Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0136
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Württemberg

unnd überloffen | Eiiiib | warde88, und diejhenigen, so
umb ine waren, mit dem ernst unnd schwert daran
und iren frummen herren retten und rechen wolten,
verhengt ers inen nit, nam sie darvon und sprach:
Lassent ine doch lestern und habendt ru, der Herr
hat ine heyssen lestern. Wer weist, ob mir der Herr
ein benedeiung für die lesterung werd geben, der
fromm, Gotseelig künig erzürnet sich nit über die
ruthen, schalt unnd bocht, flucht und tobt nit, son-
der ergab sich dultiglich under die gewaltige händt
Gottes, hülte dem Herren still unnd liesse ine mit
ime nach allem seinem wolgefallen handlen.
Zum andern, das es nit allein der will gottes (welchs
auch wol ein verrhätischer Judas und ein morderi-
scher Cain glauben könd), sonder der gnedig unnd
vätterlich will sey, das wir also im leyden stecken,
das wir wissen und glauben, das er uns | Eva | also
mit solchem leyden die üppig, schendtlich welt er-
leiden unnd dises sündtlichen lebens müde und über-
drüssig, nach ewiger freud senendt und begirig ma-
chen wölle, darzu unnser sündigs fleisch mit solchem
last trucken und demmen, wie Sanct Peter,
j. Pet. iiii [1], sagt: Wer im fleisch leidet, höret auff
zu sünden. Auch unsern glauben zu probieren, seine
güte und barmhertzigkeit im creutz lernen können
und mit der that in der warheit spüren und erfaren,
wie süsse, freuntlich und lieblich der Herr sey. Item,
ine von hertzen leeren anrüffen, dann niemandts
rüffet ine an von hertzen und grundlichem ernst, er
rüffe dann aus tieffer nott unnd schwerem leiden;
solchen glauben müssen in uns pflantzen unnd
erhalten die trostliche sprüch, Proverbio iii
[Spr 3,11f.]: Mein sun, lass dir nit grauwen vor der
zucht des Herren und werde nit matt, wann du von
ime gezüchtiget | Evb | würdest, dann wen der Herr
liebet, den züchtiget er und hat ein wolgefallen an
ime, als ein vatter an seinem sune. Item, ad He-
breos xii [7f.]: So ihr die züchtigung erduldet, so er-
beut sich euch Got als den kindern. So ir aber nit
gezüchtiget werdent, so seit ir nit Eekinder, sondern
bastart und dergleich.

88 2Sam 16,5—8.1 1f.

Zum dritten, das er als ein gütiger, milter vatter
unns nit könde noch wölle lassen wie er uns dann
vertröst, Luce xi [11-13]: Welcher ist under euch,
wann ine sein kind umb ein brot bette, das er ime
ein stein reiche, so dann ir, die ihr bös seyt, köndt
euwern kinden guts thun etc. Esaie xlix [15]: Kan
auch ein weib ires kleinen kindlins vergessen, das sie
sich nit erbarm über den sune ires leibs, ob dann
schon ein mutter ires kindlins vergesse, so wil ich
doch dein nit vergessen. Er ist der güttig vatter,
darumb will er uns helffen, so wir anders von hert-
zen zu ihme | Evia | rüffen. Er ist allmechtig, darumb
kan er helffen unnd mags ihme niemands weeren
oder ine daran verhindern. Er ist allein weis, da-
rumb weißt er, wann und wie er helffen soll. Wa-
rumb wolten wir ihne dann nit mit uns lassen walten
und mit hertzlicher gedult sprechen: Herr, dein wil
geschech.
Zum vierdten, das wir aus stinckender hoffart und
heuchlerischer herrligkeit uns nit darüber düncken,
sonder würdig und wol verdient erkennen aller
zucht unnd leiden, so unns wirdt zugefügt, und also
von hertzen mit dem heiligen propheten Daniel ler-
nen beichten89: Herr, alles, das du über uns gefürt
hast, das hastu durch dein gerecht gericht uns auff-
geladen. Darumb, dein seye die ehr, unser aber die
schandt unsers angesichts, wie es der heutig tag be-
weyset.
Auff dise und dergleichen weis mag | Evib | man mit
dem krancken, so von wegen obligender nott im ge-
wissen erschreckt ist, handeln unnd ine zur geduldt
erbauwen; darneben aus der geschrifft alle trost
sprich von der barmhertzigkeit Gottes gegen den
armen sünder klauben, als Luce am xv [11-32], wie
der vatter des verlornen suns dem reuwigen sune
entgegen laufft (last ihne nit lang ston zuklopffen),
umb sein hals felt unnd küsset, ruckt ime nit auff
sein bubenstuck und leichtvertig leben, sonder
spricht mit grossen freuden zu den knechten: Bringt
bald her das best kleid etc. Dann diser mein sune
war tod und ist widerumb lebendig worden, Er war

89 Dan 9,13f.

118
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften