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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0209
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2. Zuchtordnung [1523/1524]

2. Zuchtordnunga
[Ende 1523 / Anfang 1524]1

Dem almechtigen, ewigen Got zu lobe und eeren
und allen Christen zu besserung unnd bekerung Und
sonderlich zu abstellung der grusamen2 offnen laster
des uppigen3 schwerens, zutrinckens und uneelicher
beywohnung, Die bißhar leider in ein gemeynen
bruch und böße gewonheit kommen und zu vil an-
deren lastern ursach geben, Haben wir, Burgermei-
ster und Rate diser statt Mülhusen, nachvolgende
ordnung angesehen, Setzen, meinen und wellend
ouch, das die in unser statt unnd gebiet von menig-
lichem4, in was wirden, stats oder wesens die syen,
niemants ußgenomen, vest und unverbrochenlichen
gehalten werden. Und ob yemants darüber bußwir-
dig erfunden, der oder die selben sollen by nachvol-
genden penen daruff gesetzt on alle gnad gestrafft
werden. Des wellen wir ein yeden mit diser schriffte
offentlich ermanet und für gnugsam gewarnet ha-
ben:
Erstlich, der unzimlichen schwüre und gotzlesterung
halb, setzen und ordnen wir, ob sich hinfür begeben,
das yemants wer, der ein unzimlichen schwur thun
wurde, by dem namen Gots, by synen gliedern, ly-
den, marter, wunden, fleisch, blut, onmacht und
was des glichen ist, so für gotzlesterung mag gerech-

a Textvorlage (Einblattdruck): AM Mulhouse Nr. 3659.
Faksimile des Einblattdrucks in Mieg, Réforme, S. 19.
Abdruck: Graf, Geschichte der Kirchenverbesserung,
S. 20-23; Lutz, Réformateurs 4, S. 37.

1 Die Zuchtordnung selbst ist nicht datiert. Auf dem Um-
schlag, in welchem der Einblattdruck aufbewahrt wird,
findet sich der handschriftliche Eintrag: Mandat Dez.
1523. Daran haben sich Lutz und Mieg orientiert. Der
Eintrag ist jedoch - wohl von einem Archivar - mit ro-
tem Stift durchgestrichen und durch ein o.J. ersetzt wor-
den. Post / Benner, Verzeichnis, S. 220 datieren die
Ordnung auf c. 1524. Die Zuchtordnung ist in der Stel-
lungnahme des Rates zum Gesuch der neuen Zunftmei-
ster von [nach 11. Januar 1524] genannt: des mandats der
schwur, zutrinckens und unelichen bywonung halb
(Nr. 3b).

net werden, nützig ußgenommen, Es sy in zünff-
ten5, würtzshüsern, uff der gassen und an andern
orten, wo das beschicht, so sol der nechst, so das
hörte, er sie, wer er welle, by sinem geschwornen
eyde den selben, so also geschworen, von stund an
ermanen und heissen buß thun. Daruff sol denn der
geschworen hat, zu stund nider knüwen, uffs erdrich
ein crütz machen und das küssen, zu erkantniß, das
er gesündet und wider Got gethan hab. Würd aber
einer solich ermanen verachten und die buß nit
thun, der sol für yeden schwur fünff schilling pfen-
nig zu besserung geben oder in thurn gelegt werden.
Es möcht aber einer so frevenlich schweren und
hierinnen sich so ungebürlich halten, man wurde in
an lybe und gut straffen nach grösse der sachen.
Wir wellen ouch hiemit abgestellet und verbotten
haben das schentlich zutrincken6, daruß vil args
volgt, das niemants, er sie, wer er well, den anderen
zu trincken reitzen sol, Es sy mit manen, wincken,
tüten7, stuffen8 oder andern zeichen, wie das ge-
schehen kan oder mag. Und welcher darüber funden
wirt, dermassen zutrincken oder anreitzend9, Es sy
inn zünfften, wirdtshüßeren oder andern orten in
unser statte und oberkeit, ouch gar niemants ußge-

2 Schlimmen, verheerenden, s. FWb 7, Sp. 335-337.
3 Unnützen, aber auch: sündhaften, s. Grimm, DWb 24,
Sp.2339.
4 Jedermann.
5 Auf den Zunftstuben (s. auch im folgenden Absatz).
6 Der eine begrüßt den anderen mit einem Trunk, den der
andere daraufhin erwidert. Die Gewohnheit artete regel-
mäßig in ein Trinkgelage aus. Vgl. Grimm, DWb 32,
Sp.927.
7 Mit Zeichen geben (s. Lexer 1, Sp. 443; Idiotikon 13,
Sp. 2093).
8 Einen Stoß versetzen (mit der Hand oder dem Ellen-
bogen), um die Aufmerksamkeit zu erregen, s. Wb. d.
elsäss. Mundarten 2, Sp. 609.
9 Dazu anreizend.

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