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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0637
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5. Kirchenordnung 1610

bist?45 wie sie inn den Schuelen gethriebenb werden.
Zum wenigsten sollen bei jungen und alten, wo es
sein soll, diese fragen angesteld und darauff ant-
wortt begert werden: Ob sie sich für Sünder erken-
nen? Woher sie es wissen? Was sie mit ihren Sünden
vor Gott verdient? cWer sie darauß und davon er-
löst? Wie und wormit?c Wer Christus seie? Wieviel
Götter? Wer das Abendtmahl eingesezt? Was es
seye? Warumb es eingesezt und sie zu demselbigen
gehn? Gleichd soll auch alter |26| leüt, bey denen
ine zweiffel, ob sie ein verstandt in Gottes wortt ha-
ben, nicht verschonet, sondern gefragt werden.
Würdt jemandt zu grob und ungeschickht erfun-
denf, solle ihme vom Pfarherr mit güette ein star-
ckher verweiß geschehen, und warumb er nicht
zuzulassen, angezaigt, auch ernstlich vermahnet
werden, auff das nechste mahl besser und taugenli-
cher zu erscheinen und underdessen wohl gefast zu
machen, eintweder von andern oder dem Pfarer
selbsten zu lernen und sich berichten zulassen.
Eben diß soll auch denen widerfahren, die in of-
fentlichen, ergerlichen Sünden ligen und davon
nicht abstehn wollen, als die Gottes wortt und Pre-
digten ohn ursachen versaumen, ubel schwehren
und fluechen, inn unzucht und geiz leben, der
trunckhenheit und füllerei ergeben sein, ihren Kin-
dern allen muethwillen gestatten, Neid und haß ge-
gen ihrem nechsten tragen und auff keine vermah-
nung und warnung nichts geben.
Würdt dann ein wahre bueß und besserung bey
ihme gespüert, so sollen sie von solchen und allen
Sünden mit Göttlichem Ernst auß Gottes wortt
abgemahnet, zu Christlichem gehorsamb, Gottes
forcht, Gottseeligem Leben und Brüederlicher Liebe
angehalten werden, mit Ernstlicher |27| betrewhung,
wo sie in die alten Fueßstapffen wider tretten, gar
vom hailigen abendtmahl außzuschliessen.
Insgemain sollen alle und jede Communicanten
ihrer Sünden, selbige mit Ernst zubedenckhen, wohl
und fleißig erinnert werden, als darmit sieg Gottes
b KO 1619: geschrieben.
c-c Fehlt KO 1619.
d KO 1619: hie.
e KO 1619: ein.
f KO 1619: erfunden werden.
g Fehlt KO 1619.

zorn sambt zeittlichen und ewigen straffen verdie-
net haben. Darnach gewiesen auff den theuren ver-
dienst Christi und den glauben an ihn, lezlich ver-
mahnet zu wahrer danckhbarkeit und einem Christ-
lichen Leben, beedes gegen Gott und dem Nechsten,
damit solche gnad und hohe guetthatten Gottes
sambt dem ewigen Leben nicht verscherzt und ver-
lohren werden. Wie dann der glaub, wo er recht ge-
schaffen, sich gewißlich mit aller Gottseeligkeitt er-
weiße.
Dise vermahnung und underricht kan nach ge-
legenheit jeglicher Persohn gescherpfft oder gelün-
dert, erlengert oder abgekürtzt werden. Darauff vol-
ge die Absolution einer jeden Persohn im Na-
menh des Vatters und des Sohns und des heiligen
Geists. Dai dann mehr als ein Persohn zu absolviren,
werden doch vermeldt dise wortt: Ich verkündige
euch und einem jeden insonderheit verzeihung aller
Sünden im Namen des Vatters etc. |28|
Es sollen auch die Pfarrherr fleißige achtung ge-
ben, das nicht etwan Leuth unangezaigt, oder die
ihres unverstandts wegen abgewiesen worden, sich
mit undermischen und ohne rechte und wahre vor-
berhaittung Christlicher Ordnung gemäß das
abendtmahl empfahen.
Weil es sich auch offt begibt, das etliche unge-
acht ihrer Pfarherr und Seelsorger trewhertziger
und embsiger vermahnung und ihrer selbsten hail
und Seeligkeitt umb geringer oder anderer ursachen
willen des hailigen abendtmahls sich enthaltten oder
sonst auß fahrläßigkeit nicht achten, Solche, wo sie
vermerckht und bekandt, sollen sie vom Pfarherr
durch ihre freundt und Bekandten, wie es füeglich
sein kan, dessen erinnert und vermahnet werden,
das sie sich ihres besten trosts mit solcher sicherheit
nit selbsten berauben, ihre ursachen dem Pfarherr
entdeckhen und darüber sein bedenkchen hören wöl-
len.
Würde diese erste Ermahnung vergebenlich ab-
gehn, so soll der Pfarherr ein solche persohn be-
h KO 1619: Namen Gottes.
i KO 1619: So.
45 Die fälschlich Luther zugeschriebenen Fragstücke, vgl.
Seite 616 Anm. 32.

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