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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0083
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6. Kirchenordnung 1573

Allmechtiger Gott und Vater unsers lieben
Herrn Jhesu Christi, der du diß Kind durchs wasser
und Heiligen Geist anderweit geboren121 und ihm
alle sein Sünd vergeben hast, sterck es nun mit dei-
ner gnaden, mehre in im deinen Heiligen Geist, das
es an Leib und Seel seliglich auffwachse und in dem
newen Göttlichen leben, darzu du es new geboren
hast, zuneme. Und gib seinen Eltern und uns allen,
daß wir dir hiezu an disem Kind getrewlich und se-
liglich dienen, damit auch durch es und uns alle dein
Göttlicher Name immer mehr geheiliget und dein
Reich erweitert werde122, durch unsern Herren Jhe-
sum Christum, Amen.

Und zum beschluß sage er:
Der frid des Herren sei mit dir und mit uns allen,
Amen.
Würden aber die Leut, so das Kindlein zum Tauff
bringen, auff des Kirchendieners frag ungewisse ant-
wort geben und sagen, sie wüsten nit, was sie in sol-
cher not und schrecken gedacht, viel weniger (wie
denn offtermals geschicht), was sie geredt oder ge-
thon hetten, So mach man nur nicht viel dispu-
tirens, sondern tauff es ohn meldung einicherley
Condition obgeschriebner ordnung gemeß, wie alle
andere ungetauffte Kinder getaufft werden. |34|

V. Von dem Nachtmal des Herren123

Je ernstlicher unser lieber Herr Jhesus Christus sein
Nachtmal gestifft und verordnet hat und je heiliger
und nützlicher es ist, je124 schwerer, grewlicher irr-
thumb und mißbrauch durch den Satan drein gefürt
worden sein: Dann auff einer seiten ist es nicht ein
außteilung des verordneten Nachtmals Christi
blieben, sondern ist zu einem schawspiel und für-
nemlich dahin mißbraucht worden, daß es sol seines
wercks halben ein versön Opffer sein für die Sünde
der lebendigen und der todten, Auff der andern sei-
ten ist es dahin gedeutet, alß ob darinnen der war-
hafftig Leib und das warhafftig Blut Christi nit
gegenwertig außgeteilt würde125. Darumb, so man
von dem heiligen Nachtmal Christi handlen wil, sol
man sich anfencklichen fleißigen, daß hievon recht
gelehrt und geglaubet, darnach, das es ordentlich
und der Kirchen nützlich außgeteilt und empfangen
werde.
So viel nun die Lehr von dem Sacrament des Nacht-

mals belangt, wöllen wir, daß dieselbig stracks126
nach vermög des Worts Christi im Nachtmal, wie
solchs in der Augspurgischen Confeßion erkläret,
gerichtet werde, Nemlich, das in dem Nachtmal
Christi der Leib und das Blut Christi war-I35| haff-
tiglich und gegenwertigklich mit Brot und Wein
außgeteilt, empfangen und genossen werde127.
So viel aber die ordnung der außteilung desselben
belanget, sol dise nachgeschribne form gehalten wer-
den:
Zum ersten sol man das Nachtmal halten auff
Weyhenachten, Palmsontag, Grünen Donnerstag,
Ostern, Pfingsten und auff einen gelegnen Sontag
vor oder nach Michaelis128.
Zum andern, wenn man das Nachtmal wil hal-
ten, so sol man solches acht tag zuvor von dem Pre-
digstul dem Volck anzeigen und das zuoempfahen die
Zuhörer vermanen.

121 Vgl. Joh 3,5.
122 Vgl. Mt 6,9-10.
123 Die ersten beiden Abschnitte der Einleitung in das
Abendmahl entstammen der württembergischen Kir-
chenordnung von 1553, Sehling XVI, S. 251.
124 Zu je [...] je im Sinne von „je [...] desto“ s. FWb 8,
Sp.342.

125 Die Kirchenordnung hebt hier auf die katholische (auff
einer seiten) und die reformierte Abendmahlslehre (auff
der andern seiten) ab.
126 Genau.
127 Zum Wortlaut von Art. 10 der Confessio Augustana s.
BSLK, S. 64.
128 29. September.

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