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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0508
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Baden

über die Superintendenten führt. Der erste mit dieser Funktion war der schon genannte Johann Sechel. Der
in der Ordnung eigentlich vorgesehene Generalsuperintendent für die gesamte Markgrafschaft, und eben
nicht deren vier wie in Württemberg,92 wurde erst 1664 eingesetzt.93 Bis dahin wurde in den beiden durla-
chischen Hauptgebieten, der oberen und der unteren Markgrafschaft, diese Position getrennt verwaltet, im
unterbadischen Teil in der Regel vom Hofprediger und Superintendenten in Durlach, im oberbadischen Teil
zunächst im Nebenamt vom Basler Professor und Antistes Sulzer94, danach vom Röttelner Superintenden-
ten.95 Überhaupt bleiben die Amtsvollmachten der oder des Generalsuperintendenten außerhalb der Visi-
tationen in Baden merkwürdig blass und unklar: Die Dienstaufsicht über die Pfarrer und Schulmeister
übten die Spezialsuperintendenten aus. In allen weitergehenden Fragen lag die Entscheidungsvollmacht
sowieso bei der Kanzlei resp. beim dortigen Kirchenrat, die (General-)Superintendenten wurden nur fall-
weise mit beratender Stimme zugezogen.96
Schließlich wurde auch in der Verwaltung der geistlichen Güter im gesamten Südwesten ein vergleichbarer
Weg eingeschlagen. Die Tatsache, dass in Württemberg, Baden, der Kurpfalz, Pfalz-Zweibrücken und auch
in einigen kleineren Territorien die Güter und Dotationen der Klöster und Pfarreien nicht der staatlichen
Verwaltung oder der fürstlichen Kammer zugeschlagen, sondern in aller Regel anderstwohin nicht dan zu
kirchen, schuelen, spitälen und anderen dergleichen milten sachen97 verwendet wurden, ist seit langem schon
als Charakteristikum der Reformation in diesem Teil des Reiches erkannt.98 Anders als beim großen Nach-
barn Württemberg, der alle geistlichen Güter einer landesweit zuständigen Eigenverwaltung unterstellte,
wurde in den viel kleineren badischen Verhältnissen lediglich jedem Amtmann oder Oberamtmann ein
geistlicher Verwalter unterstellt, der eine von den übrigen Einkünften getrennte Rechnung erstellte, aus der
dann die Pfarrer feste Kompetenzen erhielten und die Schulen finanziert wurden.99 Immerhin wurden diese
geistlichen Verwalter auch vom Superintendenten visitiert,100 so dass eine Doppelaufsicht über die kirchli-
chen Güter und Einnahmen garantiert war.101
Überhaupt wird im Vergleich mit Württemberg der große Unterschied in der kirchenpolitischen Bedeutung
der beiden Fürstentümer deutlich, was sich nicht zuletzt auch in der Zahl und im Umfang kirchenordnender
Schriften und Mandate niederschlägt: Die Gesamtzahl der kirchenordnenden Mandate bleibt in Baden

92 Gegen Elble, Einführung, S. 28.
93 Der Posten wurde allerdings 1669 aus Kostengründen
schon wieder abgeschafft, vgl. Fehr, Staat und Kirche,
S. 27.
94 Vgl. oben Fußnote 66; Sulzers Einfluss auf die oberba-
dischen Pfarrer war erheblich: Merkel, Geschichte
S. 40f., weist nach, dass von den 54 im Zuge der Refor-
mation nach 1556 neu eingesetzten Pfarrern im Oberland
mindestens 37 in Basel studiert hatten; vgl. auch Lin-
der, Sulzer, S. 73.
95 Die kirchliche Situation und Organisation des Oberlan-
des ist durch die erhaltenen Visitationsprotokolle gut
dokumentiert, vgl. Elble, Einführung, S. 28-110; Lud-
wig, Die evangelischen Pfarrer, S. 17-21. Hier wurden
vier Diözesen gebildet: Rötteln, Sausenberg (Schopf-
heim), Badenweiler und Hochberg; die ersten Superin-
tendenten waren in Rötteln: Valentin Cordatus, sein
Nachfolger Thomas Grynaeus; in Sausenberg Johann
Nisaeus,; in Badenweiler Johann Almerspach; und
schließlich in Hochberg Ruprecht Dürr. Im Unterland
waren es nur zwei Spezialate, Pforzheim und Durlach.

Auf die Position des Generalsuperintendenten wurde
hier 1560 Ruprecht Dürr berufen.
96 Vgl. Fehr, Staat und Kirche, S. 26f.
97 Vorrede der kurpfälzischen Kirchengüterverwaltungs-
ordnung 1576, Sehling, EKO XIV, S. 489.
98 Vgl. Schaab, Territorialstaat und Kirchengut, S. 241.
99 Vor allem das Gymnasium illustre in Durlach, 1586 nach
dem Niedergang der einst berühmten Lateinschule in
Pforzheim gegründet, eine Art theologisch-pädagogische
Hochschule zur Heranbildung des landeseigenen Pfarrer-
und Schulmeisternachwuchses (eine Universität gab es
in Baden nicht), vgl. Leppin, Der Kampf des Mark-
grafen Ernst Friedrich, S. 53. Schaab, Territorialstaat
und Kirchengut, S. 249-251. Die Überschüsse und der
Gesamtnutzen des Kirchengutes flossen allerdings, auch
hier vergleichbar mit Württemberg, der „Landeskasse“
zu, vgl. Schaab, Territorialstaat und Kirchengut,
S. 256f.
100 Ein Beispiel bringt Elble, Einführung, S. 31.
101 Vgl. die Visitationsordnung 1556, dort im Abschnitt
Vonn der Landtsordnung, dieser Band S. 523.

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