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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0106
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Württemberg

selbs dem schuldigen zum eebruch ursach geben,
| 262r | das es von im geschiden werde und sich wi-
derumb verhayratten mocht. Wie dan die kayserli-
chen recht sonderlich das weyb eins Jars frist nach
der schidung auffziehen, darmit, ob sie schwanger
were, man wissen mocht, ob das kindt des abge-
schidnen mans oder nicht sey.
Zum vierdten, das vorhin ein ordnung, so in
rechten nicht allein in den gerichten des fursthen-
thombs, sonder auch der obergerichten bstendig we-
re, furgenomen und beschriben werde, wie und wel-
cher gestalt es solt gehalten werden mit der succes-
sion und erbschaft der kinder, so auß der ersten Ehe
und der kinder, so auß der andern Ehe gezogen wür-
den, etc.
Wo dise erzelte stuck vor hin nicht bedacht, ge-
handelt und erortert werden, so ist zu besorgen, die
frey, offentlich erlaubnus des andern hayradts nach
der Eeschidung werde bey dem ungezognen pobel
allen muttwillen, unradt, zwitracht erregen.
Hieruff ist zuvernemen, das in disem fall vier weg
vorhanden seyen, under welchen der fuglichst und
der fridlichst erwelt werden magι.
Der erst, das die geschidnen on Ehe bleyben
oder sich widderumb versonetten. Diser weg were
am aller sichersten, wie vorhin anzeigt, er will aber
dem unschuldigen, so die gnad der keuscheit nit
hatt, etwas beschwerlich sein.
Der ander, das dem unschuldigen geschidnen der
ander hayradt frey, offentlich erlaubt werde. Diser
weg will zu diser Zeitt zu geschwindt sein und zu
vilen verwirrung der Succession, auch zum mutwil-
len ursach geben.
Der drit, das dem unschuldigen geschidnen der
ander hayradt weder verbotten noch erlaubt, sonder
auff sein aigin gfar nicht geweret werde. Diser weg
were der Oberkeit am sichersten.
Der vierdt, das dem unschuldigen nach etlichen
Jaren, so kein versonung zuverhoffen, ein ordenli-
cher beysitz nach anweysung weltlicher recht, wie
ι Ehe schidung hat 4 weg.
κ Matrimonium perfectum quid.
λ 1 Cor 7 [11].
μ Matrimonium imperfectum.

vor Zeitten inter liberum et servam | 262v | erlaubt,
und mochten die zwey, so also beyeiander ordenli-
cher weyß wonetten, im gwissen vor gott der Ehe
halben versichert, aber nicht offentlich in der kir-
chen eingeleittet, noch die kinder für heredes gehal-
ten, sonder mit legatten abgericht werden. Diser
weg, wo er nicht zu unsern Zeitten so ungwonlich,
wer beyden, Oberkeit und underthon, am aller ley-
denlichsten, etc.
Es seyen auch ausserhalb des Eebruchs andere fell,
darin nach Eschidung gefragt wurdt. Nemlich, so
zwey, die nicht eltern haben, einander die Ehe glo-
ben, welches offenbar worden oder sunst bekant
oder bezeugt wurdt, und doch zuvor, ehe das
beyschlaffen geschicht, sie beyd einander oder eins
das ander schlechts nit haben will, ob mans daruber
zusamen nottigen, oder aber die ein oder beyd per-
son, sich anderswo zuverhayratten, zulassen unnd
gestatten soll. In disem fall ist underschidlich zu be-
dencken, was ein volkomne Ehe glubdnus und was
ein unvolkomen Eeglubdnus seyκ. Dan dise Ehe-
glubdnus acht man für volkomen, so zwey, so ires
eigins gwalts seyen, ein ander offentlich zur Ehe ne-
men in bey sein etlicher darzu beruffen oder erfor-
derten personen, das in zweyer oder dreyer mund
die Zeugnus beschehe.18 Welche nun diser gstalt ei-
nem andern vertraut ist, ob schon das beyschlaffen
noch nicht geschehen, so wurdt sie dannocht fur ein
recht Ehe weyb, und so ein anderer bey ir schleft,
für ein Ehebrecherin geurteilt, wie Deut ca. 2219 ge-
schriben ist. Darumb, so nach solcher offentlicher
bewerter Eheglubdnus eins dem andern die Ehe-
pflicht nicht halten will, sollen sie sunst nach dem
Radt des haylgen Pauli on Ehe bleyben, oder sich
mit einander versonen und beywonung thonλ.
Aber ein unvolkomne Eheglubdnus ist, so zwey
einander heimlich nemen, und ehe es vor andern
leutten mit beharlichem willen beyder contrahieren-
den personen bestetigt, selbs eins teyls allein oder
baids mit einander, widder rüffen, etc.μ | 263r| In sol-
18 Dtn 19,15.
19 Dtn 22,13-29.
 
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