Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0222
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Reichsstadt Dortmund

5. Die Ratsreformation der 1560er Jahre
Nach Jakob Schöppers Tod 1554 wurde Johann Heitfeld43 sein Nachfolger als Prediger an St. Marien.
Heitfeld reichte den Laienkelch - vermutlich gemäß der Dortmunder Gottesdienstordnung von 1554
(Nr. 2). Obwohl der Augsburger Religionsfriede 1555 dem reichsstädtischen Magistrat das Reformations-
recht zugestand, fand sich dieser immer noch nicht zur Zulassung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt
bereit und ging schließlich - gemeinsam mit dem Pfarrer an St. Marien und Johann Lambach, dem huma-
nistischen Rektor der Stadtschule, - sogar gegen die von Heitfeld eingeführten Neuerungen vor. Die Ver-
treter der Gilden empörten sich über diesen obrigkeitlichen Akt, es kam zum Tumult, den Ausbruch von
offener Gewalt konnte der Rat jedoch verhindern. Heitfeld musste 1557 sein Amt aufgeben und wurde der
Stadt verwiesen, woraufhin eine ganze Reihe evangelischer Bürger in die benachbarten Orte Brackel oder
Aplerbeck in der Grafschaft Mark auswich, wo Arnold Rupe und Arnold Krawinckel den Laienkelch reich-
ten.44

3. Mandat zur Freigabe des Abendmahls unter beiderlei Gestalt 22. März 1562 (Text S. 216)

4. Mandat zur Zulassung deutscher Gottesdienste 19. März 1564 (Text S. 218)
Erst in den 1560er Jahren machte der Rat gegenüber den Evangelischen deutliche Zugeständnisse. Ende
1561 richteten die evangelischen Bürger eine Eingabe an den Rat, in der sie um die Freigabe des Abend-
mahls sub utraque zumindest in einer der Dortmunder Pfarrkirchen baten.45 Nachdem sich schließlich auch
Rektor Johann Lambach für den Laienkelch ausgesprochen hatte, gestattete der Magistrat im März 1562,
das Sakrament nach Belieben unter einer oder beiderlei Gestalt zu nehmen, und untersagte, künftig außer-
halb der Stadt zum Abendmahl zu gehen. Alle übrigen bisher gebräuchlichen Zeremonien sollten jedoch
beibehalten werden (Nr. 3).
Das Mandat ist in zwei Fassungen überliefert, eine ist auf den 19. März,46 die andere auf den
22. März47 datiert. Beide Stücke unterscheiden sich lediglich dadurch, dass das jüngere einen zusätzlichen
einleitenden Abschnitt aufweist.48
Mit der Zulassung des Abendmahls sub utraque specie hatte sich der Dortmunder Rat der reformato-
rischen Bewegung 1562 erstmals geöffnet. Knapp zwei Jahre darauf, am 2. Januar 1564, wandte sich die
evangelische Bürgerschaft erneut an den Rat und bat, im Gottesdienst deutsche Gebete und deutsche
Lieder singen zu dürfen.49 Am 19. März kam der Rat auch dieser Bitte nach (Nr. 4).

43 Zu Johann Heitfeld († nach 1568) siehe Döring, Art.
Heydfeld, in: ADB 12 (1880), S. 356f.; Helbich, Pax et
Concordia, S. 195, 214.
44 Helbich, 450 Jahre, S. 39, 85-87; ders., Van allem schel-
den, S. 35; ders., Pax et Concordia, S. 195, 215; Schil-
ling, Dortmund, S. 160; Stupperich, Reformationsge-
schichte, S. 153; Löffler, Reformationsgeschichte Dort-
mund, S. 205-210, 234-236; Olschewski, Reformation,
S. 150; Stenger, Reformation, S. 203f.; Hamelmann,
Reformationsgeschichte, S. 217f.; Pfeiffer, Lambach,
S. 55-59.
45 Abdruck in Fahne, Grafschaft 2, S. 366-369 und Hel-
bich, 450 Jahre, S. 87-92. Vgl. ebd., S. 39; ders., Pax et
Concordia, S. 215 Anm. 221, S. 216-218; ders., Van allem
schelden, S. 36; Stupperich, Reformationsgeschichte,
S. 153; Löffler, Reformationsgeschichte Dortmund,
S. 210f.; Stenger, Reformation, S. 204; Hamelmann,
Reformationsgeschichte, S. 220.

46 Abdruck in Vogt, Fahne, Löffler, Jacobson und
Helbich, siehe unten, S. 216 Anm. a. Vgl. Helbich,
Pax et Concordia, S. 218 Anm. 237.
47 Abdruck in Teschenmacher, von Winterfeld und
Keller, siehe unten, S. 216 Anm. a. Vgl. Helbich, Pax
et Concordia, S. 218 Anm. 237.
48 Vgl. Helbich, 450 Jahre, S. 39; ders., Van allem schel-
den, S. 36; Greyerz, City Reformation, S. 180; Dres-
bach, Kirchengeschichte, S. 518.
49 Abdruck in Fahne, Grafschaft 2, S. 369-371 und Hel-
bich, 450 Jahre, S. 102-105. Vgl. ebd., S. 40; ders., Refor-
mation, S. 225f.; ders., Van allem schelden, S. 36; ders.,
Pax et Concordia, S. 219f., S. 232f.; Löffler, Reforma-
tionsgeschichte Dortmund, S. 221f.; Dresbach, Kir-
chengeschichte, S. 518; Stenger, Reformation, S. 204f.;
Hamelmann, Reformationsgeschichte, S. 219f.

204
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften