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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0101
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5. Entwurf einer Eheordnung 1535

5. Entwurf einer Eheordnunga
1535
Radtschlag, was und wie in zwispaltigen Eesachen gotlich und gemeiner nutz fridlich zu handlen sey.

Es seyen nicht geringe ursach, von welcher wegen
die eesachen zu diser zeit verwirret und derohalben
bedechtlich unnd fursichtiglich darinnen zu handeln
ist. Den es helt sich zwischen etlichen ein strit, ob
die eehendell nach dem gsatz Mosi1 oder nach dem
geistlichen, wie man sie nennt canonibus, oder nach
dem kayserlichen weltlichen rechten zu richten
unnd zu erortern seyen2. Zudem, so ist der eelich
stand ein solcher stand, der nicht allein in das gwis-
sen vor gott, sonder auch in die weltliche pollicey,
erbfall, succession unnd andere dergleichen weltliche
sachen, eingriff thutt. Auch seyen die herschaften
der Teutschen Nacion der gestalt ineinander ge-
mengt, das es gmeinem friden und offenlicher Er-
barkait unleidlich ist, so in Eesachen in einer her-
schaft ein ander recht dan in den anstossenden her-
schaften unnd des Romischen Reichs obergerichten
gebraucht unnd geübt wurde. Zugeschweigen, das
der gmein bobell zu diser Zeitt auß mißverstand
evangelischer freyhait so frech, mutwillig unnd un-
züchtig ist, das, wo er nicht mit strengem ernst in
Zucht der Eehandlungen gehalten und gezwungen,
alle ergerliche unnd schendliche boßhait zur
schmach des gotlichen eelichen stands durch in für-
genomen werden. | 256v |
Darumb erfordert am aller fürnemlichsten zu
diser zeitt die hochst notturft, das in entschiedung
und erorterung der irrigen Eesachen nicht geeylt,
sonder mit wolbedachter fursichtigkeit gehandelt
werde. Unnd nachdem die Eesachen sich mancher-
ley underschidlicher gstalt unnd weyß zutragen, so
wollen wir etlich der furnembsten und gwonlichsten

a Textvorlage (Handschrift): Stadtarchiv Schwäbisch
Hall, Brenzsammlung 4/56 Bl. 256r-265r. Abruck:
Pressel, Anecdota Brentiana, Nr. LVIII S. 171-183.
1 Ex 20,14.

fragstuck und articul nach einander erzelen und dar-
uff unser gutt beduncken anzaigen.
Der erst artickel: Ob die Ehe auff zweyer selbs be-
kante oder bezeugte verhaissung und versprechen
unnd also uff den blossen consens unnd beschehene
bewilligung der contrahierenden personen oder aber
anderst nit, dan so ferr das mit beyderseyts eltern,
wo die vorhanden, oder ordenlichen pfleger unnd
furmünder vorwissen und bewilligung geschehen
sey, krefftig gehalten und gesprochen worden sey.
Antwort: Unlaugbar ist es, das nicht allein das got-
lich gebot: Ere vatter und mutter3, sonder auch das
kayserlich Recht, ja auch etlich canones und die na-
turliche erbarkeit selbs erfordern, gebietten und ha-
ben wollen, das der kinder eelich hayradt nicht on
vorwissen und verwilligung der eltern geschehen
soll. Unnd wüe sich die umbstend diser gstalt zu-
tragen, das die Jungen, so noch im gwalt irer eltern
sein, sich | 257r | on vorwissen, verwilligung derselben
auß lauter narrichter, unverstendigen Jugendt, auß
kuplerey unnd betriegerey hinder dem wein, in
drunckenhait, in stellen und haimlichen orten, auß
leichtfertigkeit oder sunst durch andere bose, arge-
listige mittel sich zusamen eelich verbinden, so soll
billich der Jungen pflicht fur unbündig und unkreff-
tig geurteylt werden, etc.
Nemlich, so ein vatter uber dren Jar außlendisch
ist oder so lang gefangen ligt, in disen fellen mag ein
sun, der in seins vatters gewalt ist, on seins vatters
willen sich verheyratten.α Item, so ein vatter seinen

2 Vgl. Martin Bucers Gutachten für den Ulmer Rat vom
26. November 1533 „Von der ehe und Ehescheidung aus
göttlichem und kaiserlichem Recht“, siehe Bucer,
Deutsche Schriften X, S. 163-426.
3 Ex 20,12.

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