Einleitung
Ebenso wie im württembergischen Kernland bestand während des Interims auch in den linksrheinischen
Landesteilen ein Nebeneinander von evangelischem Predigtgottesdienst und altgläubiger Messfeier193.
3. Die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse nach Beendigung des Interims
a) Die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse in Württemberg unter Herzog Christoph (1550-1568)
Herzog Ulrich starb überraschend am 6. November 1550, die Nachfolge trat sein Sohn Christoph194 an. Er
war 1515 geboren und wuchs während Ulrichs Exil unter Erzherzog Ferdinands Obhut in Österreich auf.
Nach der Rückeroberung des Herzogtums 1534 sandte Ulrich seinen Sohn zu König Franz I. nach Frank-
reich, 1542 bestellte er ihn zum Statthalter in Mömpelgard.
Zur Zeit von Christophs Regierungsantritt 1550 befand sich das Herzogtum Württemberg in einer
misslichen Lage, die neben einer großen Schuldenlast, einer schlecht organisierten Landesverwaltung und
der Besetzung durch die kaiserlichen Truppen auch durch die ungelöste Religionsfrage geprägt war. Bedroh-
lich war auch, dass der Felonieprozess, den König Ferdinand gegen Herzog Ulrich angestrengt hatte, auf
Christoph übertragen worden war. Dem württembergischen Haus drohte damit der Verlust des Lan-
des195. Diese schwierige Situation machte zunächst eine Anlehnung an die kaiserliche Politik erforderlich.
Herzog Christoph erreichte damit, dass die Entscheidung des Felonieprozesses so lange hinausgezögert
wurde, bis andere Ereignisse das habsburgische Interesse an Württemberg überholten.
Allein in der Religionsfrage blieb der Herzog kompromisslos. Unterstützt wurde er dabei von Johannes
Brenz, dem führenden Theologen während Christophs Regierungszeit. Brenz war bereits unter Herzog
Ulrich an der Einführung der Reformation beteiligt gewesen und hatte einen Entwurf zur ersten württem-
bergischen Eheordnung, eine Visitationsordnung sowie eine Vorrede zur Kirchenordnung von 1536 ausge-
arbeitet (Nr. 5, 9, 10). Auch sein Katechismus war in die württembergische Kirchenordnung eingeflossen.
Während des Interims hatte Brenz das Herzogtum verlassen müssen. Erst am 10. Januar 1553 wurde ihm
mit der Berufung auf die Stelle des Propsts der Stuttgarter Stiftskirche196 wieder ein offizielles Amt über-
tragen, das er bis zu seinem Tod 1570 inne hatte.
Die nach Beendigung des Interims immer noch in der Schwebe befindliche Religionsfrage sollte auf dem
am 1. Mai 1551 in Trient wiedereröffneten Konzil endgültig entschieden werden. Für Herzog Christoph war
es auch aus politischen Gründen erforderlich, dass Württemberg auf dem Konzil vertreten war. Er beauf-
tragte Johannes Brenz daher mit der Formulierung eines eigenen Bekenntnisses. Diese Confessio Virtem-
bergica197 wurde den Konzilsvätern am 24. Januar 1552 überreicht. Sie erhielt zwar auf dem Konzil nicht
die erhoffte Aufmerksamkeit, stellt jedoch ein wichtiges Dokument der Glaubensauffassung Herzog Chri-
stophs dar, auf das er sich in den Ordnungen der folgenden Jahre immer wieder berief und das er 1559 in die
Große Kirchenordnung aufnahm.
192 Adam, Kirchengeschichte, S. 304f.
193 Rocholl, Matthias Erb, S. 13ff.; Brendle, Dynastie,
S. 312f.; ders., Einführung, S. 160; Reformation in Würt-
temberg, S. 130.
194 Zu Herzog Christoph siehe Brendle, Christoph,
S. 108-111; Ehmer, Art. Christoph, in: TRE 8,
S. 68-71; Borst, Herzog Christoph, S. 77-90; NDB 3,
S. 248f.; Kugler, Christoph I, S. 3-412; II, S. 3-640;
Maurer, Christoph, S. 136-162; ders., Landesherr,
S. 112-138; ders., Utopie, S. 111-123; Pfister, Chri-
stoph I, S. 1-623; II, S. 1-174.
195 Maurer, Christoph, S. 141ff.
196 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 306.
197 Druck: Brecht/Ehmer, Confessio Virtembergica,
S. 36-199; dies., Reformationsgeschichte, S. 308-311;
313ff.
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Ebenso wie im württembergischen Kernland bestand während des Interims auch in den linksrheinischen
Landesteilen ein Nebeneinander von evangelischem Predigtgottesdienst und altgläubiger Messfeier193.
3. Die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse nach Beendigung des Interims
a) Die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse in Württemberg unter Herzog Christoph (1550-1568)
Herzog Ulrich starb überraschend am 6. November 1550, die Nachfolge trat sein Sohn Christoph194 an. Er
war 1515 geboren und wuchs während Ulrichs Exil unter Erzherzog Ferdinands Obhut in Österreich auf.
Nach der Rückeroberung des Herzogtums 1534 sandte Ulrich seinen Sohn zu König Franz I. nach Frank-
reich, 1542 bestellte er ihn zum Statthalter in Mömpelgard.
Zur Zeit von Christophs Regierungsantritt 1550 befand sich das Herzogtum Württemberg in einer
misslichen Lage, die neben einer großen Schuldenlast, einer schlecht organisierten Landesverwaltung und
der Besetzung durch die kaiserlichen Truppen auch durch die ungelöste Religionsfrage geprägt war. Bedroh-
lich war auch, dass der Felonieprozess, den König Ferdinand gegen Herzog Ulrich angestrengt hatte, auf
Christoph übertragen worden war. Dem württembergischen Haus drohte damit der Verlust des Lan-
des195. Diese schwierige Situation machte zunächst eine Anlehnung an die kaiserliche Politik erforderlich.
Herzog Christoph erreichte damit, dass die Entscheidung des Felonieprozesses so lange hinausgezögert
wurde, bis andere Ereignisse das habsburgische Interesse an Württemberg überholten.
Allein in der Religionsfrage blieb der Herzog kompromisslos. Unterstützt wurde er dabei von Johannes
Brenz, dem führenden Theologen während Christophs Regierungszeit. Brenz war bereits unter Herzog
Ulrich an der Einführung der Reformation beteiligt gewesen und hatte einen Entwurf zur ersten württem-
bergischen Eheordnung, eine Visitationsordnung sowie eine Vorrede zur Kirchenordnung von 1536 ausge-
arbeitet (Nr. 5, 9, 10). Auch sein Katechismus war in die württembergische Kirchenordnung eingeflossen.
Während des Interims hatte Brenz das Herzogtum verlassen müssen. Erst am 10. Januar 1553 wurde ihm
mit der Berufung auf die Stelle des Propsts der Stuttgarter Stiftskirche196 wieder ein offizielles Amt über-
tragen, das er bis zu seinem Tod 1570 inne hatte.
Die nach Beendigung des Interims immer noch in der Schwebe befindliche Religionsfrage sollte auf dem
am 1. Mai 1551 in Trient wiedereröffneten Konzil endgültig entschieden werden. Für Herzog Christoph war
es auch aus politischen Gründen erforderlich, dass Württemberg auf dem Konzil vertreten war. Er beauf-
tragte Johannes Brenz daher mit der Formulierung eines eigenen Bekenntnisses. Diese Confessio Virtem-
bergica197 wurde den Konzilsvätern am 24. Januar 1552 überreicht. Sie erhielt zwar auf dem Konzil nicht
die erhoffte Aufmerksamkeit, stellt jedoch ein wichtiges Dokument der Glaubensauffassung Herzog Chri-
stophs dar, auf das er sich in den Ordnungen der folgenden Jahre immer wieder berief und das er 1559 in die
Große Kirchenordnung aufnahm.
192 Adam, Kirchengeschichte, S. 304f.
193 Rocholl, Matthias Erb, S. 13ff.; Brendle, Dynastie,
S. 312f.; ders., Einführung, S. 160; Reformation in Würt-
temberg, S. 130.
194 Zu Herzog Christoph siehe Brendle, Christoph,
S. 108-111; Ehmer, Art. Christoph, in: TRE 8,
S. 68-71; Borst, Herzog Christoph, S. 77-90; NDB 3,
S. 248f.; Kugler, Christoph I, S. 3-412; II, S. 3-640;
Maurer, Christoph, S. 136-162; ders., Landesherr,
S. 112-138; ders., Utopie, S. 111-123; Pfister, Chri-
stoph I, S. 1-623; II, S. 1-174.
195 Maurer, Christoph, S. 141ff.
196 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 306.
197 Druck: Brecht/Ehmer, Confessio Virtembergica,
S. 36-199; dies., Reformationsgeschichte, S. 308-311;
313ff.
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