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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0090
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Württemberg

tembergischen Landesordnungen von 1536, 1552 und 1567461. Neben dem Rückgriff auf die Landesordnung
bezieht sich die Ehegerichtsordnung ferner auf die Carolina, die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V.
von 1532.

55. Büchermandat 15. Januar 1593 (Text S. 468)
Ebenso wie sein Vorgänger Christoph ging auch Herzog Ludwig gegen Täufer und andere Abweichler von
der evangelisch-lutherischen Landesreligion vor. Er ließ sie verfolgen, konfiszierte ihre Güter und zwang sie
zur Auswanderung. Um die Ausbreitung ihrer Lehren zu unterbinden, verbot er die Verbreitung ihrer
Schriften462. Nachdem die Jesuiten gegen Ende des Jahrhunderts stärker gegen lutherische Lehren an-
gingen, dehnte Herzog Ludwig sein Bücherverbot vom 15. Januar 1593 auch auf Bücher katholischen
Inhalts aus463. In dieser Ausweitung der Bücherzensur tritt die Konfessionalisierung am Ende des 16. Jahr-
hunderts vor Augen: Die Bekräftigung der Zensur auch für Schriften der Jesuiten unterstreicht die Abgren-
zung der evangelischen Lehre gegenüber gegenreformatorischen Strömungen.

b) Die Konfessionalisierung unter Herzog Friedrich (1593-1608) und Johann Friedrich (1608-1628)
Herzog Ludwig starb überraschend am 8. August 1593. Da er kinderlos geblieben war, trat Friedrich464, der
einzige Sohn Graf Georgs, seine Nachfolge an. Friedrich wuchs in Mömpelgard unter französischer Erzie-
hung auf und regierte zunächst von 1581 bis 1593 in den linksrheinischen Territorien. In seiner Politik brach
er mit der Linie seiner Vorgänger Christoph und Ludwig. Er schlug reichspolitisch neue Wege ein und
verwirklichte sein Ziel, Württemberg wieder zu einem politischen Faktor im Reich zu machen465. Ein wich-
tiger Schritt dahin war 1599 die Ablösung Württembergs aus der seit 1534 bestehenden österreichischen
Afterlehenschaft. Das Herzogtum erhielt damit den Rechtsstatus eines unmittelbaren Reichslehens
zurück466.
Kirchenpolitisch blieb Friedrich jedoch auf dem Kurs seiner Vorgänger. Anders als Ludwig jedoch
beteiligte er sich aktiv an der Bündnispolitik der evangelischen Fürsten und nahm 1594 am Heilbronner
Konvent teil. Durch die Konkordienformel war der Graben zwischen Lutheranern und Calvinisten vertieft
worden und ein politisches Zusammengehen aller protestantischen Fürsten unmöglich gemacht. Die ober-
deutschen Protestanten blieben durch den katholischen Gegendruck aus Österreich und Bayern gefährdet,
so dass sie sich zu einem eigenen Bündnis zusammenschlossen. Herzog Friedrich war das Bindeglied zwi-
schen den lutherischen Fürsten am Oberrhein und der calvinistischen Pfalz, und seinem Eingreifen ist
letztlich das Zustandekommen dieses Bündnisses zu verdanken. Am 14. Mai 1608 wurde die evangelische
Union gegründet. Den Gründungsakt erlebte der im Januar 1608 verstorbene Friedrich jedoch nicht mehr.
Dieser Union protestantischer Fürsten Oberdeutschlands gehörten neben Württemberg die Kurpfalz, Pfalz-
Neuburg, Baden-Durlach, Brandenburg-Ansbach, sowie Brandenburg-Bayreuth an. Die Städte Ulm,
Nürnberg und Straßburg schlossen sich ebenfalls an, später auch Heilbronn und Schwäbisch Hall467.

461 Druck der Landesordnung von 1536 bei Reyscher,
Gesetze XII/1, S. 84-122, hier S. 88ff. Druck der Lan-
desordnungen von 1552 und 1567 bei Reyscher, Geset-
ze XII/1, S. 849.
462 Vgl. Sauer, Friedrich I, S. 193f.
463 Vgl. Franz, Bücherzensur, S. 135ff.; Widmann, Zen-
sur, S. 169ff.

464 Zu Herzog Friedrich siehe Sauer, Friedrich I,
S. 157-164; Krinninger-Babel, Friedrich I.,
S. 251-283; Borst, Herzog Friedrich, S. 99-108;
NDB 5, S. 593f.; Uhland, Friedrich I., S. 174-182.
465 Ehmer, Württemberg, S. 187.
466 Sauer, Friedrich I, S. 157-164.
467 Uhland, Friedrich I, S. 179.

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