5. Entwurf einer Eheordnung 1535
So wollen auch die Theologi solchs auß dem
spruch Christi Math 19 [9] schliessen, dan Christus
sagt also: Wer sich von seinem weyb schaidet (es sey
dan umb hurerey willen) und freyet ein andere, der
bricht die Ehe. Hierauß soll folgen, das, welcher
umb hurerey oder Ehebruchs halben gschiden ist
unnd freyet ein andere, der brech die Ehe nicht.
Dan was gott schaidet, das ist kein ee mehr. | 261r |
Gott schaidet aber von wegen des Eebruchs, vermug
der ytz erzelten wort Christi. Darumb, welche also
geschiden seyen, die seindt nicht mer Eeleut, sunder
frey. Wer aber frey ist, der mag auch freyen. Zu
dem, so versteinigt das gsatz Mosi den Eebrecher
und Eebrecherin11. Unnd das weltlich recht strafft
den Eebrecher mit dem schwert, die Eebrecherin
aber in ein closter12. Ob nun schon der oberkeit solch
straff an dem schuldigen Eegmahel nicht voln-
streckt, so ist doch der selb schuldig teyl dem un-
schuldigen vor gott und der welt abgestorben und
wurdt als ein tot mensch gezelet. Darumb soll das
unschuldig, so von dem schuldigen ordenlich von
des Eebruchs wegen abgeschiden, gut fug unnd
Recht haben, sich widderumb zu verhayratten.
Nachdem aber etlich der alten, feinen lerer als Au-
gustinus ad Pollencium13, Origenes14 und Hieroni-
mus15 den spruch Mathei 19 [3-9] vill anderst deut-
ten und außlegen, unnd biß anher uber menschen
gedechtnus nicht im brauch gwesen, das dem
gschidnen umb eebruchs willen der ander hayrat
bey leben des schuldigen erlaubt sey worden, zu
dem, das zu diser Zeit die straff weder des gsatz
Mosi noch der kayserlichen rechten den Eebrechern
angelegt würdt, so wurde auch durch erlaubung des
andern hayradts die glegenheit der versonung, so
sich zwischen den geschidnen begeben mocht und
sich offt begeben hatt, hinweg genomen, zuge-
schweygen, das auch darauß vill unradts, neuwe-
rung, Irrung unnd Zwitracht in succession und erb-
θ L[ex] Consensu § sui vero C. de Repud[iis] [Cod. Just.
5,17,8, ClCiv II, S. 212].
11 Lev 20,10.
12 Vgl. Nov. 117,13, ClCiv III, S. 562-564.
13 Augustinus, Ad Pollencium de adulterinis coniugiis I,
IX, 10, CSEL 41, S. 357, 21-358, 13.
schafften endtsten wurdt. | 261v | Hierauff, so ists
dannocht zu bedencken, ob also schlecht dahin den
geschidnen von des Eebruchs wegen der ander hay-
radt zu vergonnen sey, etc. Ja, es were am aller si-
chersten und am fridlichsten, das die unschuldig ge-
schiden person bey leben des unschuldigen on Ee
blibe und lies im nicht anderst sein, das, als were
sein egmahel in unhaylsame kranckheit gefallen
oder in ewig gefengknus komen oder von des gmei-
nen nutz wegen in ferre land hinwegk gezogen, on
zweyfel, wo unser Her gott in solchem unfall getreu-
lich und emsiglich angeruft, er wurde nicht allein die
gnad der keuscheit, sonder auch vill andere gaben,
zum gotlichen, fridlichen leben nodturfftig, barm-
hertziglich mitteylen.
Wo aber ye ein neuwerung hier in von einer oberkeit
fürgenomen werden wolt, so erfordert die groß nod-
turft, das, allem unradt und verwirrung zu begeg-
nen, etlich stuck vorhin geordnet unnd erleuttert
werden.
Zum ersten, das niemands gestatet werde, sich
selbs von des eebruchs wegen zu schaiden, sonder
das der Eebruch recht ordenlich, gnugsam und nach
ordnung und vermug der rechten bezeugt und be-
wert werde. Item, das bedacht unnd ersucht werde,
ob der man mit unzuchtigem leben oder halten nicht
dem weyb zum eebruch ursach geben habe. Dan so
sich dises erfunde, solt dem man nicht gestatt wer-
den, das weyb umb Eebruch zuverclagen, iuxta 2. Si
uxor § Iudex ff. ad leg.16 Iulia de adul. coerce.17
Zum andern, das die schuldig person von des
eebruchs wegen nach satzung der kayserlichen
Rechten oder uff das aller wenigst mit ewiger ver-
weysung des lands gestraft werde.
Zum dritten, das dennocht nicht gleich dem un-
schuldigen teyl der ander hayradt erlaubt, sonder
ein bestimpte Zeit on Ee auffgehalten werde, den
besen schein zuverhuetten, als hette das unschuldig
14 Origines, Commentarium in Evangelium Matthaeum,
CChrSG 13, Sp. 1223-1252.
15 Vgl. etwa Hieronymus, Epistola LV, 3, CChrSL 22,
Sp. 562f.
16 Dekr. Grat. II, C. 32, q. 5, c. 18, ClCan I, Sp. 1137.
17 Cod. Just. 9,9, 1ff., ClCiv II, S. 374.
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So wollen auch die Theologi solchs auß dem
spruch Christi Math 19 [9] schliessen, dan Christus
sagt also: Wer sich von seinem weyb schaidet (es sey
dan umb hurerey willen) und freyet ein andere, der
bricht die Ehe. Hierauß soll folgen, das, welcher
umb hurerey oder Ehebruchs halben gschiden ist
unnd freyet ein andere, der brech die Ehe nicht.
Dan was gott schaidet, das ist kein ee mehr. | 261r |
Gott schaidet aber von wegen des Eebruchs, vermug
der ytz erzelten wort Christi. Darumb, welche also
geschiden seyen, die seindt nicht mer Eeleut, sunder
frey. Wer aber frey ist, der mag auch freyen. Zu
dem, so versteinigt das gsatz Mosi den Eebrecher
und Eebrecherin11. Unnd das weltlich recht strafft
den Eebrecher mit dem schwert, die Eebrecherin
aber in ein closter12. Ob nun schon der oberkeit solch
straff an dem schuldigen Eegmahel nicht voln-
streckt, so ist doch der selb schuldig teyl dem un-
schuldigen vor gott und der welt abgestorben und
wurdt als ein tot mensch gezelet. Darumb soll das
unschuldig, so von dem schuldigen ordenlich von
des Eebruchs wegen abgeschiden, gut fug unnd
Recht haben, sich widderumb zu verhayratten.
Nachdem aber etlich der alten, feinen lerer als Au-
gustinus ad Pollencium13, Origenes14 und Hieroni-
mus15 den spruch Mathei 19 [3-9] vill anderst deut-
ten und außlegen, unnd biß anher uber menschen
gedechtnus nicht im brauch gwesen, das dem
gschidnen umb eebruchs willen der ander hayrat
bey leben des schuldigen erlaubt sey worden, zu
dem, das zu diser Zeit die straff weder des gsatz
Mosi noch der kayserlichen rechten den Eebrechern
angelegt würdt, so wurde auch durch erlaubung des
andern hayradts die glegenheit der versonung, so
sich zwischen den geschidnen begeben mocht und
sich offt begeben hatt, hinweg genomen, zuge-
schweygen, das auch darauß vill unradts, neuwe-
rung, Irrung unnd Zwitracht in succession und erb-
θ L[ex] Consensu § sui vero C. de Repud[iis] [Cod. Just.
5,17,8, ClCiv II, S. 212].
11 Lev 20,10.
12 Vgl. Nov. 117,13, ClCiv III, S. 562-564.
13 Augustinus, Ad Pollencium de adulterinis coniugiis I,
IX, 10, CSEL 41, S. 357, 21-358, 13.
schafften endtsten wurdt. | 261v | Hierauff, so ists
dannocht zu bedencken, ob also schlecht dahin den
geschidnen von des Eebruchs wegen der ander hay-
radt zu vergonnen sey, etc. Ja, es were am aller si-
chersten und am fridlichsten, das die unschuldig ge-
schiden person bey leben des unschuldigen on Ee
blibe und lies im nicht anderst sein, das, als were
sein egmahel in unhaylsame kranckheit gefallen
oder in ewig gefengknus komen oder von des gmei-
nen nutz wegen in ferre land hinwegk gezogen, on
zweyfel, wo unser Her gott in solchem unfall getreu-
lich und emsiglich angeruft, er wurde nicht allein die
gnad der keuscheit, sonder auch vill andere gaben,
zum gotlichen, fridlichen leben nodturfftig, barm-
hertziglich mitteylen.
Wo aber ye ein neuwerung hier in von einer oberkeit
fürgenomen werden wolt, so erfordert die groß nod-
turft, das, allem unradt und verwirrung zu begeg-
nen, etlich stuck vorhin geordnet unnd erleuttert
werden.
Zum ersten, das niemands gestatet werde, sich
selbs von des eebruchs wegen zu schaiden, sonder
das der Eebruch recht ordenlich, gnugsam und nach
ordnung und vermug der rechten bezeugt und be-
wert werde. Item, das bedacht unnd ersucht werde,
ob der man mit unzuchtigem leben oder halten nicht
dem weyb zum eebruch ursach geben habe. Dan so
sich dises erfunde, solt dem man nicht gestatt wer-
den, das weyb umb Eebruch zuverclagen, iuxta 2. Si
uxor § Iudex ff. ad leg.16 Iulia de adul. coerce.17
Zum andern, das die schuldig person von des
eebruchs wegen nach satzung der kayserlichen
Rechten oder uff das aller wenigst mit ewiger ver-
weysung des lands gestraft werde.
Zum dritten, das dennocht nicht gleich dem un-
schuldigen teyl der ander hayradt erlaubt, sonder
ein bestimpte Zeit on Ee auffgehalten werde, den
besen schein zuverhuetten, als hette das unschuldig
14 Origines, Commentarium in Evangelium Matthaeum,
CChrSG 13, Sp. 1223-1252.
15 Vgl. etwa Hieronymus, Epistola LV, 3, CChrSL 22,
Sp. 562f.
16 Dekr. Grat. II, C. 32, q. 5, c. 18, ClCan I, Sp. 1137.
17 Cod. Just. 9,9, 1ff., ClCiv II, S. 374.
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