RETRACTATIONES DEUTSCH (1537)
375
Lucas vnd Paulus melden, das der herre hie auch gesagts hat: Thün das %ü meiner
gedechtnuß336. Lucas meldet, | 241 b | das der herre dis gesagt habe, wie337 er seinen leib
mit dem brot vbergabe. Paulus meldet, das der herre diß zwiret338 gesagt hat, das ist zu
beden vbergaben, seines leibs vnd seines bluts. Der herre hat mit disem sacrament
5 wollen vns an stat aller opffer vnd alten ceremonien einsetzen ein besonderen vnd
herlichen dienst vnd gotsaelige vbung, ein hohe vnd furneme ceremonien, das ist
gedechtnuß vnd verehrung sein selb, dabei wir vnseren glauben an in vnd alle gotsae-
ligkeit erfrischeten, stercketen vnd mehreten339. Daher so ist dise ceremonia vnd
kirchen vbung von der Apostel zeit her bei allen heiligen also gehalten worden, das
10 man da die leufte]1 des willen gotes vnd irer sunden durch das gotlich gsatz vff das
ernstlichest erinneret vnd sie dann mit verkundigung des tods christi vnd preisen der
erlosung, die vns der herre durch sein blut erworben hatt, auch vff das getrewlichest
getrostet hat. Daruff hat man mit aller andacht das gebet gehalten vnd das almusen
zusamen getragen340 vnd da[s]u dem herren da fur die armen vffgeopffert. Daher dann
1; dise ceremoni bei den alten das ampt Missarum, das ist der vbersendt vnd zugeschick-
ten gaben fur die armen, genennet worden ist. Nicht Missa, sonder missarum, scilicet
eleemosynarum et oblationum, i. e. der almusen vnd gaben.
341Welcher gaben halben vnd auch das342 man da den herren sonderlich geprisen vnd
imm dancksagung vffgeopffert hat, ist dise ceremoni bei den alten ein opffer genennet
20 worden. Nit das man da erst christum vffopfferte fur die sund der menschen, sonder
das | 242 a | man da dem herren recht herrlich dancken soll, das er sich selb fur vns
vffgeopffert hatt. Vnd auch, das wir allda durch das gleubig annemen7 solichs opffers
s) gestr.: habt. — t) korrupter Zeilenrand. — u) korrupter Zeilenrand. — v) gestr.: das.
336. Lk 22,19; 1 Kor 11,24h Die Übersetzung unterscheidet hier zwischen dem Bericht von
Lukas und dem von Paulus.
337 • Als.
338. Zweimal.
339. Was die gedechtnuß christi sej'e. [Marg.].
340. Collatio in pauperes »officium missarum [eleemosynarum]«. Der Gebrauch des Einsam-
melns von Almosen für die Abendmahlsfeier ist B. teuer. Vgl. etwa die Schrift Concordia sacri
ministerii; Bd. 6,2, S. 230, Z. 14; S. 226, Z. 28h (Et nusquam non ad eleemosynam exhortemur
Ecclesiam). B. untermauert hier den altkirchlichen Gebrauch mit einer interessanten sprachlichen
Bemerkung, deren Herkunft nicht nachgewiesen werden konnte. Tatsächlich ist die Gabendar-
bringung der Gläubigen zu der Eucharistiefeier in der Alten Kirche früh belegt. Sie wurde als
oblatio sanctae ecclesiae und als ein sacrificium bezeichnet. Von hier aus wird es verständlich, daß
B., abweichend von der lat. Vorlage, in seine Übersetzung einen Abschnitt über den Opfercharak-
ter des Abendmahls einfügt. Am ausführlichsten bespricht B. die Ausdrücke oblatio und sacrifi-
cium in seiner Stellungnahme zum Augsburger Interim (1548); BDS 17, S. 381—386 (Briefmemo-
randum vom 4. April 1548). Vgl.y. A. Jungmann: Missarum sollemnia. Eine genetische Erklärung
der römischen Messe. 2 Bde. 5. verbesserte Aufl. Wien/Freiburg/Basel 1962. Bd. 1, S. 226h
(sacrificium) und Bd. 2, S. 4—6.12 (oblatio). Zur Stellungnahme der zeitgenössischen Auseinan-
dersetzung vgl. Johannes Eck: Ad invictissimum Poloniae regem Sigismundum, De sacrificio
missae [Coloniae] 15 26, oder Ders.: Enchiridion locorum communium adversus Lutherum et alios
hostes ecclesiae (1525-1543). Hrsg. v. P. Fraenkel in: CCath 34. Münster 1979. Kap. 17.
341. Woher die meß ein opffer geheissen ist von den alten h. vattern. [Marg.].
342. Deswegen weil.
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Lucas vnd Paulus melden, das der herre hie auch gesagts hat: Thün das %ü meiner
gedechtnuß336. Lucas meldet, | 241 b | das der herre dis gesagt habe, wie337 er seinen leib
mit dem brot vbergabe. Paulus meldet, das der herre diß zwiret338 gesagt hat, das ist zu
beden vbergaben, seines leibs vnd seines bluts. Der herre hat mit disem sacrament
5 wollen vns an stat aller opffer vnd alten ceremonien einsetzen ein besonderen vnd
herlichen dienst vnd gotsaelige vbung, ein hohe vnd furneme ceremonien, das ist
gedechtnuß vnd verehrung sein selb, dabei wir vnseren glauben an in vnd alle gotsae-
ligkeit erfrischeten, stercketen vnd mehreten339. Daher so ist dise ceremonia vnd
kirchen vbung von der Apostel zeit her bei allen heiligen also gehalten worden, das
10 man da die leufte]1 des willen gotes vnd irer sunden durch das gotlich gsatz vff das
ernstlichest erinneret vnd sie dann mit verkundigung des tods christi vnd preisen der
erlosung, die vns der herre durch sein blut erworben hatt, auch vff das getrewlichest
getrostet hat. Daruff hat man mit aller andacht das gebet gehalten vnd das almusen
zusamen getragen340 vnd da[s]u dem herren da fur die armen vffgeopffert. Daher dann
1; dise ceremoni bei den alten das ampt Missarum, das ist der vbersendt vnd zugeschick-
ten gaben fur die armen, genennet worden ist. Nicht Missa, sonder missarum, scilicet
eleemosynarum et oblationum, i. e. der almusen vnd gaben.
341Welcher gaben halben vnd auch das342 man da den herren sonderlich geprisen vnd
imm dancksagung vffgeopffert hat, ist dise ceremoni bei den alten ein opffer genennet
20 worden. Nit das man da erst christum vffopfferte fur die sund der menschen, sonder
das | 242 a | man da dem herren recht herrlich dancken soll, das er sich selb fur vns
vffgeopffert hatt. Vnd auch, das wir allda durch das gleubig annemen7 solichs opffers
s) gestr.: habt. — t) korrupter Zeilenrand. — u) korrupter Zeilenrand. — v) gestr.: das.
336. Lk 22,19; 1 Kor 11,24h Die Übersetzung unterscheidet hier zwischen dem Bericht von
Lukas und dem von Paulus.
337 • Als.
338. Zweimal.
339. Was die gedechtnuß christi sej'e. [Marg.].
340. Collatio in pauperes »officium missarum [eleemosynarum]«. Der Gebrauch des Einsam-
melns von Almosen für die Abendmahlsfeier ist B. teuer. Vgl. etwa die Schrift Concordia sacri
ministerii; Bd. 6,2, S. 230, Z. 14; S. 226, Z. 28h (Et nusquam non ad eleemosynam exhortemur
Ecclesiam). B. untermauert hier den altkirchlichen Gebrauch mit einer interessanten sprachlichen
Bemerkung, deren Herkunft nicht nachgewiesen werden konnte. Tatsächlich ist die Gabendar-
bringung der Gläubigen zu der Eucharistiefeier in der Alten Kirche früh belegt. Sie wurde als
oblatio sanctae ecclesiae und als ein sacrificium bezeichnet. Von hier aus wird es verständlich, daß
B., abweichend von der lat. Vorlage, in seine Übersetzung einen Abschnitt über den Opfercharak-
ter des Abendmahls einfügt. Am ausführlichsten bespricht B. die Ausdrücke oblatio und sacrifi-
cium in seiner Stellungnahme zum Augsburger Interim (1548); BDS 17, S. 381—386 (Briefmemo-
randum vom 4. April 1548). Vgl.y. A. Jungmann: Missarum sollemnia. Eine genetische Erklärung
der römischen Messe. 2 Bde. 5. verbesserte Aufl. Wien/Freiburg/Basel 1962. Bd. 1, S. 226h
(sacrificium) und Bd. 2, S. 4—6.12 (oblatio). Zur Stellungnahme der zeitgenössischen Auseinan-
dersetzung vgl. Johannes Eck: Ad invictissimum Poloniae regem Sigismundum, De sacrificio
missae [Coloniae] 15 26, oder Ders.: Enchiridion locorum communium adversus Lutherum et alios
hostes ecclesiae (1525-1543). Hrsg. v. P. Fraenkel in: CCath 34. Münster 1979. Kap. 17.
341. Woher die meß ein opffer geheissen ist von den alten h. vattern. [Marg.].
342. Deswegen weil.