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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0124
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Württemberg

brauch gewesen, das fürderlich zu Christenlicher
versamlung, gebett, predig, mengklich trewlich ver-
manet und darnach, wo die not erfordert, auch an-
ders nach gelegenheit außgericht werde.
Weiter aber sollen all pfarrer auff nachverzeich-
net tag morgens predigen und als dann dem volck
anzeigen, das sich nachmittag meniglich an sein ar-
beit verfügen möge unnd hierinn niemandt ver-
strickt sein sol. Namlich auff der heiligen drey künig
oder den zwölfften tag10, da soll man predigen aus
dem Mattheo das ander Capitel11, den grünen don-
nerstag, den karfreitag, so man den passion predi-
get12, unser frawen verkündung tag Annuntiatio-
nis13, unnser | Bib | frawen Reynigung Purificatio-
nis14, aller apostel tag15, Sant Johannis des täuffers
tag16.
Von ordnung und gebrauch des Herren nachtmal,
wie offt und wie dasselb solle gehalten werden.
Wir haben aus beweglichen ursachen angesehen,
das von allen unsers Fürstenthumbs pfarrern das
nachtmal Christi sechs mal im jar fürnemlich, das
ist allwegen in zweyen Monaten einmal, ungevarlich
gehalten werde unnd darzwischen, so offt und dick
leut verhanden sein, die des hochwirdigen Sacra-
ments begeren. Und so man das auff ein Sontag hal-
ten will, sol man es am Sontag darvor auff der Cant-
zel verkünden oder wann es am gelegnesten will
sein. | Biia | Darnach am sampstag zu abent soll er,
nachdem man ein teutschen Psalmen gesungen hat,
ein predig thun, anfengklichs von einsatzung und
gebrauch des hochwirdigen Sacraments des leibs
und bluts Christi, umb dero willen die des nachvol-
genden tags zum tisch des Herren geen wöllen. Am
endt der predig soll er das volck vermanen, das die
jhenigen, so den nachvolgenden Sontag oder fest
zum gnadreichen tisch des Herrn wöllen gehn, sich
nach der predig in Chor verfügen unnd sich dem
diener oder pfarrer anzeygen, damit sie abgezölt und

10 6. Januar, der zwölfte Tag nach dem 25. Dezember.
11 Mt 2.
12 Mt 26f.; Mk 14f.; Lk 22f.; Joh 18f.
13 25. März.
14 2. Februar.

erkendt mögen werden, und also soll er die predig
beschliessen. Darauff der Chor etwan einen vers aus
einem Psalmen oder geistlichen gesang kurtz singen
mag.
In des trit der pfarrer von der Cantzel in den
chor für den altar, oder | Biib | wie es am fügklichsten
wil sein, und handlet mit den jhenigen, so zum hoch-
wirdigen Sacrament auff nachfolgendt fest wöllendt
geen. Die vermanet er aber einst zu wirdiger emp-
fahung mit angeheffter ernstlicher tröwung gegen
ungeschickten, rohen Christen, so durch unwirdigk-
liche niessung ihnen nach den worten S. Paulus17 das
gericht und ewig verdamnus empfahen unnd was
mer hiebey yeder zeit nach gelegenheyt der perso-
nen, so er vor ihme hat, die notturfft erfordern
wirdt.
Er soll sich auch ganz freuntlich gegen yederman
erbieten, in sonderheit mit denen zuhandlen unnd
diejhenigen mit allem fleis zuverhörn, die etwan
sonderlichs rhats unnd trostes bedörffen wurden.
Wa auch yemants hierzu gienge, der da ergerlich
lebte und mit groben lastern beschwert, den soll
man nit zulassen, | Biiia | sonder in einer stille unnd
one offenlich schmahe hinder sich heissen treten und
nach gelegenheit der sachen mit ime handlen, wie
sich dann ein bescheidner prediger wol darein wirt
wissen zu schicken.
Ob aber yemandts umb obligender geschefft
oder ferre des wegs willen, als sonderlich in den fi-
lialibus, wie man sie nennet, sich ye nit in die vesper
schicken und sich also anzeigen köndte, der soll mor-
gents frü sich dem pfarrer anzeigen und unangezeigt
in keinen weg zugelassen werden.
Am sontag aber hernach, so man des Herren nacht-
mal halten will, soll man anfangs das Veni sancte
teutsch18 singen. Darnach aber ein teutschen Psal-
men oder zwen ungefarlich, oder so es Osteren,
Pfingsten oder Weihennechten were, einen geistli-
chen gesang, der sich auff das fest | Biiib | reymet, als

15 15. Juli.
16 24. Juni.
17 Phil 3,18f.
18 Luther, „Komm, Heiliger Geist, Herre Gott“, AWA 4,
Nr. 15.

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