421. Ordnung der Lateinschulen 1559
Uber die tägliche übung des Catechismi in prima
et secunda Classe soll derselb am Freitag zu gewis-
ser Stund durchauß in der gantzen Schul examiniert
werden, wie es |cxxxiiir | in der Kirchenordnung78
steet, in den zweien ersten Classibus Teutsch, in den
andern Lateinisch.
Sambstags vor Mittag soll der Praeceptor das
Sonntäglich Evangelium graece und latine nach ge-
legenheit der Classium interpretiern.
Freytag und Sambstag sollen jedes diser beider
Täg die Knaben mit Kirchengesängen teutscher und
lateinischer Sprach geübt werden, wölches von den
geringen Schulen79 zuversteen ist. Aber in un-
serng Stetten Stutgarten und Tübingen bey der par-
ticular Schul und sonst, wa die Schulen groß und
den ordenlichen Lectionibus nit verhinderlich,
möchten alle Tag vor der ersten Lection nach Mit-
tag zeit ein vierteil Stund die Knaben in der Music
underricht, Doch das die Praecepta gantz kurtz
unnd fürnämlich nach notwendigen gegebnen prae-
ceptis usus getriben werd.
Am Sambstag zur Vesper, so man das erst mal
leutet, sollen alle Knaben züchtig zuo der Schuol kom-
men, ein jeder sein Psalmenbüchlin mit sich brin-
gen, auff das, so man zusamen leuttet, sie in der
Proceß zu Chor80 mit einander gehn mögen. Deß-
gleichen soll am Sontag und Feiertag zur Morgen-,
Mittag- oder Vesper Predig auch gehandelt werden,
und die Praeceptores sich mit dem Gesang unserb
Kirchenordnung81 nach halten.
Am Freytag oder andern Tägen, da jedes Orts
die Letaney gehalten würdt, soll die gantz Schuol zuo
der Predig und Letaney fleissig kommen. Aber an
den vier Tagen nach dem Sontag, an wolchen weder
Vesper noch Leta-| cxxxiiib | ney gehalten würt, sol-
len an denen orten, da teutsche Schulen neben den
latinischen seind, die teutsche Schulmeister mit den
teutschen Knaben das Kirchengesang verrichten.
g Separatdruck 1559: den
h Separatdruck 1559: der.
i KO Württemberg 1582: würdt (wolches dann die Prae-
ceptores nit unterlassen sollen).
j-j Separatdruck 1559: soll.
k KO Württemberg 1582: die.
l Fehlt KO Württemberg 1582.
An wolchen orten aber Latinisch und Teutsch von
einem Schulmeister geleret würdt, soll der Meßner
desselbigen orts mit den Knaben, so Teutsch lernen,
an den vorgemelten Tagen das Gesang versehen, da-
mit der Schulmeister mit den latinischen Knaben
unverhindert hiezwischen in seiner übung möge für-
farn.
Es soll auch der Praeceptor gut acht haben, das
die Kinder in der Kirchen züchtig seien und der Pre-
dig fleissig zuhören, Damit, so man sie nach der Pre-
dig examiniern würdt1, was sie darauß behalten ha-
ben, wissen zuerzölen.
Von der Disciplin und Zucht
Der Gottseligkeit volgt auch die eusserlich Disciplin
und Zucht der Knaben, wölche von dem heiligen
Geist auch fleissig zupflantzen gebotten ist. Derhal-
ben jwöllen wir, dasj dieselbig ernstlich getriben, da-
mit die Jugent nicht wie das Vich one alle Zucht
erzogen werde laut des Spruchs: Die Wort, die ich
dir heut gebeut, solt du deinen Kindern scherpffen
etc.82 Dann wa Gottsforcht bey einem Kind ist, als-
bald findt sich auch bey ime die Zucht. Darumb sol-
len nit allein die Schulmeister, sonder auch die El-
tern oder derk jenigen, denen ire Eltern entfallen,
verordnete Vormünder fleissigs und ernstlichs auff-
sehens haben, das die Kinder, dieweil siel noch zart
und zubiegen seind, zu aller erberkeit und guten Sit-
ten gezogen werden und zur Schul, Kirchen, auff
| cxxxiiiia | der Gassen, in iren Heusern unnd an allen
orten gutten Wandel füren.
Wa aber Eltern oder Vormünder weren, die auß
unverstand, Farlässigkeit oder Halßstarrigkeit irer
Kinder, die sie zur Schul verordnet, und sonderlich,
die mit der zeit in das Paedagogium, Closterschulen
oder Stipendium zubringen gedencken, nit achten,
dieselben mit der Zucht versaumen unnd nit, wie sie
78 Sehling, EKO XVI, S. 239f., 243-246.
79 Kleine Schulen in den Landstädten und Dörfern.
80 In Prozession in den Chor der Kirche einziehen.
81 Siehe Sehling, EKO XVI, S. 265.
82 Dtn 6,6-7.
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Uber die tägliche übung des Catechismi in prima
et secunda Classe soll derselb am Freitag zu gewis-
ser Stund durchauß in der gantzen Schul examiniert
werden, wie es |cxxxiiir | in der Kirchenordnung78
steet, in den zweien ersten Classibus Teutsch, in den
andern Lateinisch.
Sambstags vor Mittag soll der Praeceptor das
Sonntäglich Evangelium graece und latine nach ge-
legenheit der Classium interpretiern.
Freytag und Sambstag sollen jedes diser beider
Täg die Knaben mit Kirchengesängen teutscher und
lateinischer Sprach geübt werden, wölches von den
geringen Schulen79 zuversteen ist. Aber in un-
serng Stetten Stutgarten und Tübingen bey der par-
ticular Schul und sonst, wa die Schulen groß und
den ordenlichen Lectionibus nit verhinderlich,
möchten alle Tag vor der ersten Lection nach Mit-
tag zeit ein vierteil Stund die Knaben in der Music
underricht, Doch das die Praecepta gantz kurtz
unnd fürnämlich nach notwendigen gegebnen prae-
ceptis usus getriben werd.
Am Sambstag zur Vesper, so man das erst mal
leutet, sollen alle Knaben züchtig zuo der Schuol kom-
men, ein jeder sein Psalmenbüchlin mit sich brin-
gen, auff das, so man zusamen leuttet, sie in der
Proceß zu Chor80 mit einander gehn mögen. Deß-
gleichen soll am Sontag und Feiertag zur Morgen-,
Mittag- oder Vesper Predig auch gehandelt werden,
und die Praeceptores sich mit dem Gesang unserb
Kirchenordnung81 nach halten.
Am Freytag oder andern Tägen, da jedes Orts
die Letaney gehalten würdt, soll die gantz Schuol zuo
der Predig und Letaney fleissig kommen. Aber an
den vier Tagen nach dem Sontag, an wolchen weder
Vesper noch Leta-| cxxxiiib | ney gehalten würt, sol-
len an denen orten, da teutsche Schulen neben den
latinischen seind, die teutsche Schulmeister mit den
teutschen Knaben das Kirchengesang verrichten.
g Separatdruck 1559: den
h Separatdruck 1559: der.
i KO Württemberg 1582: würdt (wolches dann die Prae-
ceptores nit unterlassen sollen).
j-j Separatdruck 1559: soll.
k KO Württemberg 1582: die.
l Fehlt KO Württemberg 1582.
An wolchen orten aber Latinisch und Teutsch von
einem Schulmeister geleret würdt, soll der Meßner
desselbigen orts mit den Knaben, so Teutsch lernen,
an den vorgemelten Tagen das Gesang versehen, da-
mit der Schulmeister mit den latinischen Knaben
unverhindert hiezwischen in seiner übung möge für-
farn.
Es soll auch der Praeceptor gut acht haben, das
die Kinder in der Kirchen züchtig seien und der Pre-
dig fleissig zuhören, Damit, so man sie nach der Pre-
dig examiniern würdt1, was sie darauß behalten ha-
ben, wissen zuerzölen.
Von der Disciplin und Zucht
Der Gottseligkeit volgt auch die eusserlich Disciplin
und Zucht der Knaben, wölche von dem heiligen
Geist auch fleissig zupflantzen gebotten ist. Derhal-
ben jwöllen wir, dasj dieselbig ernstlich getriben, da-
mit die Jugent nicht wie das Vich one alle Zucht
erzogen werde laut des Spruchs: Die Wort, die ich
dir heut gebeut, solt du deinen Kindern scherpffen
etc.82 Dann wa Gottsforcht bey einem Kind ist, als-
bald findt sich auch bey ime die Zucht. Darumb sol-
len nit allein die Schulmeister, sonder auch die El-
tern oder derk jenigen, denen ire Eltern entfallen,
verordnete Vormünder fleissigs und ernstlichs auff-
sehens haben, das die Kinder, dieweil siel noch zart
und zubiegen seind, zu aller erberkeit und guten Sit-
ten gezogen werden und zur Schul, Kirchen, auff
| cxxxiiiia | der Gassen, in iren Heusern unnd an allen
orten gutten Wandel füren.
Wa aber Eltern oder Vormünder weren, die auß
unverstand, Farlässigkeit oder Halßstarrigkeit irer
Kinder, die sie zur Schul verordnet, und sonderlich,
die mit der zeit in das Paedagogium, Closterschulen
oder Stipendium zubringen gedencken, nit achten,
dieselben mit der Zucht versaumen unnd nit, wie sie
78 Sehling, EKO XVI, S. 239f., 243-246.
79 Kleine Schulen in den Landstädten und Dörfern.
80 In Prozession in den Chor der Kirche einziehen.
81 Siehe Sehling, EKO XVI, S. 265.
82 Dtn 6,6-7.
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