreter der oberdeutschen
Städte über ihr Verhältnis zum Schmalkaldischen Bund berieten. In Gegenwirkung zu
einigen württembergischen Predigern, die sich dahin geäußert hatten, daß Luther den
Schweizern nachgegeben hätte77, entwarf Bucer mit den Eßlinger Artikeln78 (Doku-
ment Nr. 7) für Otther und die anderen Prediger eine »forma tolerabilis loquendi de
concordia«. In der Hauptsache entsprach diese Erklärung der Kasseler Übereinkunft.
Ihre Bedeutung gewinnt sie allerdings durch den Rekurs auf 1 Kor 11,29; denn damit
73. Vgl. SMTG 3, S. 68 ff.
74. BDS 5, S. 109 ff.
75. Vgl. Köhler 2, S. 383. Sowohl B.s Vorwort als auch die Schrift insgesamt (Bl. [A8a]) tragen
das Datum des 1. April; s. unten, S. 85, Z. 5 und S. 93, Z. 2.
76. Pol.Cor. 2, Nr. 293, S. 268.
77. Th. Pressel: Anecdota Brentiana. Ungedruckte Briefe und Bedenken. Tübingen 1868.
S. ijoff.
78. Vgl. auch die textkritische Einleitung, unten S. 94.
 
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