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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0061
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Einleitung

men mit demjenigen seiner zweiten Kanzleiordnung, die ebenfalls im Erscheinen begriffen sei, übersen-
den214.
Verfasser der neuen Kirchenordnung war Johannes Brenz, der weite Teile der von Erhard Schnepf
verfassten Ordnung von 1536 übernahm. Daneben griff er auf die Kirchenordnung zurück, die er selbst 1543
für seine Heimatstadt Schwäbisch Hall verfasst hatte215. Hieraus übernahm er die Reihenfolge der
Abschnitte, die systematisch dem Gang des christlichen Lebens von der Taufe bis zum Begräbnis
folgt216. Neu sind 1553 die Litanei sowie der sonntägliche Katechismusgottesdienst mit Examen für die
Jugend. Auch seinen Katechismus setzte Brenz 1553 nicht mehr an den Schluss der Ordnung, sondern
integrierte ihn in den Text.
Im Gegensatz zu der um Ausgleich zwischen oberdeutscher und lutherischer Glaubensauffassung
bemühten Ordnung von 1536 ist die Kirchenordnung von 1553 eindeutig von Brenzens lutherisch orientier-
ter Theologie geprägt. Mit dieser Ausrichtung reihte Brenz das Herzogtum Württemberg in die Reihe der
übrigen lutherisch orientierten Territorien ein. Allein die weiterhin beibehaltene Form des Predigtgottes-
dienstes belegte 1553 noch die von Blarer geprägte Auffassung aus den Anfängen der württembergischen
Reformation217.
Die Kirchenordnung von 1553 wurde die maßgebliche Ordnung des Gottesdienstes in Württemberg und
erfuhr bis ins frühe 17. Jahrhundert hinein zahlreiche Neuauflagen in den Jahren 1555, 1559, 1561, 1565,
1582, 1589, 1602 und 1615. Die Veränderungen in den späteren Auflagen sind gering. Die Ausgabe von 1555
sah vor, Beichte und Absolution zweimal mit denselben Formeln zu verlesen, ähnlich wie es auch die
Heilbronner Ordnung von 1543 vorschrieb, die ihrerseits unter dem Einfluss der Haller Ordnung von 1543
stand218. Neu war 1555 auch, an den Tagen, an denen kein Katechismusunterricht gehalten wurde, einen
Vespergottesdienst zu feiern. Die beiden Auflagen von 1561 und 1565 zeigen keine inhaltlichen Neuerungen,
lediglich der Druckort hatte sich geändert. Während sämliche bisherigen Auflagen in Tübingen bei Ulrich
Morhart bzw. dessen Witwe gedruckt worden waren, wurde die Ordnung von 1565 unter den Verlegern
Sigmund Feyerabend und Simon Hueter in Frankfurt am Main von Martin Lechler219 gedruckt. Die Ord-
nung von 1602 wurde von Georg Gruppenbach220, dem Sohn von Ulrich Morharts Witwe, in Tübingen
aufgelegt.
Neben den separaten Nachdrucken wurde die Gottesdienstordnung nahezu unverändert in die Große
Kirchenordnung von 1559 aufgenommen, die ihrerseits 1582 überarbeitet wiederaufgelegt wurde221. 1582
finden sich einige Neuerungen bei der Taufe sowie im Abschnitt zu Beichte und Absolution222. Bei der
Reichung des Krankensakraments ist erstmals 1582 die Rede von Leib und Blut Christi, anstelle von Brot
und Wein, womit die lutherische Abendmahlsauffassung nochmals betont wurde223.
Die Neuauflage der Kirchenordnung von 1602 stellt dem Text dieselbe Vorrede wie die der Ausgabe von
1589 voran, einschließlich des dort erwähnten Namens Herzog Ludwigs, obwohl bereits seit 1593 Herzog
Friedrich regierte. In der Auflage von 1602 wird die Kirchenordnung von 1553 erstmals als Kleine Kir-

214 Ernst, Briefwechsel II, Nr. 44 S. 42f.
215 Druck: Richter, EKO II, S. 14-21.
216 Vgl. Hartmann, Brenz, S. 224f. Zum Inhalt der Kir-
chenordnung siehe Waldenmaier, Gottesdienstord-
nungen, S. 74-79, 128f.; Rauscher, Reformationsge-
schichte, S. 186f.; Brecht, Art. Brenz, in: TRE 7,
S. 179; Leiturgia III, S. 60-67; Reformation in Würt-
temberg, S. 150; Kolb, Gottesdienst, S. 305-311; Gün-
ther, Brenzens Anschauung, S. 132-143.
217 Maurer/Ulshöfer, Brenz, S. 147f.; Waldenmaier,
Gottesdienstordnungen, S. 39.

218 Günther, Brenzens Anschauung, S. 132-143, S. 134
Anm. 100; Waldenmaier, Gottesdienstordnungen,
S. 77.
219 Zu Martin Lechler siehe Benzing, Buchdrucker, S. 125.
220 Zu Georg Gruppenbach siehe Benzing, Buchdrucker,
S. 465.
221 Siehe Nr. 53.
222 Vgl. Waldenmaier, Gottesdienstordnungen, S. 78.
223 Vgl. Günther, Brenzens Anschauung, S. 132-143.

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