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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0290
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Corvey

Form, einen Pfarher oder Kirchendiener einzuführen und ihm die gemeine zu Commendiren, so allbereyds
Ordinirt oder ein zeitlang im Predigampt gewesen ist

Wann einer hiebevor Ordinirt oder eine zeitlang der
Kirchen Gottes gedienet hette, were aber auß ge-
wissen beweglichen ursachen an diesen orth, der Ge-
meine Gottes für zustehen, beruffen, dieser soll auff
volgende weise eingefuhret und der Gemeine Com-
mendirt und fürgestellet werden:
1. Erstlich soll der von der Obrigkeit darzu an ihre
stadt verordneter Predicant vom ampt der Prediger
und Zuhörer oder sonst einem hierzu bequemen ar-
gumento ein Predige thun und zu ende derselbigen
die Gemeine unter andern notturfften der Christli-
chen Kirchen auch für den newen Pastor, das ihm
Gott, sein Ampt trewlich zuverrichten, seine gnade
geben wolte, mit sonderm ernst und fleiß zu bitten
vermahnen.
2. Nach gehaltener Predigt soll gesungen werden:
Veni sancte Spiritus, Teutsch oder Lateinisch116, und
sollen under des die dazu verordnete Person und der
newe Pfarherr für den Altar tretten. Und soll der
hierzu constituirter nach vollendetem gesange ein
kurtze vermanung thun zu dem Volck und darin an-
zeigen, wie das dieser zu ihrem Pfarherr erwehlet,
tügentlich erkandt und ordentlich darzu beruffen
sey, und man sey der hoffnung und zuversicht, er
werde die Gemeine mit verkündigung Göttliches
Worts und dispensation der hochwürdigen Sacra-
menten trewlich und fleissig versehen, derwegen der
Gemeine gebüren wolt, ihm in sachen, ihrer Seelen
heyl belangent, gebürliche Obedientz und gehorsam
zu leisten, wie er dann auch selbs sich verpflich-
|K4r| tet und verheissen habe, nach anweisung Gött-
liches wortes alles, was zu ihrer Seelen saligkeit
nothwendig, dienlich und beförderlich sein mag, mit
grossem ernst und fleiß fürzunehmen und zuverrich-
ten etc. Darauff soll er sie vermahnen zum Gebett
und also ihnen fürsprechen:

116 Luther: Komm, Heiliger Geist, Herre Gott, AWA 4,
Nr. 15; vgl. Wackernagel, Kirchenlied I, S. 177.

Herr Gott, Himlischer Vatter, der du allein tüchtige
Diener deiner Kirchen machest und sendest und ih-
nen zu solchem Ampt krafft und macht verleihest,
Wir bitten dich demütliglich, du wöllest das hertze
dieses deines Dieners mit deinem H. Geist im namen
unsers Herrn Jhesu Christi erluchten und ihn mit
deiner gewaltigen Handt also leiten und führen, da-
mit er sein befohlene[s] Ampt zu deines Namens
ehre und aufferbawung aller gleubigen in der Kirche
deines geliebten Sohnes trewlich verrichten müge,
behüte ihn auch für Sünden und ergernuß, für allen
falschen nachreden und verleumbdungen und für al-
ler gewaltsamer hindernuß seines Dienstes, auff das
er dir und deiner lieben Kirchen in allem trewlich
und wolgefellig diene, damit dein name also stetiges
geheiliget und dein Reich allenthalben erweitert und
gemehret werde, Durch denselbigen deinen lieben
Sohn, unsern Herrn Jhesum Christum, Amen.
Weiter soll er sagen: Höret das H. Evangelium,
welchs uns beschreibet der H. Evangelist Johannes
am 20. Cap. [21-23]: Der Herr saget zu seinen Jün-
gern: Wie mich mein |K4v| Himmelscher Vater ge-
sendet hat, also sende ich euch auch, und als er sol-
ches gesaget hatte, bließ er sie an und sprach: Ne-
met hin den heiligen Geist, welchen ihr die Sünde
erlasset, denen sollen sie erlassen sein, und welchen
ihr die behaltet, denen sollen sie behalten sein.
Er mag auch folgende Epistel nach gelegenheit der
zeit umb mehrer und besserer erinnerung fürlesen:
Also schreibt S. Paulus in 1. Timoth. 3 [1-7]: Das ist
je gewißlich war, so jemandt ein Bischopffampt be-
geret etc. (ende), auff das er nicht falle dem Lesterer
in die schmach und stricke. Also ermanet S. Paulus
die Eltesten zu Epheso117: So habt nun acht auff
euch selbs und auff die gantze Herde etc. (ende),
Daß ich nicht abgelassen habe drey Jahr, tag und
nacht, einen iglichen mit Tränen zu ermahnen.

117 Apg 20,28-31.

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