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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0462
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Hagenau

liebe zur frommkeit doch auß forcht der straff von
Lastern abgeschreckt und zum Erbarn leben getrie-
ben werde.

[I.] Von verachtung des wort Gottes unnd nit
besuchung desselbigen

Und anfangs, dieweil verachtung Göttlichs worts
ein wurtzel alles ubels ist, welche leider bei uns gar
uberhand genommen, Also, das vil unserer Burger
unnd hindersassen uff die Heiligen Sonn- oder Feyr-
täge, die doch Gott, sein wort auff dieselbige
zuhören, sonderlich geordnet hatt, gar nit inn die
Kirchen gehen, sonder auff dem Marckt, under den
Porten5, inn offnen Herbergen und andern ungebür-
lichen orten zusamen kommen, daselbsten allerley
unnutz geschwetz, handlungen, mit worten unnd
wercken, verrichten oder sonsten auff das Feldt hin-
auß Spatziren gehn unnd die Predigen Gottes worts
versaumen, darauß dann ein Gottloß, unchristen-
lichs, wüstes leben folgen muß unnd auch |A 3r| der
Almechtig, welcher den Feirtag zu heiligen ernstlich
befohlen6, sonderlich hierdurch Erzürnt unnd Ent-
ehret würt.
Demnach, so thund unsere Herren, Meister unnd
Rhat, hiemit aller menniglich auffs ernstlichest war-
nen, manen und zum höchsten gebieten, Das nun
fürohien weder Jung noch Alt, Mann oder Fraw,
niemandts außgenommen, auff die Sonn- oder Feir-
tag, so man inn der morgen Predig ist, nit auff dem
Marckt stehen oder under den Porten oder inn
Würdtsheüsern, zu Spilen oder zuzechen, sitzen,
Noch im Feldt umbgehn und Spatzieren sollen, Son-
der das menniglich inn die Kirchen gehe, das wort

Gottes unnd die Predig höre, oder sich daheimen in
dem hauß halte, damit hierdurch niemand einige
Ergernuß gegeben werde.
Dann ob wol vermög des Heilsamen Religion Fri-
dens7 beide Religion und Kirchen auch bei uns men-
niglichen frey gestelt8, So solle doch ein jeder die
Kirchen, der Religion er anhangt, fleissig besuchen,
dann der freistand der Religion nit zur verachtung
Gottes worts, sondern zum friden, erbarn und Gott-
seligen leben und wesen angesehen und auffgericht
worden ist.
Insonderheit aber sollen alle Haußvätter und Müter
ire Kinder, Knecht und Mägd sampt andern Hauß-
genossen an obgemelten Sonn- und Feirtagen, die
Predig und Gotts wort zuhören, anhalten und sie in
die mittag Predig zu dem Catechismo fleissig schi-
cken.
Dann, da hierinn jemandt begriffen9 oder gefahrli-
cher unnd frevenlicher weiß solches gebott ubertret-
ten würde, der oder die selben sollen umb fünff schil-
ling pfenning, in den armen Kasten zuerlegen, oder
mit der gefengnuß, je nach gestalt und gelegenheit
der sachen und eins Ersamen Rhats erkennen, unab-
leßlich gestrafft werden. |A 3v|

[II.] Von Gottslestern, Fluchen und Schwören etc.

Furs ander, Dieweil ohn zweiffel auch Gott, der All-
mechtig, durch fluchen unnd schwören, damit sein
Heiliger Nam, Wort unnd Sacrament gelestert wer-
den, nicht weniger als durch verachtung seines Hei-
5 Toren.
6 Vgl. 2Mos 20,8-11; 5Mos 5,12-15.
7 Der Augsburger Religionsfriede von 1555.

ligen worts erzürnt würt10, unnd aber fluchen,
schwören und Gottslestern dermassen uberhandt ge-
nommen, und nit allein bei Mannen, sonder auch
bey den Weibern, unnd auch nit allein bei den Alten,
8 Vgl. Nr. 1.
9 Ergriffen, s. FWb 3, Sp. 653f.
10 Vgl. 2Mos 20,7; 5Mos 5,11.

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