Herrschaft Rappoltstein
glaubens der frantzösischen gemein zu Marienkürch im Leberthall“ befindet sich hingegen im Bestand AD
Haut-Rhin 1 E 83 / 157. Bei ihr fehlen aber das Ende des Art. 7, die Art. 8-13 vollständig sowie der Anfang
von Art. 14. Die Sprache des Textes wirkt teilweise unbeholfen; die theologischen Kenntnisse des Schreibers
waren wohl auch eher begrenzt56. Die beiden deutschen Fassungen sind von Muhlenbeck nebeneinander
abgedruckt worden57. Deshalb soll hier, trotz der zahlreichen Verlesungen Muhlenbecks, auf ihre Edition
verzichtet und nur der lateinische Text wiedergegeben werden58.
Im Vorwort betont Marboeuf die Notwendigkeit für die französische Gemeinde, angesichts des Auftre-
tens der zahlreichen Sekten ein Bekenntnis ihres Glaubens abzugeben und damit den gegen sie erhobenen
Vorwürfen entgegenzutreten. Das Bekenntnis selbst umfaßt insgesamt 51 Artikel: Die Art. 1-20 behandeln
die allgemeinen Lehren von Gott, von Christus und seinen beiden Naturen, vom Sündenfall, von der
Erwählung, vom Glauben und den Werken. Den Abschluß dieses Abschnitts bildet in Art. 20 eine Aufzäh-
lung der zu verwerfenden Gewohnheiten der alten Kirche, wie die Verehrung der Heiligen, die Gelübde und
Wallfahrten, der Zölibat, die Speisegebote, das Gebet für Verstorbene und die Ohrenbeichte. Der zweite und
gleichzeitig umfangreichste Teil des Bekenntnisses (Art. 21-45) behandelt die Kirche und die Sakramente.
Die Predigt des Wortes und die Verwaltung der Sakramente gehören ausschließlich in die Hände der
gewählten Prediger. Die Sakramente werden als Versicherung und Versiegelung der Verheißung von Gottes
Gnade in Christus verstanden. Die Taufe (Art. 25-29) und das Abendmahl (Art. 30-39) sollen nur den
Gläubigen gespendet werden. Besonders hervorgehoben ist die Bedeutung der Kirche. Im Anschluß an
Art. 7 der Confessio Augustana wird sie als die Versammlung der Gläubigen verstanden, in der das Evan-
gelium rein gepredigt und die Sakramente entsprechend der Schrift ausgeteilt werden. Wer sich von dieser
Kirche löst, trennt sich von Christus. Die Betonung der Unverzichtbarkeit der Kirchenzucht leitet über in
den kurzen dritten Teil des Bekenntnisses (Art. 46-50) mit Ausführungen über die Obrigkeit und die Ehe.
Da sich die deutsche Gemeinde und ihr Pfarrer Hoger an den einflußreichen Präsidenten des Straßbur-
ger Kirchenkonvents Johannes Marbach09 gewandt hatten, reiste Marboeuf persönlich nach Straßburg und
legte Marbach und den anderen Mitgliedern des lutherisch geprägten Kirchenkonvents60 das Bekenntnis
der französischen Gemeinde zur Prüfung vor. Marbach meinte im Bekenntnis eine phrasim Genevensem zu
verspüren. Konkret kritisierte er die Artikel über die Prädestination, die Ablehnung der Nottaufe und den
Ausschluß der Ungläubigen vom Abendmahl61.
5. Presbyteriumsordnung, [1558 / 1559] (Text S. 123)
Ein Merkmal der reformierten Kirchen ist die presbyterial-synodale Kirchenverfassung. Hierbei liegt die
Leitung der Kirche bei einem kollegial zusammengesetzten Gremium, in welchem Theologen und Nicht-
Theologen gleichberechtigt miteinander beraten. Das Presbyterium (im Französischen: le consistoire) trägt
die Verantwortung für die schriftgemäße Verkündigung, für die Versorgung der Armen und für die Kir-
chenzucht der Gemeinde. Als biblische Legitimation dient häufig die Perikope über die Zurechtweisung und
das Gebet in der Gemeinde aus Mt 18,15-20. Die systematischen Grundlagen gehen auf die Ämterlehre
Johannes Calvins zurück, die ihren Niederschlag u.a. in der Genfer Kirchenordnung von 1541 gefunden
hat62.
Die kurze, in französischer Sprache abgefaßte Satzung für das Presbyterium der französischen
Gemeinde im Lebertal dürfte von Pierre Marboeuf wohl nicht lange Zeit nach dem Bekenntnis (Nr. 4) in
56 Vgl. Magdelaine, Confession, S. 329.
57 Muhlenbeck, Histoire, S. 450-465.
58 Eine französische Übersetzung findet sich in Mag-
delaine, Confession, S. 338-346.
59 Zu ihm s. Sehling, EKO XX,1, S. 373, Anm. 1 und
passim.
60 Vgl. ebd., S. 85-87.
61 Vgl. Calvin, Opera 18 (CR 46), Nr. 3214, Sp. 109f.
62 Vgl. TRE 27, S. 331-334 und TRE 2, S. 568-572.
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glaubens der frantzösischen gemein zu Marienkürch im Leberthall“ befindet sich hingegen im Bestand AD
Haut-Rhin 1 E 83 / 157. Bei ihr fehlen aber das Ende des Art. 7, die Art. 8-13 vollständig sowie der Anfang
von Art. 14. Die Sprache des Textes wirkt teilweise unbeholfen; die theologischen Kenntnisse des Schreibers
waren wohl auch eher begrenzt56. Die beiden deutschen Fassungen sind von Muhlenbeck nebeneinander
abgedruckt worden57. Deshalb soll hier, trotz der zahlreichen Verlesungen Muhlenbecks, auf ihre Edition
verzichtet und nur der lateinische Text wiedergegeben werden58.
Im Vorwort betont Marboeuf die Notwendigkeit für die französische Gemeinde, angesichts des Auftre-
tens der zahlreichen Sekten ein Bekenntnis ihres Glaubens abzugeben und damit den gegen sie erhobenen
Vorwürfen entgegenzutreten. Das Bekenntnis selbst umfaßt insgesamt 51 Artikel: Die Art. 1-20 behandeln
die allgemeinen Lehren von Gott, von Christus und seinen beiden Naturen, vom Sündenfall, von der
Erwählung, vom Glauben und den Werken. Den Abschluß dieses Abschnitts bildet in Art. 20 eine Aufzäh-
lung der zu verwerfenden Gewohnheiten der alten Kirche, wie die Verehrung der Heiligen, die Gelübde und
Wallfahrten, der Zölibat, die Speisegebote, das Gebet für Verstorbene und die Ohrenbeichte. Der zweite und
gleichzeitig umfangreichste Teil des Bekenntnisses (Art. 21-45) behandelt die Kirche und die Sakramente.
Die Predigt des Wortes und die Verwaltung der Sakramente gehören ausschließlich in die Hände der
gewählten Prediger. Die Sakramente werden als Versicherung und Versiegelung der Verheißung von Gottes
Gnade in Christus verstanden. Die Taufe (Art. 25-29) und das Abendmahl (Art. 30-39) sollen nur den
Gläubigen gespendet werden. Besonders hervorgehoben ist die Bedeutung der Kirche. Im Anschluß an
Art. 7 der Confessio Augustana wird sie als die Versammlung der Gläubigen verstanden, in der das Evan-
gelium rein gepredigt und die Sakramente entsprechend der Schrift ausgeteilt werden. Wer sich von dieser
Kirche löst, trennt sich von Christus. Die Betonung der Unverzichtbarkeit der Kirchenzucht leitet über in
den kurzen dritten Teil des Bekenntnisses (Art. 46-50) mit Ausführungen über die Obrigkeit und die Ehe.
Da sich die deutsche Gemeinde und ihr Pfarrer Hoger an den einflußreichen Präsidenten des Straßbur-
ger Kirchenkonvents Johannes Marbach09 gewandt hatten, reiste Marboeuf persönlich nach Straßburg und
legte Marbach und den anderen Mitgliedern des lutherisch geprägten Kirchenkonvents60 das Bekenntnis
der französischen Gemeinde zur Prüfung vor. Marbach meinte im Bekenntnis eine phrasim Genevensem zu
verspüren. Konkret kritisierte er die Artikel über die Prädestination, die Ablehnung der Nottaufe und den
Ausschluß der Ungläubigen vom Abendmahl61.
5. Presbyteriumsordnung, [1558 / 1559] (Text S. 123)
Ein Merkmal der reformierten Kirchen ist die presbyterial-synodale Kirchenverfassung. Hierbei liegt die
Leitung der Kirche bei einem kollegial zusammengesetzten Gremium, in welchem Theologen und Nicht-
Theologen gleichberechtigt miteinander beraten. Das Presbyterium (im Französischen: le consistoire) trägt
die Verantwortung für die schriftgemäße Verkündigung, für die Versorgung der Armen und für die Kir-
chenzucht der Gemeinde. Als biblische Legitimation dient häufig die Perikope über die Zurechtweisung und
das Gebet in der Gemeinde aus Mt 18,15-20. Die systematischen Grundlagen gehen auf die Ämterlehre
Johannes Calvins zurück, die ihren Niederschlag u.a. in der Genfer Kirchenordnung von 1541 gefunden
hat62.
Die kurze, in französischer Sprache abgefaßte Satzung für das Presbyterium der französischen
Gemeinde im Lebertal dürfte von Pierre Marboeuf wohl nicht lange Zeit nach dem Bekenntnis (Nr. 4) in
56 Vgl. Magdelaine, Confession, S. 329.
57 Muhlenbeck, Histoire, S. 450-465.
58 Eine französische Übersetzung findet sich in Mag-
delaine, Confession, S. 338-346.
59 Zu ihm s. Sehling, EKO XX,1, S. 373, Anm. 1 und
passim.
60 Vgl. ebd., S. 85-87.
61 Vgl. Calvin, Opera 18 (CR 46), Nr. 3214, Sp. 109f.
62 Vgl. TRE 27, S. 331-334 und TRE 2, S. 568-572.
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