Hagenau
7. Mandat gegen Kuppelei und heimliche Eheabsprachena
22. Februar 1587
Liebe und gute freundt,
wiewol unsere herrn, meister und rath, in ihrer vor
jahren uffgerichter und im truck außgangener refor-
mation und polizeyordnung1 die kupplerey, so wol
die so zu ehren als die zu unehren beschicht, verpot-
ten, dem aber bißhero nitt alein nit gelept, sonder
solch laster von tag zu tag, ye lenger ye mehr, über-
handt genommen, hierdurch dan viel junge leuth,
döchter und knaben, ihren eltern, vogt2, nechstver-
wandten und freünden hinderrücks und heimlicher
weiß abgestolen3 und in das eusserst verderben ge-
rathen und gefürth worden, solchem nuhn zu für-
kommen, so haben demnach unsere herren, meister
und rath, erkannt, ist auch ir ernstlicher will, mei-
nung und bevelh, das nachmahls solche kupplerey,
es geschehe gleich die zu ehren, gentzlich verbotten
soll sein. Dan, welcher oder welche fürohien und in
künftig einiche junge dochter oder junge knaben
hinderrucks ihrer eltern, vogt und vormundt oder
nechstverwandten und freünden, in deren verwal-
tung4 sie dan seindt, zu ehren verkuppeln würde,
das der oder die nitt allein vermög hievor unserer im
truck außgangner reformation und ordnung ernst-
lich gestrafft sollen werden, sonder es soll auch sol-
che vermeinte verlobung kein ehe nit sein, noch für
ein ehe gehalten werden, in massen5 dan auch solche
vermeinte eheverpflichtung keinen theil binden soll.
Deßgleichen, nach dem auch meniglich bewußt, das
viel junge personen oder kinder gleichwol für sich
selbs, one einiche kupplerey, aigens gewalts und ge-
a Textvorlage (Handschrift): AM Hagenau, Statuten-
buch, Bl. 120v-121v. Abdruck: Hanauer / Klélé,
Statutenbuch, Nr. 262, S. 262-264.
1 Hiermit ist wohl die Zuchtordnung vom 29. Oktober
1571 (Nr. 5) gemeint.
2 Vormündern, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 101.
fallens, one alles vorwissen und willen ihrer eltern
oder auch ihrer vormundt und vögt, sich heimlicher
und unordenlicher weiß ehelichen, verloben oder
verpflichten, welches dan billich nit sein soll, dieweil
dieß nitt allein wieder die heilige göttliche geschrifft
und kaiserliche geschriebene recht6, insonders aber
wieder alle nattürliche ehrbar- und billigkeit, ja
auch schuldige gehorsam und dankbarkeitt, so die
kinder ihren eltern erzeigen sollen7, ist, zu dem das
es sich auch ausser täglicher erfahrung befindt, das
der allmechtige die ungehorsam der kinder gegen ih-
ren eltern, bevorab8 so sich die kinder ohne vorwis-
sen und wilien ihrer eltern mutwilliglichen verheu-
rathen, mit allerley beschwerlichem, verderblichem
unglück und plagen heimsucht, hieruff, in betrach-
tung jetzt angeregter und anderer mehr erbarer und
christlicher darzu bewegender ursachen, so haben
demnach unsere herrn, meister und rath, gleicher
gestaltt erkhantt, statuirt und geordnet, das füro-
hien niemandt, so noch under vätterlichem gewaltt
ist, sich ohne rath, vorwissen und willen seiner el-
tern ehelichen verpflichten soll. Im fall aber, das ein
kündt noch in vätterlichem gewaltt ohne verwilli-
gung seiner eltern sich würde ehelichen verpflichten,
alsdan sollen dieselben personen, im fall, wa die el-
teren darein nit gehellen9 oder bewilligen wolten,
von den pfarrherrn in der kirchen nit außgerueffen
oder eingesegnet, dieß auch kein ehe sein, noch für
ein ehe gehalten werden.
Es wöllen ihnen auch unsere herrn, der meister und
rath, hiemit in allweg vorbehalten haben, da sich
3 Genommen, abspenstig gemacht werden, s. FWb 1,
Sp.407.
4 Obhut, s. Grimm, DWb 25, Sp. 2105.
5 Wie, s. FWb 8, Sp. 115f.
6 Inst. I 10 pr. (= CICiv, ed. Krüger 1, S. 4).
7 Vgl. 1Tim 5,4.
8 Insbesondere, s. FWb 3, Sp. 2206.
9 Zustimmen, s. FWb 6, Sp. 565f.
452
7. Mandat gegen Kuppelei und heimliche Eheabsprachena
22. Februar 1587
Liebe und gute freundt,
wiewol unsere herrn, meister und rath, in ihrer vor
jahren uffgerichter und im truck außgangener refor-
mation und polizeyordnung1 die kupplerey, so wol
die so zu ehren als die zu unehren beschicht, verpot-
ten, dem aber bißhero nitt alein nit gelept, sonder
solch laster von tag zu tag, ye lenger ye mehr, über-
handt genommen, hierdurch dan viel junge leuth,
döchter und knaben, ihren eltern, vogt2, nechstver-
wandten und freünden hinderrücks und heimlicher
weiß abgestolen3 und in das eusserst verderben ge-
rathen und gefürth worden, solchem nuhn zu für-
kommen, so haben demnach unsere herren, meister
und rath, erkannt, ist auch ir ernstlicher will, mei-
nung und bevelh, das nachmahls solche kupplerey,
es geschehe gleich die zu ehren, gentzlich verbotten
soll sein. Dan, welcher oder welche fürohien und in
künftig einiche junge dochter oder junge knaben
hinderrucks ihrer eltern, vogt und vormundt oder
nechstverwandten und freünden, in deren verwal-
tung4 sie dan seindt, zu ehren verkuppeln würde,
das der oder die nitt allein vermög hievor unserer im
truck außgangner reformation und ordnung ernst-
lich gestrafft sollen werden, sonder es soll auch sol-
che vermeinte verlobung kein ehe nit sein, noch für
ein ehe gehalten werden, in massen5 dan auch solche
vermeinte eheverpflichtung keinen theil binden soll.
Deßgleichen, nach dem auch meniglich bewußt, das
viel junge personen oder kinder gleichwol für sich
selbs, one einiche kupplerey, aigens gewalts und ge-
a Textvorlage (Handschrift): AM Hagenau, Statuten-
buch, Bl. 120v-121v. Abdruck: Hanauer / Klélé,
Statutenbuch, Nr. 262, S. 262-264.
1 Hiermit ist wohl die Zuchtordnung vom 29. Oktober
1571 (Nr. 5) gemeint.
2 Vormündern, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 101.
fallens, one alles vorwissen und willen ihrer eltern
oder auch ihrer vormundt und vögt, sich heimlicher
und unordenlicher weiß ehelichen, verloben oder
verpflichten, welches dan billich nit sein soll, dieweil
dieß nitt allein wieder die heilige göttliche geschrifft
und kaiserliche geschriebene recht6, insonders aber
wieder alle nattürliche ehrbar- und billigkeit, ja
auch schuldige gehorsam und dankbarkeitt, so die
kinder ihren eltern erzeigen sollen7, ist, zu dem das
es sich auch ausser täglicher erfahrung befindt, das
der allmechtige die ungehorsam der kinder gegen ih-
ren eltern, bevorab8 so sich die kinder ohne vorwis-
sen und wilien ihrer eltern mutwilliglichen verheu-
rathen, mit allerley beschwerlichem, verderblichem
unglück und plagen heimsucht, hieruff, in betrach-
tung jetzt angeregter und anderer mehr erbarer und
christlicher darzu bewegender ursachen, so haben
demnach unsere herrn, meister und rath, gleicher
gestaltt erkhantt, statuirt und geordnet, das füro-
hien niemandt, so noch under vätterlichem gewaltt
ist, sich ohne rath, vorwissen und willen seiner el-
tern ehelichen verpflichten soll. Im fall aber, das ein
kündt noch in vätterlichem gewaltt ohne verwilli-
gung seiner eltern sich würde ehelichen verpflichten,
alsdan sollen dieselben personen, im fall, wa die el-
teren darein nit gehellen9 oder bewilligen wolten,
von den pfarrherrn in der kirchen nit außgerueffen
oder eingesegnet, dieß auch kein ehe sein, noch für
ein ehe gehalten werden.
Es wöllen ihnen auch unsere herrn, der meister und
rath, hiemit in allweg vorbehalten haben, da sich
3 Genommen, abspenstig gemacht werden, s. FWb 1,
Sp.407.
4 Obhut, s. Grimm, DWb 25, Sp. 2105.
5 Wie, s. FWb 8, Sp. 115f.
6 Inst. I 10 pr. (= CICiv, ed. Krüger 1, S. 4).
7 Vgl. 1Tim 5,4.
8 Insbesondere, s. FWb 3, Sp. 2206.
9 Zustimmen, s. FWb 6, Sp. 565f.
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