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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0351
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2. Zuchtordnung 1613

men, daß hinfüro alle diejenigen, so Unehlich gebo-
ren oder mit Unehlichen verheurathet seindt, zu kei-
nem Zunfftmeister noch andern Ehrlichen ämptern
auf den Stuben gebraucht oder zugelassen werden
sollen.
Von Fastnacht Butzen98 und Singicht Feuern99
Nachdem auch bishero bei vielen, sonderlich aber zu
Fastnachtzeiten, ein Unchristlicher, Unmenschli-
cher mißbrauch des Mummens und Verbut-
zens100 entstanden, dadurch dann auch Gott, der
Allmächtig, hoch erzürnet und der Nächst geärgert
wirdt, So ordnen und wollen wir, daß solche Unord-
nungi und Unmenschlicher Mißbrauch des Verbut-
zens, Vermummens oder dergleichen Verkleidens
hinfüro nicht mehr gestattet werden, sondern hiemit
gäntzlichen abgethan sein solle. Wo aber jemandts
in solchem Werck hierüber befunden oder ergrieffen
wurde, der soll unser, eins Rhats, schwerer Straff an
Gelt oder Thurn darüber gewärtig sein.
Gleicher Gestallt wollen wir, daß hinfüro das Fast-
nachtsküchlein101 zu hohlen und öffentlich zu hal-
ten, wie dann bey etlichen biß anhero der brauch
gewesen, daß ein Parthey nach der andern kommen
und demnach wiederumb hinweg gangen ist, hiemit
unser, eins Rhats, ebenmessiger ernstlicher Straff
verbotten sein solle.
Deßgleichen soll auch der unnötig und schädlich
Mißbrauch des Johanns Singichtfewers, so bey etli-
chen gewesen, hiemit auch ganz unnd gar verbotten
und abgethan sein, dann durch solche Fewer unnd
verwahrlosung102 der Statt leichtlich mit Brunnst
(daß doch Gott gnädiglich verhüten wölle) ein gro-

i Abdruck: Verordnung.
j Abdruck: trewer.

98 Vermummte Fastnachts- oder Schreckgestalten, s. Wb.
d. elsäss. Mundarten 2, S. 129; Pfälz. Wb. 1, Sp. 1417.
99 Sonnenwend- bzw. Johannesfeuern, s. Grimm,
DWb 16, Sp. 1092.
100 Sich-Verhüllens und Verkleidens, s. Grimm, DWb 12,
Sp. 2663f. und Wb. d. elsäss. Mundarten 2, S. 129.
101 Zu den an Fastnacht gebackenen Kuchen, für die es

ßer Schaden entstehen und wiederfahren möchte.
Derhalben auch in solchem sich menniglich vor un-
ser, eines Rhats, Straff wisse zu verhüten.
Betreffendt Knecht, Mägdt und Dienstboten
Als auch bei den Dienstehehalten103, Knechten und
Mägdten biß anhero allerhandt untrew und Leicht-
fertigkeit entstanden und sich eingerissen, in dem
sie sich gegen ihre Herrn, Meistern unnd Frawen,
etwan ohne gute redliche und erhebliche ursachen
mit Worten und Wercken üppiglich erzeigen, mut-
williglich und zu unzeiten auß den Diensten tretten,
daß ihnen dann mit nichten zustehet und gepürth,
auch wider ihr selbs gelübt, zusagen und verspre-
chen trewenj Dienstes ist, derhalben und solchem
zuvorkommen, so ist unser, eins Rhats, ernstlicher
Will, meinung, ordnung und befehl, gebieten auch
allen Dienstehehaltern, Knechten und Mägdten,
das sie ihren Herrn, Meistern und Frawen, hinfüro
getrewlich dienen und ihr pflichtig selbs bedencken,
nicht untreuw, üppig, mutwillig oder widerspenstig
gegen ihnen seyen, noch ohne genugsam Ehe-
hafft104 oder erhebliche ursachen vor der verspro-
chenen zeit auß den Diensten tretten, Dann, so dem
zuwider und entgegen hinfüro ein Dienstknecht oder
Magdt sich üppiglich, mutwillig und untrewlich ge-
gen seiner Herrschafft, Meister oder Frawen, erzei-
gen und halten, nicht Trewlich und Ehrlich dienen
oder sunsten ohne redliche Ursachen, so uns oder
unsern Verordneten für genugsam erkandt, vor en-
dung der versprochenen zeit auß dem Dienst tretten
wird, So soll derselbig Knecht oder Magdt allen er-
dienten Liedlohn105 desselben Jahrs verwirckt ha-
ben, die Herrschaft, Meister oder Frawen, ihnen
nichts dafür zu geben schuldig sein, Und wollen wir

zahlreiche Heischeverse gibt, vgl. HWDA 2, Sp. 1259f.
sowie Pfälz. Wb. 2, S. 1062f.
102 Nachlässigkeit, unachtsame Handlungsweise, s.
Grimm, DWb 25, Sp. 2089f.
103 Dienstboten, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1127 (s.v. dienst-
halte).
104 Berechtigte, rechtmäßige.
105 Lohn für Gesinde, Dienstboten und Tagelöhner, s. FWb
9,1, Sp. 1203-1205; DRW 8, Sp. 1298-1300.

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