Das Hochstift und die Stadt Minden
Minden eingeführt wurde, ist fraglich. Fest steht jedoch, dass unter dem Einfluss von Bischof Franz und
Hermann Bonnus zwischen 1541 und 1546 zahlreiche Pfarreien evangelisch wurden.71
Nach dem seitens der Protestanten verlorenen Schmalkaldischen Krieg und der Proklamation des Augs-
burger Interims geriet Franz von Waldeck mit dem Reformationskurs in seinen Bistümern in Bedrängnis.
Aus Sorge, seiner Position als Landesherr verlustig zu gehen, betrieb er schließlich den Rückzug: Im März
1548 widerrief er alle eingeführten Neuerungen und propagierte die uneingeschränkte Treue zur römischen
Kirche.72
4. Die Einführung des lutherischen Landesbekenntnisses nach dem Interim
Um 1550 galt neben der Stadt Minden auch das Landgebiet des Fürstbistums als evangelisch. Im Dom-
kapitel und unter den Landständen fanden sich ebenfalls Anhänger des neuen Glaubens: Ein Teil der
Ritterschaft war neugläubig, die drei Damenstifte (St. Marien in Minden, Levern und Quernheim73) waren
es ebenfalls, die Johanniter-Komturei in Wietersheim und das Stift St. Andreas in Lübbecke sollten es bald
werden, das Mindener Martinistift war gemischt konfessionell. Allein der Mindener Dom, das Kloster
St. Mauritius und Simeon sowie das Stift St. Johannis waren und blieben katholisch.74 Am verfassungs-
rechtlichen Status hatte die Einführung der Reformation jedoch nichts geändert: Der Bischof war und blieb
Landesherr des Fürstbistums und Stadtherr von Minden.
Im April 1553 resignierte Franz von Waldeck das Bistum Minden. Sein Nachfolger wurde Julius von
Braunschweig-Wolfenbüttel, der das Amt jedoch schon 1554 wieder niederlegte, ohne die päpstliche Bestä-
tigung erlangt zu haben und an die Regierung gekommen zu sein.75 Im Oktober 1554 wählte das Domka-
pitel den Kölner und Bremer Dompropst Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel zum neuen Bischof.76
Nach dem Tod seines Bruders Christoph, des Erzbischofs von Bremen, übernahm Georg im Januar 1558
auch dessen Bremer Position und wurde zugleich Bistumsadministrator in Verden. Bischof Georg war zwar
katholisch, pflegte aber ein gutes Verhältnis zur Stadt Minden und führte während seiner Regierung keine
gegenreformatorischen Maßnahmen im Fürstbistum durch.77
Bonnus, S. 182 Anm. 1 beschreibt diese Fassung wie folgt:
„Sie ist mit der hier abgedruckten [=der in Osnabrück
überlieferten Handschrift] im Wesentlichen conform, hat
einige Überschriften mehr, ist in 24 numerirte Abtheilun-
gen zerlegt und, - was den Hauptunterschied bildet, - hat
das ganze Stück von ,Ordenunge der Euangelischen Mis-
sen - by der Döpe etc.‘ nicht. Dieses Stück, das nur als
eine grosse Parenthese erscheint, steht in dem Münster-
schen Msc. später und dann etwas erweitert“.
71 Nordsiek, Entstehung, S. 71-75; ders., Glaube und
Politik, S. 29; Freitag, Konfessionelle Kulturen, S. 83.
Vgl. auch Hamelmann, Reformationsgeschichte, S. 89:
„Franciscus de Waldeck, qui tamen antea favebat evan-
gelio, sed nunc coactus mandavit ruralibus et singulis
pastoribus, ut Interim susciperent, cum antea in ista quo-
que ditione per M. Hermannum Bonnum reformaverat
ecclesias anno 43“.
72 Wolgast, Hochstift, S. 100-110, 274f.; Behr, Franz
von Waldeck (um 1491-1553), S. 53-55.
73 Nordsiek, Hans, Levern - Zisterzienserinnen, in:
Hengst, Klosterbuch 1, S. 517-521; Hüffmann, Hel-
mut , Quernheim - Augustinerinnen, in: Hengst, Kloster-
buch 2, S. 269-275.
74 Wolgast, Einführung der Reformation, S. 242; Rü-
thing, Domkapitel, S. 767f.; Nordsiek, Vom Fürstbis-
tum, S. 255f.; Brandt/Hengst, Victrix Mindensis
ecclesia, S. 80-82.
75 Aschoff, Julius, S. 349f.; Nordsiek, Glaube und Poli-
tik, S. 45. Zum Verzicht auf das Bistum siehe Schröer,
Reformation 2, S. 38-41; Brandt/Hengst, Victrix Min-
densis ecclesia, S. 58.
76 Zu Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel siehe Schä-
fer, Walter, Wappen und Kreuz. Studie zum Leben
des Verdener Bischofs Herzog Georg von Braunschweig
und Lüneburg (1494-1566), in: JGNKG 76 (1978),
S. 169-203; Reimann, Georg, S. 223f. Nordsiek,
Glaube und Politik, S. 49f.; ders., Vom Fürstbistum,
S. 256; Olpp, Stellung, S. 39f.; Brandt/Hengst, Victrix
Mindensis ecclesia, S. 58-60.
77 Nordsiek, Glaube und Politik, S. 45, 48; Schröer,
Kirche in Westfalen 1, S. 38f., 46f.
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Minden eingeführt wurde, ist fraglich. Fest steht jedoch, dass unter dem Einfluss von Bischof Franz und
Hermann Bonnus zwischen 1541 und 1546 zahlreiche Pfarreien evangelisch wurden.71
Nach dem seitens der Protestanten verlorenen Schmalkaldischen Krieg und der Proklamation des Augs-
burger Interims geriet Franz von Waldeck mit dem Reformationskurs in seinen Bistümern in Bedrängnis.
Aus Sorge, seiner Position als Landesherr verlustig zu gehen, betrieb er schließlich den Rückzug: Im März
1548 widerrief er alle eingeführten Neuerungen und propagierte die uneingeschränkte Treue zur römischen
Kirche.72
4. Die Einführung des lutherischen Landesbekenntnisses nach dem Interim
Um 1550 galt neben der Stadt Minden auch das Landgebiet des Fürstbistums als evangelisch. Im Dom-
kapitel und unter den Landständen fanden sich ebenfalls Anhänger des neuen Glaubens: Ein Teil der
Ritterschaft war neugläubig, die drei Damenstifte (St. Marien in Minden, Levern und Quernheim73) waren
es ebenfalls, die Johanniter-Komturei in Wietersheim und das Stift St. Andreas in Lübbecke sollten es bald
werden, das Mindener Martinistift war gemischt konfessionell. Allein der Mindener Dom, das Kloster
St. Mauritius und Simeon sowie das Stift St. Johannis waren und blieben katholisch.74 Am verfassungs-
rechtlichen Status hatte die Einführung der Reformation jedoch nichts geändert: Der Bischof war und blieb
Landesherr des Fürstbistums und Stadtherr von Minden.
Im April 1553 resignierte Franz von Waldeck das Bistum Minden. Sein Nachfolger wurde Julius von
Braunschweig-Wolfenbüttel, der das Amt jedoch schon 1554 wieder niederlegte, ohne die päpstliche Bestä-
tigung erlangt zu haben und an die Regierung gekommen zu sein.75 Im Oktober 1554 wählte das Domka-
pitel den Kölner und Bremer Dompropst Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel zum neuen Bischof.76
Nach dem Tod seines Bruders Christoph, des Erzbischofs von Bremen, übernahm Georg im Januar 1558
auch dessen Bremer Position und wurde zugleich Bistumsadministrator in Verden. Bischof Georg war zwar
katholisch, pflegte aber ein gutes Verhältnis zur Stadt Minden und führte während seiner Regierung keine
gegenreformatorischen Maßnahmen im Fürstbistum durch.77
Bonnus, S. 182 Anm. 1 beschreibt diese Fassung wie folgt:
„Sie ist mit der hier abgedruckten [=der in Osnabrück
überlieferten Handschrift] im Wesentlichen conform, hat
einige Überschriften mehr, ist in 24 numerirte Abtheilun-
gen zerlegt und, - was den Hauptunterschied bildet, - hat
das ganze Stück von ,Ordenunge der Euangelischen Mis-
sen - by der Döpe etc.‘ nicht. Dieses Stück, das nur als
eine grosse Parenthese erscheint, steht in dem Münster-
schen Msc. später und dann etwas erweitert“.
71 Nordsiek, Entstehung, S. 71-75; ders., Glaube und
Politik, S. 29; Freitag, Konfessionelle Kulturen, S. 83.
Vgl. auch Hamelmann, Reformationsgeschichte, S. 89:
„Franciscus de Waldeck, qui tamen antea favebat evan-
gelio, sed nunc coactus mandavit ruralibus et singulis
pastoribus, ut Interim susciperent, cum antea in ista quo-
que ditione per M. Hermannum Bonnum reformaverat
ecclesias anno 43“.
72 Wolgast, Hochstift, S. 100-110, 274f.; Behr, Franz
von Waldeck (um 1491-1553), S. 53-55.
73 Nordsiek, Hans, Levern - Zisterzienserinnen, in:
Hengst, Klosterbuch 1, S. 517-521; Hüffmann, Hel-
mut , Quernheim - Augustinerinnen, in: Hengst, Kloster-
buch 2, S. 269-275.
74 Wolgast, Einführung der Reformation, S. 242; Rü-
thing, Domkapitel, S. 767f.; Nordsiek, Vom Fürstbis-
tum, S. 255f.; Brandt/Hengst, Victrix Mindensis
ecclesia, S. 80-82.
75 Aschoff, Julius, S. 349f.; Nordsiek, Glaube und Poli-
tik, S. 45. Zum Verzicht auf das Bistum siehe Schröer,
Reformation 2, S. 38-41; Brandt/Hengst, Victrix Min-
densis ecclesia, S. 58.
76 Zu Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel siehe Schä-
fer, Walter, Wappen und Kreuz. Studie zum Leben
des Verdener Bischofs Herzog Georg von Braunschweig
und Lüneburg (1494-1566), in: JGNKG 76 (1978),
S. 169-203; Reimann, Georg, S. 223f. Nordsiek,
Glaube und Politik, S. 49f.; ders., Vom Fürstbistum,
S. 256; Olpp, Stellung, S. 39f.; Brandt/Hengst, Victrix
Mindensis ecclesia, S. 58-60.
77 Nordsiek, Glaube und Politik, S. 45, 48; Schröer,
Kirche in Westfalen 1, S. 38f., 46f.
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