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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0054
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Württemberg

terdam war er jedoch im Juli 1524 vom Basler Rat ausgewiesen worden. Herzog Ulrich, der sich zu dieser
Zeit in Mömpelgard im Exil befand, nahm Farel auf und gestattete ihm, in der Mömpelgarder Schlosskirche
zu predigen. Die reformatorische Lehre, die Farel in mehreren Schriften vertrat, erregte jedoch beim Erz-
bischof von Besançon, zu dessen Diözese die Grafschaft Mömpelgard gehörte, Anstoß. Farel wurde exkom-
muniziert, und Herzog Ulrich sah sich unter dem Druck der Schweizer schließlich gezwungen, die Refor-
mationstätigkeit seiner Prediger zu unterbinden. Farel wurde entlassen und verließ Mömpelgard im März
1524. An seine Stelle als Mömpelgarder Hofprediger trat Johann Baptist Piscatorius.

22. Kirchenordnung für Mömpelgard [1537/38] (Text S. 175)
Der erste obrigkeitliche Reformationsversuch Mömpelgards war damit in den Anfängen steckengeblieben;
in der Bevölkerung hatte die evangelische Glaubensauffassung jedoch zahlreiche Anhänger gefunden. Ein
neuer Anlauf zur Durchsetzung der Reformation wurde erst nach Rückeroberung des Herzogtums Würt-
temberg 1534 unternommen. Mömpelgard, Horburg und Reichenweier waren erneut Graf Georg als Statt-
halter übertragen worden und auf Vorschlag Martin Bucers, Ambrosius Blarers und Simon Grynäus’ hatte
man im Frühjahr 1536 den Reformator PierreToussain172 nach Mömpelgard geholt. Toussain stammte aus
Lothringen, hatte in Köln, Paris und Rom studiert, war Kanoniker in Metz gewesen und hatte zuletzt im
württembergischen Blaubeuren gewirkt. Er begann, Mömpelgard nach zwinglianischer Lehre zu reformie-
ren. Am 17. November 1538 befahl Graf Georg, die Messe abzuschaffen173, was Toussain im Laufe des
folgenden Jahres durchsetzte. An Ostern 1539 feierte er in der Mömpelgarder Stiftskirche erstmals das
Abendmahl unter beiderlei Gestalt, und bis 1540 war der altgläubige Klerus der Grafschaft weitgehend
durch evangelische Prediger ausgetauscht174.
Zur großflächigen Einführung der Reformation verfasste Toussain 1537/38 eine französischsprachige
Kirchenordnung, die allerdings erst 1559 in Basel gedruckt wurde175. Die Ordnung entstand in Zusammen-
arbeit mit Bucer, Grynäus und Blarer, wobei strittig ist, ob sie von diesen lediglich begutachtet176 oder ob
sie durch die redaktionellen Eingriffe als Gemeinschaftswerk der vier Theologen aufzufassen ist177.
In einem Vorwort, das Toussain der Ordnung am 24. August 1554 hinzufügte, erklärte er, man habe
bereits vor 20 Jahren damit begonnen, die Reformation in Mömpelgard einzuführen, und lege nun eine
überarbeitete und erweiterte Fassung der bisherigen Bestimmungen vor. Die Kirchenordnung beginnt mit
Toussains Katechismus und führt anschließend die Bestimmungen zur Taufe, zum Abendmahl sowie zur
Eheeinleitung aus und schließt mit Tisch-, Morgen- und Nachtgebeten. Die Mömpelgarder Ordnung ist
eine eigenständige Arbeit Toussains, die nicht an die württembergische Kirchenordnung von 1536 angelehnt
ist. Gegenüber dieser ist sie wesentlich kürzer, da die Bestimmungen zu Nottaufe, Feiertagen, Kleidung,
Sprachgebrauch der Geistlichen im Gottesdienst sowie zum Besuch von Kranken und zur Begräbniszere-
monie fehlen. Toussains oberdeutsches Abendmahlsverständnis zeigt sich darin, dass er die Realpräsenz
Christi geschickt umgeht. Er spricht lediglich davon, dass das Abendmahl die Gläubigen an Leib und Blut
Christi zur Vergebung der Sünden teilhaben lasse178.

172 Zu Pierre Toussain siehe RE 20, S. 5ff.; Cuno, Daniel
Tossanus, S. 1-23; Heyd, Ulrich III, S. 144ff.
173 Archives Nationales Paris, Serie K 2186 (deutscher
Text). Druck der französischen Fassung in: Memoires de
la Société d’Emulation de Montbéliard 1854, S. 106.
174 Adam, Kirchengeschichte, S. 298.
175 Viénot, Montbéliard I, S. 74ff., bes. S. 74 Anm. 3;

Brendle, Einführung, S. 153; Rocholl, Herzog
Georg, S. 567; Debard, Luthéranisme, S. 354; Cuno,
Daniel Tossanus, S. 7.
176 So Rocholl, Herzog Georg, S. 567.
177 So Cuno, Daniel Tossanus, S. 7.
178 Vgl. Brendle, Einführung, S. 153.

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