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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0660
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Kinzigtal

Immerhin regelte Wilhelm schon am 24. Juni 1542 als drängendstes Problem die Versorgung seiner
Prediger mit einem Mandat, das die finanzielle Absicherung der Pfarrer und Lehrer ordnete und sogar die
baldige Errichtung von Stipendien für den Theologennachwuchs ins Auge fasste.
2. Kompetenzmandat 1542 (Text S. 646)
Dass es bei dieser provisorischen Ordnung der Reformation zunächst verblieb, legt auch die im Jahre 1543
erlassene Landesordnung nahe.

3. Landesordnung 1543 (Text S. 647)
Diese belegt, dass in der Herrschaft Kinzigtal die Reformation bereits vollzogen ist, denn gleich im ersten
Artikel ist vom heilig Evangelium unnd gottes wort, wie das nach gotlicher geschrifft verkhundt würt die Rede.
Darüberhinaus wird den Untertanen der Besuch der Messe in benachbarten Herrschaften verboten und
stattdessen der regelmäßige Besuch der Predigten nahegelegt, auch sollen die heidnischen Fastnachtsbräu-
che eingestellt werden. Wir drucken von dieser Landesordnung die Paragraphen ab, die sich mit kirchlichen
Belangen beschäftigen, nämlich die folgenden: Das gotswort belangen, Vom widertouf, Vom gotslesteren, Von
Faßnacht.
Die übrigen Paragraphen enthalten straf- und policeyrechtliche Bestimmungen, weshalb von diesen nur
die Überschriften wieder gegeben werden. Auch bei den Abschnitten von hochziten und von gevatterschafft
geht es nur um die Größe der Feier und den Wert der Geschenke, die zur Vermeidung eines ruinösen
Wettbewerbs eingegrenzt werden.
Eine weitere Ordnung der kirchlichen Verhältnisse wurde durch einen erneuten Feldzug des Grafen
verzögert, auf dem er, diesmal in kaiserlichen Diensten, in französische Gefangenschaft geriet und sich erst
1546 wieder freikaufen konnte.
Als letzter Baustein der unvollendeten Reformation im Kinzigtal kann das schon erwähnte Visitations-
mandat von 1546 gelten.

4. Visitationsmandat 1546 (Text S. 650)
Darin wird, wie in den 7 Artikeln von 1542 gefordert, der führende Straßburger Theologe Kaspar Hedio8
zum ständigen Visitator ernannt. Da auch der Superintendent der kleinen, nur neun Pfarreien9 umfassen-
den Landeskirche, Martin Schalling,10 ein Kind der Straßburger Reformation war, kann davon ausgegangen

8 Kaspar Hedio, geb. 1494 in Ettlingen, stud. 1513 in Frei-
burg, 1514 Mag., 1516 Dr.phil., stud. 1518 in Basel, 1519
Lic. und 1520 D.theol., 1520-23 Domprediger in Mainz,
1523-49 Münsterprediger in Straßburg, heiratete 1524
Margareta Trenz, 1523-52 Prof. für Neues Testament u.
Kirchenväter, 1549-52 Kirchenkonventspräsident, gest.
1552 an der Pest.
9 Die Zahl lässt sich aus der u.g. Befragung des Amtman-
nes Jost Münch rekonstruieren, die dieser 1548 zwecks
Durchführung des Interims unternahm, vgl. Roth v.
Schreckenstein, FDA 2, S. 36ff. Dort werden
genannt: „Jakob Gyr, Pfarrer in Wittichen; Georg
Höner, Pfarrer zu Schenkenzell; Burckhardt Hüserbach,
Pfarrer zu Schapbach; Matheus Kratt, Pfarrer in Ober-

wolfach; Sebastian Häckelman, Pfarrer zu Hausach;
Ulrich Vogl, Helfer und Schulmeister zu Wolfach; Mar-
tin Schalling, Pfarrer und Superattendent zu Wolfach;
Magister Frantz Beckh, Pfarrer zu Haslach; Hans Jörg
Lemp, Helfer und Schulmeister zu Haslach; Jakob Kel-
ler, Pfarrer in Welschensteinach; Simon Schelling, Pfar-
rer zu Steinach.“
10 Martin Schalling d.Ä., geb. in Ortenberg (Hessen), Prie-
ster in Breisach, 1520 in Schlettstadt, 1537-41 Diakon in
Straßburg (Jung-St.Peter), 1541-49 Superintendent in
Wolfach, 1549/50 Diakon in Straßburg (St.Nikolaus),
1550-52 Pfarrer in Weitersweiler, gest. 1552 in Hagenau;
Vater des als Liederdichter bekannten Nürnberger Pfar-
rers Martin Schalling d.J. (1532-1608).

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