54. Ehegerichtsordnung 1586
So aber ein ledige Mannßpershon ein unverleumbde
weibspershon, ledig | 3r | oder witwehlichs standts,
mit was mitel das gleich geschehe, zum fall brechte,
alls dann soll er, der Mann, 14 tag lang im Thurn
mit wasser unnd brodt gespeiset, darzu dem weib, so
sie ein Jungfraw gewesen, umb der verfellung oder
beraupter Jungfrawschafft willen, auff schleinig er-
kandtnus eines Gerichts selbiger enden das krentz-
lein4 zubezalen schuldig sein und ohne vorzügliche
verlengerung darzu angehallten, Sie, das weib, aber
achtaglang inn gewonlicher weiber gefenckhnus ge-
strafft, es were dann sach, das sichs lautter erfünde,
das sie dem mann zu sollichem unordenlichen
beyschlaffen selbsten ursach gegeben, ausser wel-
cher dise unthat sonsten vermuthlich wol verbliben
were, alls dann sie mit gleicher straff der 14 tag an-
gesehen worden. Waver aber solche Pershonen vor-
angeregter massen auff ein ehelichen verspruch sich
unzeitig allso zusamen gelegt oder doch nochmalen
einander | 3v | zuehelichen erpietig und selbiges im
werckh erweisen würden, soll es bey hievöriger, inn
unserer Eheordnung5 statuierter straff verbleiben.
Ferners, so ein Mannspershon ein junges, unman-
pars6 mägtlin oder auch die jenigen, so zu iren man-
parn Jaren erwachsen, in ledigem oder ehelichen
standt, mit gewaldt notzüchtigen und diße schandt
mit der that vollbringen, allso auch eines jungen
Maidlins zur handlung mechtig würde, ob er gleich
propter impotentiam desselben nichts würcklichs
außrichten könden, derselb solle nach außweysung
der keyserlichen Recht unnd peinlicher hallsgerichts
Ordnung nach außgeübtem rechtlichem Proceß, da
solches kundtlich sich erfünde, mit dem schwert
vom Leben zum todt gerichtet werden7. Auff denn
fall sich aber jemandts sollicher ubelthat allein un-
derstanden und mit dem werckh zumechtigung der
weibs Pershon nichts außgerichtet hette, der- |4r|
selbig solle umb seines bedachten unnd fürgenom-
nen schandtlichen lasters willen, andern zum Exem-
4 Brautkranz.
5 Eheordnung Württemberg 1553, siehe Nr. 30.
6 Unmündiges.
7 Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532
(Carolina), Art. 119.
pel, nichts destoweniger fenglich angenomen, pein-
lich beclagt, mit Urtheil ann das hallseisen erkendt,
unnd ferners nach gelegenheidt der Pershonen und
verhandlung, auch deß Richters ermessen, mit oren
abschneiden, Ruten außschwingen, Landtsverwey-
sung oder verbannung inn sein Bürgerrecht gestrafft
werden.
Wann sich dann begeben sollte, das zwo inn auff-
und absteigender Lini verwandte Pershonen, alls
vatter, dochter, Mutter, sohn, alltvatter, alltmuter
mit irem neflin unnd Enckheln, wie zugleich auch
die, welche inn Geseitz Linien einander im ersten
gradt der Blutfreundtschafft8, alls Bruder unnd
schwester, sie seyen gleich von beiden oder einem
Bandt allein, verwandt, die werckh der unkeusch-
heidt miteinander pflegten, waver sich dann solliche
vor gott unnd der natur selbsten abschewliche blut-
schandt ordenlich unnd | 4v | offenbarlich erfünde, so
solle der Richter denn Mann zum schwert, das weib
aber zum wasser durch rechtliche erkandtnuß, sie
seyen gleich sonsten ledige oder unehelichte Per-
shonen, verdammen und also mit eusserster todt-
straff büesen lassen. Da aber ein Stieffvatter sein
Stieffdochter oder ein Stieffsohn sein Stieffmutter,
ein schweher9 sein söhnin10, ein dochterman11 sein
schwiger12, deßgleichen jemandts seines leiblichen
Bruders weib oder seines weibs schwester im ersten
grad der schwagerschafft beschlaffen würde, sollche
mißthetige Pershonen sollen peinlich beclagt, ann
Pranger mit urthell erkendt, mit Ruten außgehawen
und nach gelegenheidt Landts verwisen oder inn das
orth, selbige verbürgert, verbannet werden. Gleich-
förmige meinung soll es haben mit denn jhenigen
Pershonen, welche einander im ersten unnd andern
grad der Blutsfreundtschafft verwandt, alls da einer
| 5r | mit seines Bruders oder schwester dochter, vat-
ter oder muter schwestern oder Brüdern der un-
keuschheidt pflegen würde.
8 Blutsverwandtschaft.
9 Schwiegervater, vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2180.
10 Schwiegertochter.
11 Schwiegersohn.
12 Schwiegermutter, vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2612.
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So aber ein ledige Mannßpershon ein unverleumbde
weibspershon, ledig | 3r | oder witwehlichs standts,
mit was mitel das gleich geschehe, zum fall brechte,
alls dann soll er, der Mann, 14 tag lang im Thurn
mit wasser unnd brodt gespeiset, darzu dem weib, so
sie ein Jungfraw gewesen, umb der verfellung oder
beraupter Jungfrawschafft willen, auff schleinig er-
kandtnus eines Gerichts selbiger enden das krentz-
lein4 zubezalen schuldig sein und ohne vorzügliche
verlengerung darzu angehallten, Sie, das weib, aber
achtaglang inn gewonlicher weiber gefenckhnus ge-
strafft, es were dann sach, das sichs lautter erfünde,
das sie dem mann zu sollichem unordenlichen
beyschlaffen selbsten ursach gegeben, ausser wel-
cher dise unthat sonsten vermuthlich wol verbliben
were, alls dann sie mit gleicher straff der 14 tag an-
gesehen worden. Waver aber solche Pershonen vor-
angeregter massen auff ein ehelichen verspruch sich
unzeitig allso zusamen gelegt oder doch nochmalen
einander | 3v | zuehelichen erpietig und selbiges im
werckh erweisen würden, soll es bey hievöriger, inn
unserer Eheordnung5 statuierter straff verbleiben.
Ferners, so ein Mannspershon ein junges, unman-
pars6 mägtlin oder auch die jenigen, so zu iren man-
parn Jaren erwachsen, in ledigem oder ehelichen
standt, mit gewaldt notzüchtigen und diße schandt
mit der that vollbringen, allso auch eines jungen
Maidlins zur handlung mechtig würde, ob er gleich
propter impotentiam desselben nichts würcklichs
außrichten könden, derselb solle nach außweysung
der keyserlichen Recht unnd peinlicher hallsgerichts
Ordnung nach außgeübtem rechtlichem Proceß, da
solches kundtlich sich erfünde, mit dem schwert
vom Leben zum todt gerichtet werden7. Auff denn
fall sich aber jemandts sollicher ubelthat allein un-
derstanden und mit dem werckh zumechtigung der
weibs Pershon nichts außgerichtet hette, der- |4r|
selbig solle umb seines bedachten unnd fürgenom-
nen schandtlichen lasters willen, andern zum Exem-
4 Brautkranz.
5 Eheordnung Württemberg 1553, siehe Nr. 30.
6 Unmündiges.
7 Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532
(Carolina), Art. 119.
pel, nichts destoweniger fenglich angenomen, pein-
lich beclagt, mit Urtheil ann das hallseisen erkendt,
unnd ferners nach gelegenheidt der Pershonen und
verhandlung, auch deß Richters ermessen, mit oren
abschneiden, Ruten außschwingen, Landtsverwey-
sung oder verbannung inn sein Bürgerrecht gestrafft
werden.
Wann sich dann begeben sollte, das zwo inn auff-
und absteigender Lini verwandte Pershonen, alls
vatter, dochter, Mutter, sohn, alltvatter, alltmuter
mit irem neflin unnd Enckheln, wie zugleich auch
die, welche inn Geseitz Linien einander im ersten
gradt der Blutfreundtschafft8, alls Bruder unnd
schwester, sie seyen gleich von beiden oder einem
Bandt allein, verwandt, die werckh der unkeusch-
heidt miteinander pflegten, waver sich dann solliche
vor gott unnd der natur selbsten abschewliche blut-
schandt ordenlich unnd | 4v | offenbarlich erfünde, so
solle der Richter denn Mann zum schwert, das weib
aber zum wasser durch rechtliche erkandtnuß, sie
seyen gleich sonsten ledige oder unehelichte Per-
shonen, verdammen und also mit eusserster todt-
straff büesen lassen. Da aber ein Stieffvatter sein
Stieffdochter oder ein Stieffsohn sein Stieffmutter,
ein schweher9 sein söhnin10, ein dochterman11 sein
schwiger12, deßgleichen jemandts seines leiblichen
Bruders weib oder seines weibs schwester im ersten
grad der schwagerschafft beschlaffen würde, sollche
mißthetige Pershonen sollen peinlich beclagt, ann
Pranger mit urthell erkendt, mit Ruten außgehawen
und nach gelegenheidt Landts verwisen oder inn das
orth, selbige verbürgert, verbannet werden. Gleich-
förmige meinung soll es haben mit denn jhenigen
Pershonen, welche einander im ersten unnd andern
grad der Blutsfreundtschafft verwandt, alls da einer
| 5r | mit seines Bruders oder schwester dochter, vat-
ter oder muter schwestern oder Brüdern der un-
keuschheidt pflegen würde.
8 Blutsverwandtschaft.
9 Schwiegervater, vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2180.
10 Schwiegertochter.
11 Schwiegersohn.
12 Schwiegermutter, vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2612.
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