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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0219
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Einleitung

1. Mandat zur Zulassung evangelischer Predigt 1532 [vor September 29] (Text S. 207)
Zu den wenigen bekannten Nachrichten über die Anfänge der Reformation in Dortmund gehört die 1527
seitens der Gilden gegenüber dem Rat vorgebrachte Bitte nach evangelischer Predigt.17 Diese und andere
Forderungen der Protestanten konnte der Magistrat zunächst erfolgreich unterdrücken. Nachdem jedoch
Anfang der 1530er Jahre in der Nachbarstadt Soest18 die Reformation Einzug gehalten hatte und den
Protestanten auf den Reichstagen von 1530 und 1532 Zugeständnisse gemacht worden waren, brachten die
Dortmunder Gilden ihren Wunsch nach Anstellung evangelischer Prediger erneut vor.19 Am 25. Juli 1532
richteten sie eine Bittschrift an den Rat, in der sie forderten, „dat dar gepredigett werde dat hillighe
evangelium uth aldem unnd nyen testamentt unnd so vyll de predigkantten deß uth goythlicker schrifftt
beweren konnen“.20 Auf dieses Gesuch ging der Rat zwar ein (Nr. 1), es blieb jedoch bei der Zusage auf dem
Papier, denn der aus Münster berufene Prediger Hermann Kothe sagte sein Kommen ab, und es wurde
offenbar kein neuer Versuch unternommen, einen lutherischen Prädikanten in die Stadt zu holen.21
Das „Dreimannsbuch“, in dem wichtige städtische Ereignisse festgehalten wurden und in dem auch die
Nachricht über die Zulassung der evangelischen Predigt enthalten ist, überliefert, dass die Pfarrer vom Rat
angewiesen wurden, etwaig ausgeübte weltliche Ämter niederzulegen und sich in Testamenten, die sie für
Dortmunder Bürger aufnahmen, nicht selbst zu bedenken. Aus den folgenden Jahre sind keine weiteren
reformatorischen Forderungen aus der Bürgerschaft oder Zugeständnisse des Rats an die Evangelischen
bekannt.

3. Die humanistisch geprägte Phase der Reformation 1539-1554
Die reformatorische Bewegung der 1530er Jahre setzte sich in Dortmund nicht durch. Dies lag einerseits
daran, dass keiner der Pfarrer an den vier Stadtkirchen evangelisch wurde.22 Andererseits war die refor-
matorische Bewegung innerhalb der Dortmunder Bevölkerung nicht stark genug, um Forderungen durch-
zusetzen, zumal sie keine Kontakte nach Wittenberg oder in andere Zentren der Reformation besaß.
Schließlich wird auch die Täuferherrschaft in Münster und ihre gewaltsame Niederschlagung im Juni 1535
retardierende Wirkung auf die protestantische Bewegung in Dortmund gehabt haben.23
Erst gegen Ende der 1530er Jahre lassen sich Ansätze eines neuen Reformanlaufs erkennen, der mit einer
Erneuerung des Schulwesens verbunden und von humanistischen Zügen geprägt war. Seit dem 13. Jahr-
hundert bestanden an allen vier Dortmunder Pfarrkirchen sowie bei den Klöstern Lateinschulen.24 1543

17 Abdruck in Helbich, 450 Jahre, S. 75f. Vgl. ebd., S. 31f.;
ders., Pax et Concordia, S. 178f.; ders., Van allem schel-
den, S. 34; ders., Reformation, S. 222; Westhoff, Chro-
nik, S. 422; Schröer, Reformation 1, S. 413; Neuser,
Kirchengeschichte, S. 94; von Winterfeld, Durch-
bruch, S. 57f.; Olschewski, Reformation, S. 147; Grey-
erz, City Reformation, S. 177f.
18 Siehe Sehling, EKO XXII.
19 Abdruck in von Winterfeld, Durchbruch, S. 114-116.
20 StadtA Dortmund Best. I, Nr. 10248a. Abdruck in Hel-
bich, 450 Jahre, S. 77-79, vgl. ebd., S. 33; ders., Refor-
mation, S. 222; ders., Van allem schelden, S. 34; ders., Pax
et Concordia, S. 180; Löffler, Reformationsgeschichte
Dortmund, S. 192f.
21 Das Schreiben Kothes an den Dortmunder Rat druckt

von Winterfeld, Durchbruch, S. S. 117f. Vgl.
Schröer, Reformation 1, S. 414; Schilling, Dort-
mund, S. 157-159; Helbich, Pax et Concordia, S. 103f.,
S. 179 Anm. 25.
22 Dies hing auch mit der Abhängigkeit der Dortmunder
Pfarrkirchen St. Reinoldi und St. Petri vom Kölner Stift
St. Maria ad gradus zusammen.
23 Schilling, Dortmund, S. 158f.; Helbich, 450 Jahre,
S. 33f.
24 Helbich, 450 Jahre, S. 34; ders., Pax et Concordia,
S. 100-104; ders., Reformation, S. 223f.; ders., Van allem
schelden, S. 21f.; Olschewski, Erneuerung, S. 265-279;
dies., Reformation, S. 147; Neuser, Kirchengeschichte,
S. 95; von Winterfeld, Durchbruch, S. 67.

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