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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0353
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2. Zuchtordnung 1613

vor dießmal beim Tax, so hierüber sonderbar geord-
net, bewenden, Dessen sich auch Geber und Nem-
mer benügen lassen, darüber nicht geben noch nem-
men sollen. Dabey dann auch diejenigen, so in
Kosten118 und Taglohn arbeiten, hiemit erinnert
werden, sich aller bescheiden- und nüchterkeit zu
befleißen und diejenigen, denen sie schaffen, wieder
die gebühr nicht beschweren, wie bißhero von etli-
chen beschehen.
Insonderheit aber will man diejenigen Rebleut und
Taglöhner, frembde und heimische, so geding Ar-
beit119, wie auch Weingart uber das Jahr zu bawen
oder sonsten zu Schneiden oder Hacken, absonder-
lich120 annehmen, hiemit ernstlich ermant haben,
den gemeinen Burgersman in und mit dergleichen
gedingen nicht zu hoch (wie biß daher von etlichen
beschehen), so wol am Lohn alß mit uberflüssigem
Wein, zu beschweren, sonder sich solcher billigkeit
zu gebrauchen, ja, es also zumachen, daß nit noth
seye, dergleichen Weingart geding halben sonder-
bares einsehen zu haben unnd derentwegen gewisse
Tax fürzunemmen.
Unnd weil ebenmessige klag von den Handwercks-
und Fuhrleuten ins gemein fürkommt, daß sie es mit
den Tag- und Fuhrlöhnen, wie auch anderer ihrer
Arbeit verspannen, den armen gemeinen Mann
ubersetzen121 und mehr als zu viel ubernom-
men122, So will man sie ebenmessig hiemit, alle über-
maß abzuschaffen, und dahin vermahnt haben, daß
ein jeder auff die rühmliche, schuldige billigkeit se-
hen, ja es also machen solle, daß man miteinander
fort kommen und einer bey dem andern bleiben mö-
ge. Dann in verbleibung dessen werden wir nicht
allein zu einem gewissen und gemessenen Tax verur-
sachet, sondern auch alle beschwerliche ubermaß
abzuschaffen bedacht sein.

118 Verpflegung, Beköstigung, s. FWb 8, Sp. 1470f.
119 Verdingte Arbeit, s. FWb 6, Sp. 375.
120 Eigens, s. FWb 1, Sp. 384f.
121 Übervorteilen, s. Grimm, DWb 23, Sp. 547.
122 Zuviel fordern, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 771.
123 Verletzen, verleumden, s. Grimm, DWb 15, Sp. 1102.

Die Scheltwort und Schmehungen belagendt
Dieweil bey diesen argen unnd bösen zeiten daß
schelten und schmähen überhand nimmt, also daß
umb geringer ursachen willen einer den andern
Christenlicher Lieb zuwider schänden, schmit-
zen123, schmähen und an Ehren höchlich zu verlet-
zen nicht schewen thut, und uns, der Oberkeit, der-
gleichen liederliche Schelthändel bishero viel mühe
und arbeit gemacht, Also wöllen wir menniglich, sol-
ches sich zu enthalten, hiemit ernstlichen verwarnet
und aberzustehen124 gebotten haben, Dann wir hin-
forter dergleichen injurien nicht gedenken, mit hie-
bevorigen gesetzten straffen büßen zu lassen, son-
dern wöllen, nach gestalt der Personen und Schelt-
wort, den iniurianten so wol mit höherer Gelt, als
auch Leibs unnd Ehrrürigen Straffen, solche zu än-
dern, nicht underlassen, daß menniglich hierin ge-
wißlich unsern Eifer und groß mißfallens sehen, spü-
ren und erfahren wirdt. Darnach wisse sich ein jeder
zu richten und vor Schaden zu verhüten.
Von Vogtheyen
Nachdem auch in Vogtheyen bißhero allerhandt
mängel verspürt worden, so wollen und vermanen
wir hiemit alle geschworne Vögte, daß ein jeder, ver-
mög seines gethanes Aydts, järlich gebürliche Rech-
nung thun oder aufs wenigst ein jederzeit Regieren-
de Burgermeister ursachen, warumb solches nicht
sein möge, anzeigen soll.
In gleichem sollen auch die Vögt sich dahin befleis-
sen, das zuvor und ehe ihrer Pupillen125 Eltern, so in
ein andere Ehe gegriffen126, zu Kirchen gehen, or-
dentliche Theilung vorgenommen werde, und gute
Auffsicht haben, das alles genügt und gezeigt und
ihren Vogtskindern zu nachtheil kein gefärdt127 ge-

124 Abzuschaffen, s. FWb 1, Sp. 88.
125 Minderjährige, die unter Vormundschaft stehen, s.
DRW 10, Sp. 1447f.
126 Eine andere Ehe eingegangen sind, s. Grimm, DWb 3,
Sp. 39f.
127 Untreue, s. Grimm, DWb 6, Sp. 430-432.

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