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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0215
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4. Verordnung zu den Prozessionen und Feiertagen [1524]

4. Verordnung zu den Prozessionen und Feiertagena
[vor 28. April 1524]1
[1.] Der crützgenng halb

Diewyl man gnugsamen bericht hat, das das ge-
meyn gebett, so die christen hie uff erden fur-b und
miteinander eintrechtigklich thund, Got gevellig
unnd allermeyst angenem ist2, so es im geist und
warer andacht beschicht, und so wir ouch alle ding
sollen vom himelschen vatter betten3, so sind die
crützgenng (die on zwifel der meynungc uffge-
setzt4) keins wegs abzethund, die mißbrüch aber, so
darinn entstannden, zu sundern helgen oder kilchen
zulouffen unnd vil unnützer geswetz unnd ander up-
pigkeit5 ußzurichten, wie man bißhar leyder offen-
lich erfaren hat, die sind billich abzethund unnd von
nöten zubessern. Deßhalb ist für gut angesehen und
verordent, das die crützgenng uff Sannt Georgen6
und Sannt Marxtag7, auch die drye tag in der crütz-
wochen8, sollen allein in der pfarrkilchen zu Sannt
Steffen9 gehalten werden, da man zu frügher, ge-

a Textvorlage (Handschrift): AM Mulhouse Nr. 3639.
b Gestr.: einer.
c Gestr.: sind.
d Gestr.: unnd.

1 Die Verordnung läßt sich nicht genau datieren; sie
stammt vermutlich aus dem Jahr 1524. Auf alle Fälle
liegt sie vor den Anweisungen für den Schulmeister und
die Kapläne vom 28. April 1524 (Nr. 5), da dort auf die
gebotenen Feiertage (s. unten unter 2) Bezug genommen
wird. Für diese Ansetzung spricht auch die Erwähnung
der beiden Kreuzgänge an den Festtagen des Hl. Georg
und des Hl. Markus, die beide in der zweiten Hälfte des
Monats April liegen.
2 Vgl. Mt 18,19-20.
3 Vgl. Mt 21,22; Mk 11,24.
4 Die [...] in dieser Absicht eingerichtet worden sind, s.

wonlicher zitt in gemeyn versamlet sin, das heilig
evangelium unnd gotswort verkunden, das ampt der
heiligen mesß halten, das gemeyn volck zu warer
andacht unnd rechtem glouben ermanen unnd also
ein christenlich gemeyn gebett umb alle unnser not-
durfft thun sold zu unnserm einigen Got unnd himel-
schen vatter, durch Christum Jesum, sinen einge-
bornen sone, unnsern einigen erlöser unnd mitler
etc. Unnd nach solichem ampt mag ein yeder an sin
arbeyt gan unnd sol kein feyre gebotten noch ge-
halten werden.
Damit sol ouch das umlouffen umb den bau dem
kilchwart10 unnd andern ganntz abgestellt sin unnd
dem kilchwarten nütdestweniger fur kilchwart-
garben unabgebrochen11 gegeben werden als eim ge-
meynen knecht der kilchen12.

Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 689; Grimm, DWb 12,
Sp. 1941f. (meinung) und FWb 2, Sp. 706f. (aufsetzen).
5 Leichtfertigkeit, Mutwillen, s. Grimm, DWb 24,
Sp.2350.
6 23. April.
7 25. April.
8 Gemeint sind die drei Tage vor Christi Himmelfahrt.
9 Zur Pfarrkirche St. Stephan vgl. die Einleitung, S. 157.
10 Küster, s. Grimm, DWb 11, Sp. 828; DRW 7, Sp. 1009.
11 Weiterhin, ohne Einbußen.
12 Vgl. dazu auch den in Grimm, DWb 11, Sp. 2192 über-
lieferten Beleg über den krützgang eines Sigristen: ouch so
hat ein sigrist ein krützgang, und wen er mit dem krütz gat,
dan sol im geben ein ieclichs gehuseti (haushalt) ein schillig
(Weisth. 4, 380,). Der Küster sammelte seine Gebühren
also mit einem Kreuz ein.

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