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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0074
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Württemberg

42a. Ordnung der Besetzung von Kirchendienerstellen 1559 (Text S. 347)
Eine der Ordnungen, die 1559 erstmals innerhalb der Großen Kirchenordnung gedruckt wurde, betraf die
Besetzung der geistlichen Stellen. Der Text regelte die Voraussetzungen der Kandidaten für eine Kirchen-
dienerstelle, die Investitur, ihre finanzielle Unterhaltung während der Amtsausübung sowie die Hinterblie-
benenversorgung nach ihrem Tod.
Obwohl die Ordnung in ihrer Zusammenstellung eine Neuschöpfung ist, greift sie auf frühere Mandate
und Regelungen zurück. Für die Passage Auff wölche weiß ein neuer Kirchendiener von den Superintendenten
seiner Kirchen commendiert, eingeleibt und installiert werden soll war die Synodalordnung von 1547 (Nr. 17)
mit dem Abschnitt Uf nachvolgend weis solle ein newer Pharrer oder Diacon vom Dechan eingeleibt und
innstalliert werden Vorbild, der 1559 lediglich um einige Absätze ergänzt wurde. Daneben finden sich Text-
übernahmen aus zwei ähnlichen Ordnungen der Kurpfalz333 von 1556.
Das Regelwerk zur Besetzung der Kirchendienerstellen hatte seinerseits Einfluss auf die Ordnungen
anderer Territorien. So wurde der Abschnitt Auff wölche weiß ein neuer Kirchendiener ... in die Pfarrpräsen-
tationsordnung für Hohenlohe vom 14. März 1572 aufgenommen334. Das württembergische Klerikerexamen
war Grundlage für die Fragen in der sächsischen Kirchenordnung335 von 1580, ebenso der Abschnitt zur
Immunität der Kirchendiener336, und ging von hier wiederum in die Kirchen- und Schulordnung der Graf-
schaft Hohenlohe von 1582 ein337.

42b. Ordnung der Klosterschulen 1559 (Text S. 361)
Die Regelung des Klosterschulwesens stützte sich auf die Ordnung für Männerklöster von 1556 (Nr. 36b)
sowie die Statuten für das Zisterzienserkloster Herrenalb von 1556 (Nr. 37). War die Klosterordnung von
1556 noch als vorläufiges Regelwerk bezeichnet worden, so stellte der von Valentin Vannius überarbeitete
und erweiterte Text von 1559 die endgültige Ordnung dar338. Neben Vannius waren auch Johannes Brenz,
Sebastian Hornmold und Kaspar Wild an der Abfassung der neuen Klosterordnung beteiligt, wie aus zwei
Zusammenkünften dieses Gremiums zur Beratung der Ordnung hervorgeht. Als Verfasser der Kloster-
schulordnung gelten Brenz und Vannius339.
In der Ordnung der Klosterschulen finden sich keinerlei wörtliche Übereinstimmungen mit der Klo-
sterordnung von 1556, wohl aber mit den Statuten für das Zisterzienserkloster Herrenalb aus demselben
Jahr. So geht das lateinische Gebet (precatio) wörtlich auf die Ordnung für Herrenalb zurück, ebenso wie
einige Abschnitte in den Kapiteln Von Gottslesterung, Von der gebürlichen Reverentz, Von niechtern und züch-
tigem Leben sowie Von der Tischzucht.
Gegenüber den Ordnungen von 1556 treten die gottesdienstlichen Übungen 1559 zugunsten einer stär-
keren Betonung des Schulunterrichts in den Hintergrund. Die Klosterschulordnung bewegt sich damit vom
klösterlichen Leben weg und zum säkularen Schulleben hin. Die Unterrichtsgegenstände blieben gegenüber
1556 zwar nahezu gleich, sind jedoch ausführlicher dargestellt340. Eine Neuerung ist auch die Differenzie-

332 Siehe S. 54; vgl. Ernst, Briefwechsel IV, Nr. 565 S. 650.
333 Form der Einführung von Kirchendienern, Sehling,
EKO XIV, S. 30, 241ff. De electione et examine mini-
strorum ecclesiae, siehe ebd., S. 29, 234ff.
334 Sehling, EKO XV, S. 111-115.
335 Sehling, EKO I, S. 377-380.
336 Sehling, EKO I, S. 383ff.
337 Sehling, EKO XV, S. 467.

338 Vgl. Ehmer, Vannius, S. 218; Eberl, Klosterschule,
S. 24.
339 Ziemssen, Partikularschulwesen, S. 510ff.; Ehmer,
Vannius, S. 217ff.; ders., Bildungsideale, S. 15, 23;
Lang, Klosterschulen, S. 72.
340 Der genaue Vergleich beider Ordnungen bei Lang, Klo-
sterschulen, S. 351-354. Zum Inhalt siehe ausführlich
Schnurrer, Erläuterungen, S. 270ff.; Lang, Kloster-
schulen, S. 73-76, 351ff.; Ehmer, Humanismus,

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