3. Kirchenordnung für das Corveyer Stiftsdorf Bruchhausen 1603
Krancken mit großem fleiß und ernst fürhalten, sie
damit gegen alle zweyffelung an Gottes güte und
schrecken des Teuffels und Todes bewaren.
2. Doch soll er die bescheidenheit105 brauchen, das er
zuvor den krancken erinnere seines Gewissens und,
da er etwas bey ihm befünde, das ihm in sonderheit
angelegen were, soll ers fürnemlich dahin richten,
daß er gegen solche beschwerung gnugsam getröstet
werde und, ob der Krancke zuvor ein verechter
Göttliches Worts und der Sacramenten gewesen
oder sonst mit groben und bekandten Sünden be-
hafftet und darin biß daher unbußfertiglich verhar-
ret, soll er ihm dieselben mit ernste fürhalten und
ihn zu warer erkendtnuß und bekendtnuß solcher
sünden und zu rechter rew und leidt darüber ver-
manen und, ehe dann er die zeichen der waren Buß
bey ihm sihet und spüret, ihm den Trost, der in Got-
tes wort und dem heiligen Abentmahl den Bußfer-
tigen Sündern verordnet ist, nicht mittheylen. Hir-
von aber kan man nicht wol eine gewisse Form vor-
schreiben, da muß jeder Pfarher die gelegenheit der
Person bedencken und mit einem jeden, nachdem er
ihn affectionirt befinden wirt, zu handeln wissen al-
so, das die Halstarrigen und Widerspenstigen mit
verkündigung Göttliches Gesetzes und Zorns doch
auffs aller fügligste und gelimffligste zu warer rew
und leidt gebracht, die blöden106 und bekümmerten
hertzen aber mit erklerung des heiligen, gnadenrei-
chen Evangelii in ihrem Gewissen gestercket und
getröstet werden.
Wann aber der Krancke der Communion begert,
darzu mag nachfolgende Form gebraucht werden
1. Soll der Pfarher den Krancken, wofern er des ver-
mö- |K1r | gens, nach seinem selbs eigenen gefallen
eine Beicht recitiren lassen. So es aber des Kran-
ckens vermögen nicht were, kan er durch nottürff-
tige fragen das bekendtnuß von ihm erfahren.
2. Darauff soll ihn der Pfarher gebürender maß ab-
solviren.
105 Klugheit, Geschick, Takt, Grimm, DWb 1, Sp. 1557.
106 Schwachen, verzagten, Grimm, DWb 2, Sp. 139f.
3. Nach vollendter Beicht und Absolution soll er in
acht nemen, daß der Tisch bereidt sey, und soll dar-
auff mit dem Krancken das Vatter unser beten.
Darnach spreche er die wort des Testaments:
Unser Herr Jhesus Christus etc.107
4. Unter verreichung des Leibs und Bluts Jhesu
Christi spricht der Diener, wie vor bey der Action
des heiligen Abendtmals vermeldet.
5. Darnach spreche man mit dem Krancken den
117. Psalm: Lobet den Herrn, alle Heyden, etc.
Oder, so man wil, mag man sprechen den 103.
Psalm.
Man mag auch nach der Communion und sonsten
dem krancken etliche schöne Trost Psalmen, so er
lust und andacht darzu hat, auß dem Psalter fürle-
sen, als den 91.,118., das schöne Confitemini, den
25. und der gleichen, und soll sonderlich der krancke
nach gehaltener Communion und sonsten dahin mit
fleiß angewiesen werden, daß er sich Gott befehle
und ihm alle seine sachen zu seinem Göttlichen wil-
len anheim stellen, wolt ihn Gott von diesem leben
abfordern, das er ihm dann zu folgen und gehorchen
willig und bereydt sey, in betrachtung, daß dadurch
ihm weiter zu sündigen und Gott zu erzürnen alle
ursache benomen und abgeschnieden werde, das er
von allem Jammer und Elendt, von aller untrew die-
ser bösen, Gottlosen Welt erlöset und zu Gott in sei-
ne ewige ruhe und herrligkeit auffgenommen wirt,
da es aber Gott gefiele, ihn lenger allhie in diesem
leben zubehalten, das er als denn die Vetterliche
züchtigung erkennen und hinfürt sein leben bessern
wolt. |K1v|
Es soll auch der Kirchendiener den Krancken
offtmals auch nach gehaltener Communion ersu-
chen, ihn mit Gottes wort erinnern, stercken und
trösten, zur gedult und Gebett vermanen, unterwei-
len auch selbs mit ihm beten, doch alle wege mit der
Moderation, daß die gelegenheit des Krancken be-
dacht und [mit] vielfeltigem, langem, unzeitigen ge-
107 1Kor 11,23-25.
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Krancken mit großem fleiß und ernst fürhalten, sie
damit gegen alle zweyffelung an Gottes güte und
schrecken des Teuffels und Todes bewaren.
2. Doch soll er die bescheidenheit105 brauchen, das er
zuvor den krancken erinnere seines Gewissens und,
da er etwas bey ihm befünde, das ihm in sonderheit
angelegen were, soll ers fürnemlich dahin richten,
daß er gegen solche beschwerung gnugsam getröstet
werde und, ob der Krancke zuvor ein verechter
Göttliches Worts und der Sacramenten gewesen
oder sonst mit groben und bekandten Sünden be-
hafftet und darin biß daher unbußfertiglich verhar-
ret, soll er ihm dieselben mit ernste fürhalten und
ihn zu warer erkendtnuß und bekendtnuß solcher
sünden und zu rechter rew und leidt darüber ver-
manen und, ehe dann er die zeichen der waren Buß
bey ihm sihet und spüret, ihm den Trost, der in Got-
tes wort und dem heiligen Abentmahl den Bußfer-
tigen Sündern verordnet ist, nicht mittheylen. Hir-
von aber kan man nicht wol eine gewisse Form vor-
schreiben, da muß jeder Pfarher die gelegenheit der
Person bedencken und mit einem jeden, nachdem er
ihn affectionirt befinden wirt, zu handeln wissen al-
so, das die Halstarrigen und Widerspenstigen mit
verkündigung Göttliches Gesetzes und Zorns doch
auffs aller fügligste und gelimffligste zu warer rew
und leidt gebracht, die blöden106 und bekümmerten
hertzen aber mit erklerung des heiligen, gnadenrei-
chen Evangelii in ihrem Gewissen gestercket und
getröstet werden.
Wann aber der Krancke der Communion begert,
darzu mag nachfolgende Form gebraucht werden
1. Soll der Pfarher den Krancken, wofern er des ver-
mö- |K1r | gens, nach seinem selbs eigenen gefallen
eine Beicht recitiren lassen. So es aber des Kran-
ckens vermögen nicht were, kan er durch nottürff-
tige fragen das bekendtnuß von ihm erfahren.
2. Darauff soll ihn der Pfarher gebürender maß ab-
solviren.
105 Klugheit, Geschick, Takt, Grimm, DWb 1, Sp. 1557.
106 Schwachen, verzagten, Grimm, DWb 2, Sp. 139f.
3. Nach vollendter Beicht und Absolution soll er in
acht nemen, daß der Tisch bereidt sey, und soll dar-
auff mit dem Krancken das Vatter unser beten.
Darnach spreche er die wort des Testaments:
Unser Herr Jhesus Christus etc.107
4. Unter verreichung des Leibs und Bluts Jhesu
Christi spricht der Diener, wie vor bey der Action
des heiligen Abendtmals vermeldet.
5. Darnach spreche man mit dem Krancken den
117. Psalm: Lobet den Herrn, alle Heyden, etc.
Oder, so man wil, mag man sprechen den 103.
Psalm.
Man mag auch nach der Communion und sonsten
dem krancken etliche schöne Trost Psalmen, so er
lust und andacht darzu hat, auß dem Psalter fürle-
sen, als den 91.,118., das schöne Confitemini, den
25. und der gleichen, und soll sonderlich der krancke
nach gehaltener Communion und sonsten dahin mit
fleiß angewiesen werden, daß er sich Gott befehle
und ihm alle seine sachen zu seinem Göttlichen wil-
len anheim stellen, wolt ihn Gott von diesem leben
abfordern, das er ihm dann zu folgen und gehorchen
willig und bereydt sey, in betrachtung, daß dadurch
ihm weiter zu sündigen und Gott zu erzürnen alle
ursache benomen und abgeschnieden werde, das er
von allem Jammer und Elendt, von aller untrew die-
ser bösen, Gottlosen Welt erlöset und zu Gott in sei-
ne ewige ruhe und herrligkeit auffgenommen wirt,
da es aber Gott gefiele, ihn lenger allhie in diesem
leben zubehalten, das er als denn die Vetterliche
züchtigung erkennen und hinfürt sein leben bessern
wolt. |K1v|
Es soll auch der Kirchendiener den Krancken
offtmals auch nach gehaltener Communion ersu-
chen, ihn mit Gottes wort erinnern, stercken und
trösten, zur gedult und Gebett vermanen, unterwei-
len auch selbs mit ihm beten, doch alle wege mit der
Moderation, daß die gelegenheit des Krancken be-
dacht und [mit] vielfeltigem, langem, unzeitigen ge-
107 1Kor 11,23-25.
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