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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0147
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6. Bericht des Predigers Pierre Marboeuf über die Lehre der französischen Gemeinde [1560]

Gottes nicht verstehen will, würdt für gottloß ge-
haltenn.
Unnd letstlich, damitt inn dieser lehr von der ewi-
gen wall Gottes nichts zweiffelhafftigs bleibe, so
schliesse ich, das der glaub unnd unglaub under den
erwelten unnd verworffenen unnd dern wercken die
walle selbst macht, also das sich ein jeder mitt disem
eintzigen zeichen der erwöllung solle benügenn las-
senn26, das alle, die an den sohn Gottes glauben, das
ewig lebenn haben27. Dann die erwölung des jheni-
gen, so inn Christo eingepflantzet ist unnd inn mitt
warem glauben ergreifft, der auch seine stim hörett
unndt ihr nachfolget28, ist mitt disem allein genug-
sam bewisen, da Christus selbst spricht, diser seye
vonn aller gefar der verstossung unndt verdamnuß
entlediget29. |
[5.] Weitter lehre ich auch die krafft unnd aigen-
schafft des glaubens. Daher erfordere ich die guotte
werckh als frücht dieser wurtzel30, jedoch nicht an-
dere dan die, so vonn Gott gebottenn seind, das wir
in denselben wandlen. Dann darumb seind wir er-
schaffen inn Christo Jhesu durch den heilligenn
geist. Wir sollenn aber auff keinerley weiß unser
vertrauwen auff unser eigen werckh als ein ursach
unsers heils setzenn, dann sie der herr nicht umb
dern ursachen willenn vonn uns erfordertt, sonder
allein zum lob seiner eheren unnd gnade, unnd
nimpt dieselbige auff31 gleich als ein gehorsam seiner
gleubigenn.
Dann das seind allein guotte werckh, die auß dem
glauben entspringen, welcher nie müssig ist. Und
herwiderumb, was nicht vonn dem glauben her-
kompt, ob es gleich woll ein schein der heilligkeitt

26 Sich zufrieden geben, s. FWb 3, Sp. 1319f.
27 Joh 3,15-16.
28 Vgl. Joh 10,27.
29 Vgl. Joh 5,24 und Nr. 4, Art. 11.
30 Vgl. Nr. 4, Art. 16.
31 Anerkennt, s. FWb 2, Sp. 569.
32 Röm 14,23.
33 Vgl. August. Retract. XXIII (Expos. quarundam pro-

habe, halte ich mitt Sanct Paulo für sünde32, unnd
sag mitt Augustino, das unser religion die gerechten
vonn den ungerechtenn nicht durch die werckh, son-
deren durch den glaubenn absündere33. Dann die
werckh ohn glauben, die da guott scheinen sein, wer-
den inn sünde verkertt. Unnd daher kumpt, das ich
meine zuhörer selten oder auch nie zu guotten
werckenn vermane (an welchs ich doch alle meine
vermügen streckhe), das34 ich nicht zugleich auff die
lehr des glaubens tringe. Dan, gleich wie ein ange-
zündet feür nicht mag ohn glast35 sein, also ists
unmüglich, das der glaub, so in | unsern hertzen woh-
nett, nicht ohn underlaß guotte werckh unnd früch-
te erfür36 bringe. Dan, wer da sagt, ich kenne Gott,
unnd helt sein gebott nicht, der ist ein lügner37.
[6.] Darnach zeig ich den waren Gottes dienst an
unnd desselben anrüeffung durch Jhesum Christum,
ermane einen yeden zu stetter ertödtigung des flei-
sches und underweise vonn christlichen sitten, wie
sich ein jeder lautt Christi gebott der kirchen un-
derwerffen solle, von nottwendiger bestendigkeitt
biß an todt, vonn vorbereittung zum todt, vonn un-
serm ampt gegen dem nechsten, vonn geduldiger be-
stendigkeitt unnd dem creütz, wie man sich gegenn
feindt unnd freündt haltenn solle, wie unnd wie
fere38 man der oberkeitt gehorchen solle, von dem
ampt der oberkeitt gegenn iren unnderthanen39, von
christlicher aufferziehung der kinder, von ehrlicher
arbeitt, vom müssigang zuvermeiden, von frey-
gebigkeit gegenn den armen unnd, das ichs kurtz
mache, wie sich ein mensch gegenn Gott, gegen fro-
men unnd bösen, danckbar unnd undanckbar, be-
stendig oder unbestendig unnd letstlich gegenn sich
selbst christlich unnd gottselig haltenn solle.

positionum ex epist. ad Romanos 2), (PL 32, Sp. 621,
dazu PL 35, Sp. 2078f.).
34 Wenn, s. FWb 5, Sp. 248.
35 Schein, Licht, s. FWb 6, Sp. 2228f.
36 Hervor, s. Grimm, DWb 3, Sp. 814.
37 1Joh 2,4.
38 Wie weit, s. Grimm, DWb 3, Sp. 1527 (s.v. fer).
39 Zur Obrigkeit vgl. Nr. 4, Art. 46-48.

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