RETRACTATIONES DEUTSCH (1537)
361
geschirr des newen testaments drincken, wie sie dann alle des newen gnadenbundts 0
theilhafft sein solten.
Dermassen hat es der ewigen, gotlichen weißheit gefallen, den brauch dises sacra-
ments einzusetzen, das alle, die an christum glauben vnd also des newen gnadenbundts
5 theilhafftig sind, sollen dises trancks des newen testaments vnd bluts christi theilhaff-
tig sein. Aber die Romisch weißheit hat ersehen 274 , das besser seye, das nit alle iunger
des herren vnd genossen des newen genaden pundts von disem tranck trincken, sonder
allein die gesalbeten priester. Dann sie sagen dorffen 275 , Christus habe seine iunger alle,
ee er inen diß sacrament mitteylet, zu priesteren geweihet 276 , Vnd sehen aber nit, was
10 auß disem volget 277 . Dann, solle man den leyen darumb den tranck des blüts christi nit
mitteilen, das der herre den selbigen seinen iungeren erst mitgeteilet hat, do er sie zü
priesteren geweihet hat, so folget doch, das man den leyen auch das brot des herren nit
mitteilen solle 278 . Dann der herre seinen iungeren dann erst gleich so wol das brot
seines leibs als das drinckgeschirr seines blüts gegeben hat, da er sie, wie sie sagen, zu
15 priesteren geweihet hat. | 237b | Darumb hette iener pfaff noch recht, der vff dise
einred sagte, Es hetten die leien ia zum brot des herren kein recht oder fuge, sonder
wurde inen von priesteren auß gnaden mitgeteilet 279 . Nun das disen wusten, elenden
leuten solche gotlosen reden ausstossen, were sich nit hoch zuverwundern, des mage
sich aber einer wol entsetzen, das der Gerson, so ein gotsforchtig man vnd der gar fil
20 mehr vffs gotswort gehalten hat dann die Theologen zü seiner zeit zuthün pflegten,
sich in diser sachen so gar kindisch erzeiget hat, die doch im Concilio zü Constantz
durch den frommen Huss gruntlich vnd hell dargethon ware 280 . Diser Gerson, als er
sahe, das die gemeine vrsach, die man zugeben pfleget, darumb man den leien billich
die gemeinschafft des kelchs christi verhalte d , nemlich das nichts vom kelch verroret 281
25 werde, zu fil nichtig ware, vnd wolte ein bessere vrsach herfur bringen, da hat er das
c) gestr.: [?]. — d) korr. aus: [?].
274. Sarkastische Anspielung auf 1 Kor 1,24—31.
275. Sich zutrauen, vermessen (vgl. niederl. durven).
276. Allgemeine Auffassung, die Eucharistieworte weihten die Apostel zum Priester. Vgl.
etwa Gabriel Biel: Sacri canonis missae expositio lectio 1. Hrsg. v. H.A.Oberman und
W. J. Courtenay. In: Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. 4 Bde.
Wiesbaden 1963—1967. Bd. 1. S. 14. und Joh. Eck: Enchiridion locorum communium adversus
Lutherum et alios hostes ecclesiae (1525—1543). Hrsg. von P. Fraenkel in: CCath 34. Münster
1979. S. i07ff.207. (dort weitere Quellenangaben).
277. Wider den Bapstlichen freuel, die den lejen den kelch des herren vorhalten. [Marg.].
278. Dieser Gedanke findet sich auch in Eck, a.a.O., S. 137 (De utraque specie; obiiciunt
haeretici): Eadem ratione ecclesia posset eos ab eucharistia coercere. Vgl. Lutber: De captivitate
Babylonica praeludium; WA 6, S. 503 und Ders.: Contra Henricum regem Angliae; WA 10,2,
S. 198. Zur Communio sub una vgl. Mirbt-Aland, Nr. 789, S. 506 (16).
279. Wer mit diesem »pfaff« jsacrijiculusc der lat. Vorlage) gemeint sei, konnte nicht nachge-
wiesen werden.
280. Das Konzil von Konstanz, das am 6. Juli 1415 Johannes Hus zum Feuertod verurteilte,
hat auch (Sessio XIII, 15. Juni 1415) ein Decretum de communione sub panis tantum specie
erlassen; Den^inger-S chönmet^er, Nr. 1198. Hus hatte die Kelchkommunion nie gefordert. Er hieß
sie aber nachträglich gut. Der Kelch ist zum Hussitensymbol geworden.
281. Vergossen, verloren.
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geschirr des newen testaments drincken, wie sie dann alle des newen gnadenbundts 0
theilhafft sein solten.
Dermassen hat es der ewigen, gotlichen weißheit gefallen, den brauch dises sacra-
ments einzusetzen, das alle, die an christum glauben vnd also des newen gnadenbundts
5 theilhafftig sind, sollen dises trancks des newen testaments vnd bluts christi theilhaff-
tig sein. Aber die Romisch weißheit hat ersehen 274 , das besser seye, das nit alle iunger
des herren vnd genossen des newen genaden pundts von disem tranck trincken, sonder
allein die gesalbeten priester. Dann sie sagen dorffen 275 , Christus habe seine iunger alle,
ee er inen diß sacrament mitteylet, zu priesteren geweihet 276 , Vnd sehen aber nit, was
10 auß disem volget 277 . Dann, solle man den leyen darumb den tranck des blüts christi nit
mitteilen, das der herre den selbigen seinen iungeren erst mitgeteilet hat, do er sie zü
priesteren geweihet hat, so folget doch, das man den leyen auch das brot des herren nit
mitteilen solle 278 . Dann der herre seinen iungeren dann erst gleich so wol das brot
seines leibs als das drinckgeschirr seines blüts gegeben hat, da er sie, wie sie sagen, zu
15 priesteren geweihet hat. | 237b | Darumb hette iener pfaff noch recht, der vff dise
einred sagte, Es hetten die leien ia zum brot des herren kein recht oder fuge, sonder
wurde inen von priesteren auß gnaden mitgeteilet 279 . Nun das disen wusten, elenden
leuten solche gotlosen reden ausstossen, were sich nit hoch zuverwundern, des mage
sich aber einer wol entsetzen, das der Gerson, so ein gotsforchtig man vnd der gar fil
20 mehr vffs gotswort gehalten hat dann die Theologen zü seiner zeit zuthün pflegten,
sich in diser sachen so gar kindisch erzeiget hat, die doch im Concilio zü Constantz
durch den frommen Huss gruntlich vnd hell dargethon ware 280 . Diser Gerson, als er
sahe, das die gemeine vrsach, die man zugeben pfleget, darumb man den leien billich
die gemeinschafft des kelchs christi verhalte d , nemlich das nichts vom kelch verroret 281
25 werde, zu fil nichtig ware, vnd wolte ein bessere vrsach herfur bringen, da hat er das
c) gestr.: [?]. — d) korr. aus: [?].
274. Sarkastische Anspielung auf 1 Kor 1,24—31.
275. Sich zutrauen, vermessen (vgl. niederl. durven).
276. Allgemeine Auffassung, die Eucharistieworte weihten die Apostel zum Priester. Vgl.
etwa Gabriel Biel: Sacri canonis missae expositio lectio 1. Hrsg. v. H.A.Oberman und
W. J. Courtenay. In: Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. 4 Bde.
Wiesbaden 1963—1967. Bd. 1. S. 14. und Joh. Eck: Enchiridion locorum communium adversus
Lutherum et alios hostes ecclesiae (1525—1543). Hrsg. von P. Fraenkel in: CCath 34. Münster
1979. S. i07ff.207. (dort weitere Quellenangaben).
277. Wider den Bapstlichen freuel, die den lejen den kelch des herren vorhalten. [Marg.].
278. Dieser Gedanke findet sich auch in Eck, a.a.O., S. 137 (De utraque specie; obiiciunt
haeretici): Eadem ratione ecclesia posset eos ab eucharistia coercere. Vgl. Lutber: De captivitate
Babylonica praeludium; WA 6, S. 503 und Ders.: Contra Henricum regem Angliae; WA 10,2,
S. 198. Zur Communio sub una vgl. Mirbt-Aland, Nr. 789, S. 506 (16).
279. Wer mit diesem »pfaff« jsacrijiculusc der lat. Vorlage) gemeint sei, konnte nicht nachge-
wiesen werden.
280. Das Konzil von Konstanz, das am 6. Juli 1415 Johannes Hus zum Feuertod verurteilte,
hat auch (Sessio XIII, 15. Juni 1415) ein Decretum de communione sub panis tantum specie
erlassen; Den^inger-S chönmet^er, Nr. 1198. Hus hatte die Kelchkommunion nie gefordert. Er hieß
sie aber nachträglich gut. Der Kelch ist zum Hussitensymbol geworden.
281. Vergossen, verloren.