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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0661
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Einleitung

werden, dass die Reformation im Kinzigtal eine der Straßburger Kirchenordnung ähnliche Form gehabt
haben mag.11
1546 trat Wilhelm dem Schmalkaldischen Bund bei, er weilte auch eine zeitlang im Feldlager, nahm aber
nicht an den Kriegshandlungen teil. Beim Kaiser in Ungnade gefallen, übergab Wilhelm, da er selbst mit
kaiserlichem Haftbefehl gesucht wurde, seine Herrschaft seinem altgläubig gebliebenen Bruder Friedrich,
um die Reichspfandschaft Ortenau dem Besitz der Familie zu erhalten. Am 11. Juli 1548 wird der Wolf-
acher Amtmann Jost Münch von Rosenberg12 von Graf Friedrich schriftlich aufgefordert, die Bestimmun-
gen des Interims ohne Abschwächung durchzuführen und alle Pfarrer zu befragen, wie sie sich zu diesen
Bestimmungen verhalten wollen.13 Nach mehrmonatigem Tauziehen um die Auslegung der Interimsbestim-
mungen, in denen Münch zunächst versuchte, die Pfarrer im Lande zu belassen,14 kehrte Superintendent
Schalling schließlich 1549 an seine vorige Wirkungsstätte Straßburg zurück.15 Münch blieb bis zu zu seinem
Tode 1551 im Amt, wogegen der protestantische Amtmann der Ortenau, Matthäus Musler,16 im selben Jahr
den fürstenbergischen Dienst verließ, weil König Ferdinand die Pfandschaft schließlich doch auslöste. Den-
noch rückte an Münchs Stelle interessanterweise zwei Mal wiederum ein protestantischer Amtmann nach.
Da Friedrich außerdem keine katholischen Priester finden konnte, verschleppte sich die Rekatholisierung
weiter.17 Auch nach dem Tode Friedrichs 1559 änderte sich daran wenig: Die Untertanen besuchten unter
dem Schutz der evangelischen Amtleute18 die evangelische Predigt in den Nachbarterritorien, oder die
Pfarrer kamen selbst ins Kinzigtal, um das Abendmahl sub utraque zu spenden.19 Erst im letzten Viertel des
16. Jahrhunderts wurde im Kinzigtal die Gegenreformation energisch vorangetrieben und nach und nach
die Rekatholisierung des Landes erreicht.20

11 Zumindest das untere Kinzigtal gehörte zur Straßburger
Diözese. Der Einfluss der Reichsstadt Straßburg auf die
Reformation der umliegenden kleineren Territorien war
darüberhinaus seit langem ein bedeutender. Wilhelm
von Fürstenberg und Hedio kannten sich vermutlich
schon, seitdem Wilhelm in den 1520er Jahren längere
Zeit in Straßburg residiert hatte; vgl. Bartmann, Der
wilde Graf, S. 7f.
12 Jost Münch von Rosenberg (aus schwäbischem Ritter-
adel, seit dem 15. Jh. in fürstenbergischen Diensten);
trat ca. 1520 in fürstenbergische Dienste, 1528 Oberamt-
mann des Kinzigtals; 1534 zusätzlich württembergischer
Obervogt in Hornberg, 1539 Dornstetten und 1540
Nagold; gest. 1551.
13 Schreiben im Fürstlich Fürstenbergischen Archiv
Donaueschingen, Bestand Eccl. 135 Fasz. XIV Nr. 4.
Beigelegt ist diesem Schreiben auch ein Zettel mit den
Fragen, die jeder Pfarrer zu beantworten hatte, z.B. „ob
die predicanten mes halten werden“.
14 U.a. benutzte er als Argumentationshilfe das Verhalten
Herzog Ulrichs von Württemberg, dessen Interimsman-

dat (vgl. Teil Württemberg Text Nr. 18) er als württem-
bergischer Amtmann kannte. Dieses übersandte er dem
Grafen Friedrich - allerdings ohne Erfolg. Vgl. Frank,
Interim, S. 218.
15 Ihm folgte von den oben genannten nachweislich auch
Simon Schelling, der von 1550 bis zu seinem Tode 1552
als Pfarrer im hanau-lichtenbergischen Ernolsheim (El-
saß) belegt ist, vgl. Bopp, Die evgl. Geistlichen II,
S. 472; Kiefer, Pfarrbuch, S. 65. Die übrigen Pfarrer
haben vielleicht erst 1559 das Land verlassen, vgl.
Asch, Verwaltung, S.27.
16 Mathäus Musler, aus Straßburger Patriziat geb. 1497,
seit 1535 Amtmann der Ortenau, seit 1545 zugleich nas-
sauischer Amtmann des Badisch-Saarbrückischen Kon-
dominates Lahr-Mahlberg, verlässt mit dem Verlust der
Ortenau 1551 den fürstenbergischen Dienst; gest.
12.12.1581.
17 Vgl. Thoma, Kirchenpolitik, S. 44.
18 Vgl. ebd., S. 77f.
19 Vgl. ebd., S. 74f.
20 Vgl. Asch, Verwaltung, S. 26f.

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