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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0046
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Württemberg

Die Durchführung der Visitation im gesamten Herzogtum war eine langwierige Angelegenheit, wie Ambro-
sius Blarer am 14. März 1536 gegenüber seinem Bruder Thomas klagte104. Bis 1540 waren erst elf Ämter
visitiert, die letzten wurden sehließlich unmittelbar vor dem Schmalkaldischen Krieg bereist105.
Brenzens Visitationsordnung stellt nicht nur den Beginn der Visitationen, sondern auch den Anfang der
administrativen kirchlichen Organisation im Herzogtum Württemberg dar. Was zunächst als einzelne Maß-
nahme geplant war, entwickelte sich bis zum Ende der Regierungszeit Herzog Ulrichs mehr und mehr zu
einer eigenständigen zentralen Leitungsbehörde - dem Kirchenrat - in Stuttgart. Ein ständiger Visitations-
rat wurde jedoch erst nach 1553 unter Herzog Christoph eingerichtet106.

11. Visitationsinstruktion [1536] (Text S. 140)
Als Ergänzung zur Visitationsordnung erschienen weitere Instruktionen mit genauen Anweisungen an die
Visitatoren107. Das undatierte Mandat wird in der älteren Literatur auf das Jahr 1540 oder 1546
datiert108. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es anlässlich der 1536 einsetzenden Visitationen geschaffen
wurde109.
Bis Ende des Jahres 1536 war mit der Kloster-, Kirchen-, Kasten- und Eheordnung ein dichtes Netz
umfassender Regelwerke zur Einführung der Reformation in Württemberg geschaffen worden. Die anfäng-
lich nicht eindeutige theologische Ausrichtung des württembergischen Bekenntnisstandes bekam 1536
durch den Anschluss an die Wittenberger Konkordie und den Eintritt in den Schmalkaldischen Bund eine
eindeutig lutherische Orientierung. Ambrosius Blarer ging diesen Weg jedoch nicht mit. Er verweigerte die
Unterschrift unter Luthers Schmalkaldische Artikel und distanzierte sich deutlich von der lutherischen
Linie Württembergs, so dass er für Herzog Ulrich nicht mehr tragbar war und im Mai 1538 entlassen wurde110.
Nach Einführung der Reformation galt es, die neue Lehre im Herzogtum zu konsolidieren. Zu den
Festigungsversuchen Herzog Ulrichs zählen zahlreiche einzelne Mandate als Ergänzung zu den umfassen-
den Ordnungen.

12. Mandat zum Pfarrerexamen 28. März 1538 (Text S. 143)
Mit der Anstellung der Pfarrer im Herzogtum Württemberg war ein Examen verbunden, worin die Kan-
didaten auch ihre evangelische Gesinnung unter Beweis stellen mussten. Dieses Examen, das bislang die
beiden Superintendenten Schnepf und Blarer persönlich vorgenommen hatten, legte Herzog Ulrich mit dem
Mandat vom 28. März 1538 in die Hände der periodisch in Stuttgart tagenden Visitationskommission. In
Zusammenhang mit diesem Mandat zur Zentralisierung des Pfarrerexamens erging am folgenden Tag ein
Schreiben an die Amtleute, künftig keine Pfarrer mehr anzustellen, die keinen schriftlichen Befehl des
Herzogs oder der Visitationsräte vorweisen könnten111. Mit diesen beiden Schriftstücken kontrollierte

104 Schiess, Briefwechsel I, Nr. 689 S. 790.
105 Bis 1540 waren die Ämter Stuttgart, Nürtingen, Tübin-
gen, Herrenberg, Wildberg, Urach, Blaubeuren, Göppin-
gen, Schorndorf, Kirchheim und Heidenheim visitiert.
Die letzten besuchten Ämter waren Bietigheim, Lauffen,
Möckmühl und Neuenstadt.
106 Siehe S. 46f.
107 Ehmer, Bildungsideale, S. 16; Kolb, Gottesdienst, S. 3
Anm. 1; Matthes, 10 Briefe, S. 144; Rauscher,
Reformationsgeschichte, S. 150; Schneider, Reforma-
tions-Geschichte, S. 43, 431.

108 Auf 1540 datierte Ehmer, Bildungsideale, S. 16. Auf
1546 datierten Rauscher, Reformationsgeschichte,
S. 150 und Reyscher, Gesetze VIII, S. 66.
109 Vgl. Schneider, Reformations-Geschichte S. 431;
Matthes, 10 Briefe, S. 144.
110 Brecht, Blarers Wirksamkeit, S. 140-171; Held, Bla-
rer, S. 202-205; Brecht/Ehmer, Reformationsge-
schichte, S. 208.
111 Vgl. Reformation in Württemberg, S. 112.

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