Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0492
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Württemberg

mahlen alles Ernsts aufferlegen unnd bevehlen wöl-
len, daß Ihr fürohin aller Orten unsers Hertzog-
thumbs solche unsere getruckte Landts- und Casten
Ordnung mehrer in acht nemmen und nach anlait-
tung derselben (jedoch ohne allen auffwendenden
Kosten) der Armen halber jeder Orten eygentliche
Erkundigung haben, unnd wa an einem oder dem
andern Ort dergleichen Personen, so deß Allmusens
nicht fähig, sich befinden würden, die Frembden un-
der ihnen den Reichs- und Kraiß Abschieden, auch
besagten Unserer Landts- und Casten Ordnungen
nach alßbalden ausser Unserm Hertzogthumb, unnd
Unsere Underthonen an ihre Ort, da sie daheimb-
den, wei-| 2r | sen und zur Arbeit anhalten, auch de-
ren keinem, zugleich allen andern recht Armen (so
sie nachvolgender massen mit gebührender Hilff
versorgt) umbher zulauffen und die Leut zube-
schwähren gestatten, zumahl diejenigen, so dem zu-
wider handlen unnd ihnen nicht wehren lassen wol-
ten, mit Gefängnuß oder sonsten gebührlich unnd
ernstlich straffen.
Unnd damit solche Straiffer und Landtröcken
unnd dergleichen Gesindlin mit desto mehrerm
Ernst abgetriben werden und Unsere Underthonen
vor ihnen gesichert sein mögen, So sollen Ihr, Un-
sere Amptleut, an den Gräntzen etwann Euch selbst
(doch ohne sondern Kosten) hinauß in die Ampts-
flecken begeben, auff diß unnütz Gesind straiffen
und sie mit beschaidenheit oder (da sie auff gütlichs
zusprechen nichts geben wöllen) mit ernst abschaf-
fen und hinder sich schicken.
Auff daß aber zum andern den rechten innländi-
schen Armen (als Alten und Krancken, die ihr
Handbrot nicht mehr gewinnen könden und vorhin
in Spittäln oder sonsten nicht versorgt weren, wie
auch den Haußarmen, so Weib und Kinder haben,
sich frömblich halten unnd mit fleissiger, sawrer Ar-
beit und Diensten gern ernehrten, sich aber in dieser
langwüriger Thewrung nicht betragen oder außbrin-
gen könden, auch nicht allwegen Arbeit oder Dienst
bekommen mögen, deßgleichen den armen Kindern
unnd verlassenen Waisen) auch ihr Nahrung und

Underhaltung geschöpfft werde, So sollen Ihr die-
selben jeder Orten von Namen zu Namen auff-
schreiben unnd verzeichnen. Unnd (welcher halb Ihr
es vorhin nicht aygentlich wissen) Jedes Haußal-
tung, Alter, Leibsgelegenheit (als Gesundtheit oder
Kranckheit, Armut oder Dürfftigkeit) mit fleiß er-
lernen, und was jedem nach gestallt seiner Person,
Kinder und Haußgesindts und andern Umbständen
zu seiner nottürfftigen Unterhaltung (doch neben
seinen Geschäfften und Arbeit, so jemanden Leibs
halber vermag und zu arbeitten hat) Wochentlich an
Gelt, Brot, Mußmeel oder anderm umb Gottes wil-
len zuraichen oder auch (soviel die Kinder belangt)
wie selbigen täglich in den Spittäln oder sondern
darzu bestimpten Häusern nach | 2v | gelegenheit der
Ort mit Suppen oder Brey zuspeisen, deßgleichen
was denen, so noch etwas an aygnen Gütlin haben,
selbige aber bey diesen Zeiten, da kein Kauff darinn
nicht ohn werden oder verkauffen könden, auff sol-
che auß den Spittälen oder armen Kästen (eintwe-
der ohne oder doch umb leydenliche verzinsung) zu-
leyhen unnd fürzustrecken sein möchte, mit allem
fleiß nottürfftiglich wol erwegen und nachgehendts
deß Armenkastens unnd der Heiligen Einkommens
und Vermögens, was auch an Paarschafften, Früch-
ten oder sonsten allbereit vorhanden, deßgleichen
deß Wochentlich ersambleten Allmusens und son-
derlich, wann sich in Stätten und Flecken (nach an-
geregter Abschaffung deß umbher lauffens, schrey-
ens und gülffens inn und vor den Häusern) ein jeder
seinem Vermögen nach angriffe und erzeigte, was
Wochentlich in die Büchsen und Butten8 gefallen
unnd den Armen zu gut umbgetheilt werden möch-
te, ein underschiedlichen Uberschlag machen, auch
ihnen darvon gebührende, nothwendige Hilff be-
stimmen und verordnen, damit sie nicht ausser
Mangel und Hungersnoth außzulauffen verursacht
werden.
Darumben Ihr dann alßbald das bedachte unnd
verordnete umbher samblen an Sontagen mit dem
Glöcklin in Büchsen und Butten (wa es an einem
Ort gefallen und abgangen were) widerumb anrich-
ten, deßgleichen in allen Predigten bey den Kirchen

8 Bottiche.

474
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften