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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0480
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Württemberg

54. Ehegerichtsordnunga
21. Mai 1586
Fürstlich Württenbergische Eheordnung de Anno 1586

Vonn Gottes gnaden Ludwig, Hertzog zu Württem-
berg, etc.
Unnsern gruß zuvor, liebe getrewen.
Nach dem wir ein gute Zeit hero leider erfahren,
das ann vilen orten unnsers fürstenthumbs das gre-
wlich, hochstrefflich laster deß Ehebruchs, Hurerey
und anderer unzucht bey meniglich all zuviel uber-
handt genomen und dermaßen gemein worden, das
die in unnserer Landtsordnung1 darauf gesetzte und
sonsten bißanhero gebrauchte straffen inn schlech-
ter achtung gehallten, und man sollich unzüchtig
wesen schier für keine oder ja geringe Sündt ansehen
will, dannenhero uber die allgereit im werck ervolgte
und teglichs vor augen schwebende vetterliche züch-
tigungen noch beschwerlichere allgemein durchge-
hende Landtstraffen vonn gott, dem herrn, seinem
gerechten Zorn nach, | 1v | endtlich zugewarten, alls
haben wir unnsers tragenden oberkeidtlichen amptz
und gewissens halben zu müglichster abschaffung
dergleichen schandt und laster und verhüetung an-
getröhenter ernstlicher straffen gottes nicht under-
lassen könden, durch erhöhung unnd scherpffung
deren biß doher gebrauchten und milten straff soli-
chem ubel, soviel imer müglich, zu durchsteuren
und vorzukomen, darumben wir dann sollch werckh
mit zeitigem Rath wolbedechtlich erwegen und inn
Crafft unßerer habenden Landtsfürstlichen hohen
Obrigkeit nachvolgende satzung begriffen, selbige
auch hiemit euch zukhomen lassen, der mainung,
das nidt allein ir, unsere Amptleuth, inn bestraffung
sollicher künfftiglich fürlauffender laster, welche
vonn amptswegen ohn rechtliche beclagung besche-
hen, denselben allerdings gemes verfahren und dar-
under | 2r | niemandt verschonen, sonder auch ir,

a Textvorlage (Handschrift): Staatsarchiv Ludwigsburg
B 113, Bü 2159.

vom Gericht, da dergleichen mißhendler vor euch
richtlich angeclagt, zu schleiniger erörterung und
mehr gleichförmiger erkandtnuß, alls etwan bißher
beschehen, ein gewisse Regul und nachrichtung ha-
ben mögen, wie und warnach ir inn jedem begegne-
ten fall urtheilen und erkennen sollen.
Und anfenglichs, wann hinfüro ein lediger gesell
oder mann, witwehlichs standts, sich mit einer ge-
meinen, unerbarn, verrüefften weibs Pershon inn
Unzucht einlassen, darüber ergriffen oder dessen
sonsten überwisen würt, dieselbige beide Pershonen
solle jede 12 tag, der Mann im Thurn oder offentli-
cher bürgerlicher gefenckhnus, die weibs Pershon
aber in irer gebürender gefenckhnus mit wasser
unnd brodt (es hette dann irenthalben sondere ur-
sachen und gelegenhaidt) | 2v | underhalten und ge-
strafft werden. Uff denn fall, dann dergleichen Per-
shonen witwestandts betretten, die sollen auch noch
weitters den beysitz und nutzung der kinder güeter,
welche sie darvor, Innhallt unsers Landtrech-
tens2, zuniessen gehabt, allerdings verwirckt haben.
Darzu selbige kinder, ob eins oder mehr vorhanden,
vonn solchen iren Elltern, ergernus zuverhüeten, ge-
nomen und anderstwa, da es füglich geschehen, auch
inen, den kindern, räthlicher sein würde, under-
bracht. Wann auch solche Pershonen zum andern-
mal inn gleicher mißhandlung befunden oder uber
die vonn euch, unnßern amptleutten, vermeg unse-
rer Landtsordnung3 inen gethonen verwarnung, er-
gerlichen zugang oder andere unzimbliche, verdäch-
tige erzeigung nicht abgestellt, sollen sie unßers
fürstenthumbs verwisen und darauß geschafft wer-
den.

2 Landrecht Württemberg 1555, Reyscher, Geset-
ze IV/1, S. 95.
3 Siehe Anm. 1.

1 Landesordnung Württemberg 1567, Reyscher XII/1,
S. 344, vgl. S. 848ff.

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