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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0107
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5. Entwurf einer Eheordnung 1535

chem fall ist woll die leichtfertigkeit ein schwere
sund und soll billich von der oberkait gestraft wer-
den, darmit man mit dem hailgen Ehestand nicht so
leichtfertiglich schertze. Aber dieweyl solch heim-
lich verloben die ein oder beid parthey bestendiglich
widder rüffen nicht beharret wurdt, soll es für ein
uncreftig Ehe erkant werden. Das, was got nicht zu
samen fuget, das gehort auch nicht zusamen. Dise
aber fuget gott nicht zusamen, die leichtfertgklich,
unordenlich, haimlich sich yetz zusamen verbinden,
ytz die selb verbundnus widder sprechen, ytz ja, ytz
nein sagen, etc. Darumb, wan die Jungen, so sich
diser gstalt heimlich mit einander verwortet, ye
nicht gutlich zusamen getendingt20 mogen werden,
so ist das sicherst, sie von einander zu erkennen21
und sich sunst verhayratten lassen.
Wie aber, wan sich der fall also zutregt, das beyd
Ehemenschen ettlich Zeit beyeinander gewont und
villeicht kinder mit einander gezilt, und eins lieff
von dem andern auß dem land, was soll dem bley-
benden teyl erlaubt werden?
Hierauff zu antworten, ist zu bedencken, das die
umbstend dises fals sich mancherley weyß zutragen.
Dan es begibt sich offt, das der Man auß berüff und
gehorsam der oberkait oder auß notturft seiner
gscheft mit wissen und verwilligung des weybs hin-
weg in ein ander land zeucht. Als dan ists offenbar,
das das weyb on Ehe bleiben soll, biß sie des mans
todt gewiss seyν.
Item, es begibt sich zu Zeitten, das die ein per-
son, Man oder weyb, auß unleidenlicher beywonung
der andern person hinwegk lauft, so ist woll das hin-
weglauffen ein sundtlich laster. Aber nach dem die
bleibend person selbs schuldig daran und ein Zorn
sach ist, so soll sie nach der leer Pauli on Ehe bley-
ben oder darauff arbeiten, das die entloffne person
erforscht und widderumb versonet werdeξ. | 263v |

ν In Auten[tici]: de Nup[tiarum] sed unam captivitate
[Nov. 22,7, ClCiv III, S. 151] Item In Auten[tici] ut ma-
tri et Aviae § quod autem [Nov. 117,11, ClCiv III,
S. 561].
ξ 1 Cor7 [11].
ο Auten[tici]: Hodie C. de Repud[iis] [Cod. Just. 5,17,
ClCiv II, S. 211-214],

Item, es begibt sich oft, das ein Ehegmahel von
dem andern nicht auß notturft der gescheft, nicht
auß Zorn sachen, sonder auß lauterer boßheit und
mutwillen hinweg lauft. Hierin will es sich etwa
stossen, dan, so der man in krieg zeucht, wollen die
kayserlichen recht nicht gedulden, das das weyb hie
zwischen, so lang der man lebt, anderswo sich ver-
hayratteο. So sich aber die sach also zutrug, das ein
Ehegmahel von dem andern auß lautter boßheit
nicht in krieg, sonder sunst hin weck lieffe, als dan
wollen ettlich solch boßhafftig verlassen unnd fluch-
tig hinweglauffen dem Ehebruch gleich achten und
solch leichtfertig buben oder bübin under die un-
glaubigen zelen, von welchen Paulus sagt22: So der
unglaubig sich schaidet, so las in sich schaiden. Es
ist der bruder und schwester nicht gefangen in sol-
chen fellen. Hieruff beschliessen sie, das der un-
schuldigen bleybenden person der ander hayradt er-
laubt soll werden. Etlich aber wollen dise handlung
nicht dem Ehebruch, sonder den Zoren sachen
gleich urteylen unnd zaigen an, so Paulus haben
woll23, das die Eheleut, auß Zorn von einander ge-
schiden, on Ehe bleyben oder sich widderumb ver-
sonen sollen. So woll er auch das selb von den Ehe-
leutten, die sunst auß unwillen von einander gelauf-
fen, erfordern. Und so Christus in dem, so er sagt:
Wer sich schaidet von seinem weyb außerhalb des
Ehebruchs, etc.24 under dem wort (Ehebruch) nicht
verstanden will haben die Morderey, Zauberey,
auffrur wider das Romisch Reych, kirchen diebstall,
Rauberey, heimlich nachstellung dem leben des
Ehegmahels und andere der gleichen laster, in wel-
chen doch die kayserlichen Recht die Eheschiedung
und den andern hayradt vergonnen, so wolle er auch
under dem wort (Ehebruch) das hinweg lauffen
nicht verstanden haben. | 264r | Auch, so Paulus sagt,
der bruder oder schwester sey in solchen fellen nicht
gefangen25, das sey nicht offentlich der ander hay-

20 Getan.
21 Zu entscheiden, dass sie getrennt sind.
22 1Kor 7,15.
23 1Kor 7,10f.
24 Mt 5,32; 19,9.
25 1Kor 7,15.

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