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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (16. Band = Baden-Württemberg, 2): Herzogtum Württemberg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.30655#0697
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Kirchenordnung 1560

versenckhen. Demnach so wellen Euer Liebden fleis-
sig uffmerckhens und achtung daruf geben und sich
vleissig, damit sy nicht schuldig werden an dem leib
und blut des herren Christi, darvor hüten lernen:
|68v|
1. Verbannet, ja von gott verflucht sind alle solche
Christen, die den tauff haben empfangen und sich
Christen menschen lassen nennen und doch nichts
von Christo noch seinem Evangelio wissen, noch
fleis haben, das selbige zu heren und zu lernen, vil-
weniger ernst und fürsatzes halben Christlich dar-
nach zu leb[en]v sondern vil mer gott und seinem
h[eiligen] wort und willen widerstreben. Als da sindt
alle offentliche Götzendiner und Abgötterer, Zau-
berer, schwartzkünstler, warsager, Christalseher,
Schetzgreber, Bockhs Reuther, Mantelfahrer,
wünschrüther, Milchdieb, hexen, unholden, Schlan-
genbaner und teufelsbeschwerer, desgleichen |69r|
alle die Jenigen, so sich selbs und ire Kinder, auch
ire vihe, haus, hoff, nahrung und vermegen mit be-
stimbten aberglaubischen gebetlin, brieffen, zai-
chen, brot und kreutern für wolfen, Eisen, waffen,
feuer, wasser, hagel, ungewitter und anderm un-
glückh segnen und beschweren. So dan auch alle zai-
chendeuter und tagwehler sampt denen, so all ir wi-
derwertigkait aus lauter ungedult allein dem teufel
und besen leuten zu schreiben und bey den warsa-
gern und alten teufelshuren ratts fragen, hilff und
trost suchen und alles ires gotts und glaubens ver-
geßen und verleugnen, all ir hoffnung, vertrauen
und |69v| zuversicht gegen irem Schepffer, erleser,
hailland und seligmacher falen laßen oder sonst alzu
hoch Gott versuchen und als verzweifelte waghelße
in unnöttige fahr leibs und der seelen sich steckhen,
welche alle aintweders mit dem besen gaist in bindt-
nis stehen und verpflichtet, under ainer deckh mit
im ligen oder aber sonst zu getrewehen (aber, o gott,
wie besen, schröcklichen und inen überaus schlagen-
den) dinsten wilfarig und demnach die feindt
menschliches geschlechts nicht wenig zu gethan und
verwandt, billich in eine zunfft gerechnet werden,
v Durch die Buchbindung unleserlich.
w Durch die Buchbindung unleserlich.
x Durch die Buchbindung unleserlich.

als die nichts nach gott, nach seinen geboten fragen.
|70r|
2. Verbannet und vermaledeyet von gott sind alle
die, so gottes h[eiligen] Namen mit falscher lehr oder
gottloßem leben unehren und mit leichtfertigem
fluchen und schweren, aberglauben und Aposteutz-
lerey107 schendtlichen mißbruchen, als da sind alle
gottlesterer, Mainaidige, trewlose, gelübdbrüchige,
Segensprecher und unnütze meuler, so fast ire des
dritten worts gottes h[eilige] Sacramenta und Ele-
menta (deren wir doch weder zum zeitlichen noch
ewigen leben nicht ein augenblickh entratten kön-
nen), aller tröstliches leiden, haylsame Marter und
costbarlichen wunden und blutigen Schwais, dar-
durch uns an leib und seel vonn des teufels |70v| reich
und gewalt allen geholfen, uff irer verfluchten zun-
gen sitzen haben. Sampt allen denjenigen, so sollich
grewlich fluchen und lestern mit der hechsten May-
estat heren und laiden kinnden, das sys ni[t]w bere-
den noch einsehens haben, damit solichs gestrafft
und abgeschafft werde, sonder vil mer dran gefallen
tragen und also aus gott und Christi verdinst einen
scherz und Spot treiben.
3. Verbannet, verflucht und vermalledeyt sein alle
halsstarrige, verstockhte, mutwillige verechter, ver-
spötter, undertruckher und verfolger göttliches
worts und dessen getrewen |71r| diner, so alle war-
nung und vermanung in wind schlagen und zu einem
ohr ein und zum andern widerumb aus gehn lassen.
Auch in glaubens sachen sich mit gottes wort nicht
wollen weisen und berichten lassen, zusampt denen,
so gottes gebottnen Sabbat tag mit faulentzen und
Müssiggang oder sonsten flaischlicher wollust als
schwelgen, fressen, sauffen, jagen, spilen, tantzen,
unzucht oder aber weltlicher geschefft verrichten
und ußwartung irer handtarbait enthailigen und
zubringen, darneben die hailsame predig, Gottes se-
ligmachendes Evangelium |71v| versaumen und auch
wol and[ere]x mit sich davon abhalten und also mit
grossem Ergernus viler frommer und merckhlicher
107 Apostützlerei = Aberglaube, vgl. Grimm, DWb 1, Sp.
537f.

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