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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0213
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3b. Stellungnahme des Rates zu den Forderungen der neuen Zunftmeister [1524]

3b. Stellungnahme des Rates zu den Forderungen der neuen Zunftmeistera
[nach 11. Januar 1524]1

Anno etc. XXIIII.
Uff Mentag nach Erhardi sind vor minen herrn, den
reten, erschinen die VI nuwen zunffmeister mit ei-
ner grossen summa burger unnd hindersessen, die
haben anzogen2 der presentz halb, deren sich die
capplan3 sperren, herrn Niclausen4 dem predican-
ten, dem min herrn, die rete, nuwlich ein pfrund
umb predigens willen verlyhen5, zugeben etc., mit
fruntlicher, ernstlicher bit, das min herrn daran sin
und mit den capplanen verschaffen wellen, das sy
ime das geben und volgen lassen, das eim solchen
capplanen vormals zugehert und gegeben ist, damit
er des gotsworts warten6 und predigen möge.

a Textvorlage (Handschrift): AM Mulhouse Nr. 3641
(ohne Blattzählung).

1 Am 11. Januar 1524 waren, wie aus dem Anfang des Do-
kuments hervorgeht, die neuen Zunftmeister mit einem
größeren Anhang vor dem Rat erschienen und hatten
dort ihre Beschwerden vorgebracht. Die Stellungnahme
des Rates muß also nach diesem Termin liegen.
2 Die angeführt haben, in Erinnerung gerufen haben, s.
FWb 1, Sp. 1615f.
3 Die Kapläne an der Pfarrkirche St. Stephan.
4 Nikolaus Pruckner (Prugner), * 1488 in Windsheim,
† 1553 in Tübingen, trat 1512 in Basel in den Orden der
Augustinereremiten ein. 1518 ist er Mitglied des Col-
marer Konvents, 1519 dann des Konvents in Mülhau-
sen, dessen Prior er ein Jahr später wird. Unter Pruck-
ners Priorat kommt es zum Austritt vieler Mönche. Für
eine vom Rat angesetzte Disputation verfaßte er 20 The-
sen; diese erschienen - ergänzt von 18 Thesen Balthasar
Hubmaiers - 1524 unter dem Titel „Acht und dreyssig
schlußreden, so betreffende ein gantz Christlich leben,
waran es gelegen“ (VD 16, P 5157 etc.). Die Unterstüt-
zung der aufständischen Bauern und eine Anklage wegen
Bigamie (Pruckner hatte sich im Dezember 1523 als er-
ster Geistlicher Mülhausens verheiratet) führten im Fe-
bruar 1526 zu seiner Entlassung. Durch die Vermittlung
Bucers und Capitos erhielt er das Pfarramt in Benfeld,
das er wohl bis 1536 innehatte. Danach ist er in Koblenz

Item zum andern, das her Conrat im Tütschen
hofe7 offennlich sy und andere ketzer gescholten, die
wider menschen gesetze und das decret8 reden.
Zum dritten, des nechst uffgeschlagenen mandats
halb, sye inen ganntz wolgefellig, bittend und be-
gerend, das man dem wolle stracks nachgan und die
ubertretter straffen. Darzu wellen sy eim rate mit
lib und gut bystennden und beholfen sin. Unnd man
sol nit so lichtlich nachlassen9 etc., mit mer der-
glichen reden.
Daruff inen geantwort: Des ersten syen min herrn
ondas10 des willen gewesen und noch, mit den cap-

ansässig (bis mindestens 1544, s. MBW, R 4, Nr. 3651).
An der Reformation im Kurfürstentum Köln war er be-
teiligt. In den Jahren 1547-1552 hielt sich Pruckner in
Basel und Straßburg auf (s. MBW, R 6, Nr. 6002). Ab
Oktober 1553 war er dann als Prof. für Astronomie an
der Universität Tübingen tätig. Pruckner veröffentlichte
mehrere eigene astronomische Abhandlungen, darüber
hinaus gab er die Schriften des Firmicus Maternus und
die astronomischen Tafeln des Giovanni Bianchini (Jo-
hannes Blanchinus) heraus. Er stand in brieflichem Kon-
takt zu Luther, Melanchthon, Bucer, Capito, Hedio,
Zwingli und Oekolampad. Vgl. ADB 26, S. 674f., Bopp,
Geistliche, Nr. 4653; Röhrich, Mittheilungen 3,
S. 180-201; Lutz, Réformateurs, passim; Mieg, Réfor-
me, passim.
5 Im Sommer 1523 war Nikolaus Pruckner die Prädikatur
an der Pfarrkirche St. Stephan verliehen worden.
6 Warten - für etwas sorgen, s. Grimm, DWb 27,
Sp. 2125f.
7 Zur Deutschordenskommende in Mülhausen vgl. die
Einleitung, S. 157f. Mit her Conrat ist Konrad Kübler
gemeint (s. Mieg, Réforme, S. 21).
8 Mit decret wird hier das Kanonische Recht bezeichnet, s.
FWb 5, Sp. 342 und Niermeyer 1, S. 405.
9 Die Strafe so leichthin bzw. ohne triftigen Grund erlas-
sen.
10 Ohnehin, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 2, S. 718.

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