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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0076
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Württemberg

Beim zweiten Konzeptfragment, das als Vorarbeit für die Visitationsordnung von 1559 gelten kann,
handelt es sich um die Instruction der Special Superintendenten (um 1553). Auch dieser Text weist zahlreiche
Korrekturen auf. Mit großer Wahrscheinlichkeit stellt er das Konzept der Superintendentenordnung dar,
die zusammen mit der Visitationsordnung 1553 angelegt wurde349, wie aus einem Gutachten von Johannes
Brenz vom 6. September 1554 hervorgeht, das er dem Brief Kaspar Lysers350 an Herzog Christoph bei-
legte351. Auch der Kanzler Johann Feßler erwähnt in einem Brief vom 1. November 1555 an den Herzog,
dass verschiedene der herzoglichen Ordnungen kurz nach dem Interim entstanden seien und daher einiger
Erneuerungen und Verbesserungen bedurften; lediglich die Superintendenz- und Kanzleiordnung seien jün-
ger und benötigten daher keine Überarbeitung352.
Der Text der Instruction ist die nahezu wörtliche Vorlage zu den Abschnitten Visitation und Amt der
Special-Superintendenten, Von der Leer und Kirchengebreuch, Von den Schulen, Von der Lands- und Casten-
ordnung, Was der Magistrat und ettlich andere ..., Was den Superintendenten nach gehaltner Inquisition ...
sowie Der General Superattendenten Officium der Großen Kirchenordnung von 1559.
Inhaltlich weist die Instruction auch Parallelen zum Officium auf, ist jedoch umfangreicher. Bei den
wirtschaftlichen Belangen der Kirchendiener in der Instruction lassen sich auch Bezüge zum Abschnitt
Besetzung der Kirchendienst (Nr. 42a) bzw. dessen Vorarbeiten nachweisen.
Die Visitationsordnung für die Superintendenten besaß weitreichenden Einfluss auf die Regelungen
anderer Territorien. Zusammenhänge lassen sich etwa mit einigen Ordnungen aus der Grafschaft Hohenlohe
feststellen, wie mit der Visitations- und Kirchenordnung von 1558, der Visitationsinstruktion von 1571
sowie der Kapitels-, Visitations- und Konsistorialordnung von 1579353. Ebenso übernahm man den Text
1569 im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel354. Auch mit einem Teil der badischen Visitationsordnung
von 1556 stimmt die Visitationsordnung 1559 überein305.

42e. Ordnung der politischen Visitation 1559 (Text S. 395)
Parallel zur kirchlichen Visitation richtete Herzog Christoph auch eine weltliche zur Überprüfung aller
lokalen Verwaltungsstellen und ihrer Beamten einschließlich der wirtschaftlichen Verhältnisse ein356. Für die
regelmäßige jährliche Bereisung wurde das Herzogtum in einen nördlichen und einen südlichen Sprengel
aufgeteilt, die je einem Visitator unterstanden. Beide Visitatoren sollten bei sämtlichen Amtleuten, Schul-
meistern, Gerichts- und Ratsherren, Stadtschreibern und Bürgermeistern Erkundigungen hinsichtlich
Leben und Lehre der Kirchendiener, Zustand des gemeinen Kastens, der Gemeinde, Rechnungslegung,
Beschaffenheit der Stadtbefestigung sowie Approbation von Wundärzten einziehen.
Auch der Abschnitt zur politischen Visitation greift auf eine frühere Textvorlage zurück. Hierbei han-
delt es sich um das Konzeptfragment Visitation, Superintendentz über unser Lands-, Casten- und ander
ordnungen [1553], das gewissermaßen die Fortsetzung der Instruction der Special Superintendenten357 dar-
stellt. Die Passagen zu Visitation Superintendentz über unser Lands-, Casten- und ander ordnungen stimmen
wörtlich mit dem Fragment überein.

sprechenden Abschnitt der Großen Kirchenordnung von
1559 liefert Brecht, Ordnung, S. 36 Anm. 98. Vgl.
Reformation in Württemberg, S. 263; Ehmer, Vannius,
S. 131 Anm. 18.
349 Siehe S. 47; vgl. Brecht, Ordnung, S. 36.
350 Zu Kaspar Lyser siehe Matthes, 10 Briefe, S. 140;
Bossert, Kirchendiener, S. 29.
351 Druck: Sattler, Geschichte des Herzogtums IV,
Beil. 30 S. 76-78; Pressel, Anecdota Brentiana

Nr. CCVIII S. 385-388. Vgl. Matthes, 10 Briefe,
S. 150f., 171-176, bes. S. 173.
352 Ernst, Briefwechsel III, Nr. 187 S. 356f.
353 Sehling, EKO XV, S. 121-127, 160ff., 356, 396ff.
354 Sehling, EKO VI/1, S. 195-202.
355 Siehe Teil „Baden“, Nr. 6.
356 Vgl. Maurer, Utopie, S. 115.
357 Siehe Nr. 42d.

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