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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0050
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Grafschaft Hanau-Lichtenberg

chismus besaß, mußte man auf ein anderes Werk zurückgreifen. Hierbei entschied man sich nun aber nicht
für Bucers erst 1543 gedruckten „Kürtzer[n] Catechismus“, sondern für den einfacher gestalteten „Kleinen
Katechismus“ Martin Luthers. Bis zur Kirchenordnung von 1573 blieb die sogenannte „Kölnische Refor-
mation“ der Leitfaden für die Kirche der Grafschaft.
2. Verpflichtung der Geistlichen zur Teilnahme an der ersten Synode, [14. Mai] 1545 (Text S. 39)
Am 14. Mai 1545 lud Philipp IV. alle Geistlichen seiner Grafschaft für den Donnerstag nach Pfingsten zu
einer Synode nach Buchsweiler ein. Den Entwurf für das Einladungsschreiben formulierte Pantaleon Bla-
sius, der von Martin Bucer am 28. März 1545 nach Buchsweiler entsandt worden war47. Pantaleon Blasius
kam aus Schlesien und hatte in Löwen studiert. In Mömpelgard (Montbéliard) war er 1543-1545 Prediger
der deutschen Gemeinde gewesen. In seinem Brief an den Grafen betonte Bucer, Blasius habe für sein
Engagement in der Grafschaft gute Angebote aus Württemberg und Donauwörth ausgeschlagen. Graf
Philipp IV. ordnete Blasius als Superintendenten nach Pfaffenhofen (östlich von Buchsweiler gelegen) ab;
dort war er bis 1549 tätig. Im Anschluß wurde er Pfarrer in dem zu Straßburg gehörenden Dorf Dorlis-
heim48; 1554 erhielt er einen Ruf als Superintendent nach Kaiserslautern, 1556 dann an die Barfüßerkirche
in Heidelberg (Blasius gehörte zu den von Kurfürst Friedrich III. entlassenen lutherischen Geistlichen)49.
An der Synode in Buchsweiler nahmen insgesamt 21 Pfarrer teil (drei Viertel der hanau-lichtenbergi-
schen Geistlichen). Pantaleon Blasius hielt die Eröffnungspredigt über das Amt und die Pflichten eines
Pfarrers. Nach der Predigt wurden die Geistlichen auf das Rathaus bestellt, wo ihnen der Amtmann Johan-
nes Knobel und der Sekretär Johannes Fleischbein den Zweck der Synode erläuterten und sie zum Gehor-
sam gegenüber Blasius ermahnten, der die Teilnehmer der Synode über die künftige Lehre und die Ver-
waltung der Sakramente unterrichten sollte. Jeder Teilnehmer der Synode erhielt ein Exemplar von Bucers
„Einfaltigs Bedencken“.
Neben Groscher und den beiden Straßburgern Pflüger und Söll erklärten während der Synode noch fünf
Geistliche ihre Zustimmung zur evangelischen Lehre. Sieben weitere baten um eine zweimonatige Bedenk-
zeit, die ihnen auch gewährt wurde. Danach scheinen sich jedoch nur der Pfarrer von Niederbetschdorf und
der von Rittershofen für die Reformation entschieden zu haben. Die übrigen sechs Geistlichen hatten noch
auf der Synode erklärt, bei der alten Lehre bleiben zu wollen50.
3. Eheordnung, 2. April 1565 (Text S. 40)
Wie in anderen Gebieten wurde auch in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg schon bald nach der Einführung
der Reformation eine Eheordnung erlassen. Eine erste, aus dem Jahr 1555 stammende Ordnung scheint
nicht mehr erhalten zu sein; sie findet jedoch Erwähnung in der Vorrede der 1565 erlassenen ,,Neuwe[n]
Ordnung wider die heimlichen Eheverlobnüssen, und das sich keiner ihrer gnaden underthanen in denen
darinn erzelten verpotnen graden der Blutfreündtschafft und Schwagerschafft verheurathen soll“51. Dem
Titel entsprechend, behandelt diese Eheordnung zunächst die ohne Zustimmung der Eltern oder Vormünder
abgeschlossenen Verlöbnisse. Solche Verbindungen werden für ungültig erklärt und sollen nicht mehr abge-

47 Schreiben Bucers an Graf Philipp IV. vom 28. März
1545 (masch. Rott).
48 In Dorlisheim war bereits Mitte der zwanziger Jahre die
Reformation eingeführt worden. Vgl. Adam, Kirchen-
geschichte Elsaß, S. 42-47. In die Dorlisheimer Zeit fällt
auch die Vermählung mit der Köchin des Präsidenten
des Straßburger Kirchenkonvents Johannes Marbach.

49 Vgl. Bopp, Geistliche, Nr. 432; Biundo, Geistliche,
Nr. 408.
50 Darstellung des Verlaufs der Synode nach Röhrich,
Mittheilungen 2, S. 72ff.
51 Die „Neuwe Ordnung“ wurde zwar in Straßburg
gedruckt, steht aber in keinem Zusammenhang mit dem
dort im gleichen Jahr erlassenen „Decret, die Ehe belan-
gend“ (Sehling, EKO XX,1, Nr. 48, S. 478f.).

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