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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0161
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8. Bericht des Predigers Arnaud Banc über die Lehre der Gemeinde [1561]

tige, unware schreckhen nit gehabt dermaßen,
das47 die apostlen unnd ire nachkhomen nit getaufft
haben, allein zur zeit der predig unnd sunderlich
zum cathechißmo, das geordnet war zur instruction
der angeenden unnd newen, der tauf derselbigen
unnd iren kindern. Auch waren etliche eigentliche
zeit gesetzt, uf welche man tauffet, als uf den Oster-
tag unnd andere angesetzte feiertag. Unnd ist dißer
brauch nit geendert worden, biß die bäbst zue Rom
haben angefangen, | die klarhait deß evangeliums zu-
verkheren, wie unns die historien deßelben weißen,
anzeigend, das Victor, der erst dißes namens, und
der annder, auch dieses namens, bebst zue Rom, ha-
ben geordnet, das alle menner unnd weiber in der
notdurfft zue aller zeit, an allen orten unnd in allen
waßern tauffen mögen48. Darumb verwerfen wir
diße grewlichait. Unnd haben diße unnßere ordt-
nung aus dem wort Gotes gezogen, unnd wie es die
aposteln gehalten haben, die kleine kinder zue tauf-
fen, uf den geordneten tag der predigt am Sonntag,
Zinstag unnd Dunnerstag. Unnd so man will, das
ich alle tag uf ein eigendtliche stundt predigen unnd
tauffen zur ordnung unnd zucht der kirchen, das
will ich gern thuen. Dann ich beger nur, das man
mich well zu erbawung der kirchen brauchen.
[II.] Item von wegen deß nachtmal deß herren ennt-
pfahen wir, die da wißen die articul deß christlichen
glaubens unnd das gebet unßers herren Jhesu Chri-
sti, unnd underweißen sie, zuleeren49 die gebot
Gotes, uff das sie mögen leben nach seinem willen
unnd sich von aller abgotereien unnd ungerechtick-

47 Da, weil, s. Anm. 29.
48 Woher Bancs Information stammte, daß die beiden Päp-
ste Viktor I. und Viktor II. allen Frauen und Männern
den Vollzug der Nottaufe gestattet hatten, ließ sich nicht
ermitteln (Viktor I., 189-199 n. Chr. Bischof von Rom,
bekämpfte energisch die Lehre des Monarchianismus
und suchte im Osterfeststreit die römische Haltung
durch die Exkommunikation der kleinasiatischen Ge-
meinden [Quartodezimaner] durchzusetzen. Viktor II.,
Gebhard von Eichstätt, wurde 1055 auf den Vorschlag
Kaiser Heinrichs III. zum Papst ernannt; zusammen mit
dem Kaiser strebte er eine gemäßigte Reform der Kirche

hait ennthalten. Ich befrage sie nit subtilliglich50
von den puncten der religion. Ich bemuehe mich der
obgesagten dingen; ich sag inen wol von etlichen
puncten deß sacraments, uf das sie wüßennd die
guthaten, die unns darinnen gegeben sind. | Dann,
ich wais wol etlich under ewerem volckh grob unnd
einfeltig, denen man muß mit sanftmuetickhait ir
schwachait unnd gebresten51 beradten unnd entge-
gen geen, wie ich dann alwegen gethon habe unnd
noch weiters thon will, sovil mir nach dem willen
Gotes müglich sein wurt, sie darmit zue seiner er-
khanndtnus zubringen.
Ich bit aber f[ürstlich] g[naden], das wir mögen das
heilig nachtmal geben uffs nechst, wie es der herr
geordnet hat, uf das ich in der warhait sagen möge
mit Sanct Paul in der 1. Cor. am 11. cap. [23]: Dann
ich hab vom hern entpfangen, was ich euch geben
hab. So ist unns unmüglich, das rund brot, daran
bilder sindt52, unnd in mundt zugeben unnd ohne
brechen zugebrauchen, angesehen, das die evange-
listen unnd Paulus einhelliglichen leeren, das Jhesus
Christus unnd die erst ursprunglich kirch haben das
brot brochen53; auch Luce im geschrift der Apostel
am 2. cap. [42] nennet das hailig nachtmal brot-
brechen.
Das befrembdt unns auch, das der den wein deß
nachtmal gibt, den kelch mit einer hanndtzwe-
len54 hebt. In dem kumbt man der irthumben der
bebstlichen nach, als wann der da wurdig geachtet
wurdt, das nachtmal zuenntpfahen unnd den andren
den wein darreichet, nit guet oder wurdig genug we-

an, † 1057, vgl. LThK3 10, Sp. 767f.; TRE 25, S. 517-530;
Lex. d. MA. 8, Sp. 1665; BBKL 12, Sp. 1337-1339).
49 (Verstehen) zu lernen, s. FWb 9, Sp. 994f.
50 Ins einzelne gehend, s. Grimm, DWb 20, Sp. 827f.
51 Mangel, Gebrechen, vgl. FWb 6, Sp. 305-307.
52 Gemeint sind Hostien mit Bildern (z.B. mit dem Kreuz).
53 Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19 und 1Kor 11,23-24.
54 Handtuch, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 2, S. 925 und
Grimm, DWb 32, Sp. 971. Gemeint ist ein sogenanntes
Kelchtuch oder Purifikatorium, das zum Auffangen von
Tropfen des Weins und zum Auswischen des Kelches
dient.

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