Württemberg
6. Eheordnung
[1536]
Ordnung in Eesachen. | Aiia
Dweil nit allein auß Göttlicher ordnung, sonder
auch in krafft Keiserlicher geschribner recht1, na-
türlicher erber- auch billicheit unnd darzu schuldi-
ger danckbarkeit nach, die Kinder iren eltern, und
die waisen iren Pflegern und nechst verwandten, er-
bern und getrewesten Freunden gehorsam sein und
fürnemlich auch mit irem rath, vorwissen und willen
vereelicht werden sollen etc., so ist in bedenckung
jetzund angeregter und anderer mer Christenlicher
und Fürstlicher uns darzu bewegender ursachen un-
ser meynung, ordnung unnd Ernstlicher bevelhe,
das fürohin niemands, so noch under vätterlichem
gewalt oder sonst verpflegt ist, sich one rath, vor-
wissen unnd willen seiner eltern, pflegern und
nechstgesipter erberer, getrewer verwandten Eelich
verpflichten soll.
Im fal aber, das es beschech, alsdann soll solliche
verlobung nichts gelten, sonder gantz onbindig,
onkrefftig und von onwürden sein, und darzu so
wöllen Wir dieselbigen beid ongehorsamen Mans-
und Frawenpersonen ein zeitlang in gefäncknus oder
sonst nach gestalt der sachen mit ongnaden an leib
unnd gut samptlich oder sonderlich Ernstlich straf-
fen lassen und darzu auch alle diejhenigen, so zu
sollicher ongehorsamen Eeverlobung geraten oder in
einicherlei weiß geholffen habend, nach gelegenheit
irer verhandlung auch ernstlich straffen lassen.
| Aiib | Wa aber ein solliche person, so noch under
vätterlichem gewalt oder sonst verpflegt were, ver-
meynen wölt, rechtmessig ursachen und fug zuha-
bend, sich one seiner eltern, pfleger oder nechstver-
wandten erberer Freund rath, wissen und willen
zuvereelichend, so soll das bey vermeidung unser
ungnad und obangeregter ernstlicher straffen dan-
nocht keins wegs aigens fürnemens beschehen, son-
a Textvorlage (Druck): UB Tübingen L IV 17a 4. Abdruk-
ke: Schott, Ordnung in Ehesachen, S. 15-20; Rey-
scher, Gesetze IV, Nr. 44 S. 66-69; Richter, EKO I,
S. 279-281; Sattler, Geschichte des Herzogtums III,
Beil. 3 S. 138-142.
der sollichs bey unsern geordneten Eerichter und
räten angebracht und hierinn irem rechtlichen be-
scheid gehorsamlich gelept werden.
Zum andern: Als offtermals ander personen, so nit
mer in vätterlichem gewalt oder auch nit mer ver-
pflegt seiend, hinderm liecht darein schlahend und
one beisein anderer personen allein unnd heimlich
einander die Ee verlobend, auß wellichem aber (wie
wir in glaubwirdiger erfarung vilveltig befunden)
grewliche schwere meinaid, erschrockenliche leste-
rung des allerheiligsten namen Gottes, onauffleßli-
che verwirrung und onwiderbringliche beschwerung
des gewissens, auch beschraiung und verhinderung
der angesprochen person und sonst mercklicher tref-
fenlicher, grosser nachteil, schaden unnd onrat in vil
weg erwachsen, solchs sovil möglich zufürkommen,
so ist unser ernstliche meinung und bevelhe, Das
hinfürter, wann sollich personen (die gleichwol, wie
gehört, nit mer under vätterlicher oberkeit oder ver-
pflegt seiend) sich miteinander Eelich verheyraten
wöllend, das alsdann dieselbigen zu sollicher Eever-
lobung zum wenigsten drey | Aiiia | erber, redlich, gar
onparteisch personen nemen sollen, durch wölliche
sollich Eeverpflichtung im val der notturfft gnug-
sam und rechtmessiglich möge bewisen werden.
Sunst sollen gemelte heimliche Eeverpflichtung gar
nit gelten, sonder onbindig und von allen onwirden
sein. Welche aber diser unser ordnung nit geleben,
sonder hierinn ongehorsam sein wurden, die selbigen
wöllen Wir von wegen sollicher heimlicher winckel
Ee ein zeitlang in gefencknus oder sonst nach gele-
genheit der sach an leib und gut sampt oder sonder-
lich ernstlich straffen lassen.
1 Vgl. Inst. I, 10, ClCiv. I, S. 4.
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6. Eheordnung
[1536]
Ordnung in Eesachen. | Aiia
Dweil nit allein auß Göttlicher ordnung, sonder
auch in krafft Keiserlicher geschribner recht1, na-
türlicher erber- auch billicheit unnd darzu schuldi-
ger danckbarkeit nach, die Kinder iren eltern, und
die waisen iren Pflegern und nechst verwandten, er-
bern und getrewesten Freunden gehorsam sein und
fürnemlich auch mit irem rath, vorwissen und willen
vereelicht werden sollen etc., so ist in bedenckung
jetzund angeregter und anderer mer Christenlicher
und Fürstlicher uns darzu bewegender ursachen un-
ser meynung, ordnung unnd Ernstlicher bevelhe,
das fürohin niemands, so noch under vätterlichem
gewalt oder sonst verpflegt ist, sich one rath, vor-
wissen unnd willen seiner eltern, pflegern und
nechstgesipter erberer, getrewer verwandten Eelich
verpflichten soll.
Im fal aber, das es beschech, alsdann soll solliche
verlobung nichts gelten, sonder gantz onbindig,
onkrefftig und von onwürden sein, und darzu so
wöllen Wir dieselbigen beid ongehorsamen Mans-
und Frawenpersonen ein zeitlang in gefäncknus oder
sonst nach gestalt der sachen mit ongnaden an leib
unnd gut samptlich oder sonderlich Ernstlich straf-
fen lassen und darzu auch alle diejhenigen, so zu
sollicher ongehorsamen Eeverlobung geraten oder in
einicherlei weiß geholffen habend, nach gelegenheit
irer verhandlung auch ernstlich straffen lassen.
| Aiib | Wa aber ein solliche person, so noch under
vätterlichem gewalt oder sonst verpflegt were, ver-
meynen wölt, rechtmessig ursachen und fug zuha-
bend, sich one seiner eltern, pfleger oder nechstver-
wandten erberer Freund rath, wissen und willen
zuvereelichend, so soll das bey vermeidung unser
ungnad und obangeregter ernstlicher straffen dan-
nocht keins wegs aigens fürnemens beschehen, son-
a Textvorlage (Druck): UB Tübingen L IV 17a 4. Abdruk-
ke: Schott, Ordnung in Ehesachen, S. 15-20; Rey-
scher, Gesetze IV, Nr. 44 S. 66-69; Richter, EKO I,
S. 279-281; Sattler, Geschichte des Herzogtums III,
Beil. 3 S. 138-142.
der sollichs bey unsern geordneten Eerichter und
räten angebracht und hierinn irem rechtlichen be-
scheid gehorsamlich gelept werden.
Zum andern: Als offtermals ander personen, so nit
mer in vätterlichem gewalt oder auch nit mer ver-
pflegt seiend, hinderm liecht darein schlahend und
one beisein anderer personen allein unnd heimlich
einander die Ee verlobend, auß wellichem aber (wie
wir in glaubwirdiger erfarung vilveltig befunden)
grewliche schwere meinaid, erschrockenliche leste-
rung des allerheiligsten namen Gottes, onauffleßli-
che verwirrung und onwiderbringliche beschwerung
des gewissens, auch beschraiung und verhinderung
der angesprochen person und sonst mercklicher tref-
fenlicher, grosser nachteil, schaden unnd onrat in vil
weg erwachsen, solchs sovil möglich zufürkommen,
so ist unser ernstliche meinung und bevelhe, Das
hinfürter, wann sollich personen (die gleichwol, wie
gehört, nit mer under vätterlicher oberkeit oder ver-
pflegt seiend) sich miteinander Eelich verheyraten
wöllend, das alsdann dieselbigen zu sollicher Eever-
lobung zum wenigsten drey | Aiiia | erber, redlich, gar
onparteisch personen nemen sollen, durch wölliche
sollich Eeverpflichtung im val der notturfft gnug-
sam und rechtmessiglich möge bewisen werden.
Sunst sollen gemelte heimliche Eeverpflichtung gar
nit gelten, sonder onbindig und von allen onwirden
sein. Welche aber diser unser ordnung nit geleben,
sonder hierinn ongehorsam sein wurden, die selbigen
wöllen Wir von wegen sollicher heimlicher winckel
Ee ein zeitlang in gefencknus oder sonst nach gele-
genheit der sach an leib und gut sampt oder sonder-
lich ernstlich straffen lassen.
1 Vgl. Inst. I, 10, ClCiv. I, S. 4.
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