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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0291
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3. Kirchenordnung für das Corveyer Stiftsdorf Bruchhausen 1603

Hierauff last uns hertzlich bitten und sprechet mit
mir:
Barmhertziger Gott, Himlischer Vatter, du hast
durch den Mundt deines Sons, unsers Herrn Jesu
Christi, zu uns gesagt: die Erndte ist groß, aber we-
nig seindt der Arbeyter, bittet den Herrn der Ernd-
te, das er Arbeyter in seine Erndte sende118. Auff
solchen deinen Göttlichen befehl bitten wir von
hertzen, Du wollest diesem deinem Diener sampt
uns und allen, die zu deinem wort beruffen seindt,
deinen heiligen Geist reichlich geben, das wir mit
grossem |L1r| hauffen deine wahre Diener, erkenner
und bekenner sein, trew und fest bleiben wider den
Teuffel, Welt und Fleisch, damit dein Name gehei-
liget, dein Reich gemehret, dein wille vollnbracht

werde. Du wollest auch allem grewel und Rotten, so
deinen Namen lestern, dein Reich zerstören, deinem
willen wiederstreben, endlich stewren und ein ende
machen. Solch unser Gebett wollestu gnediglich er-
hören, wie wir gleuben und trawen durch deinen lie-
ben Sohn, unsern Herrn Jhesum Christum, der mit
dir und dem H. Geist lebet und herschet in ewigkeit,
Amen.
3. Zu letzt soll er dem newen Pfarhern die Gemeine
und hin widerumb der Gemeine den Pfarhern befeh-
len.
Zum beschluß soll das Te Deum laudamus119 oder
ein ander Christlicher Lobgesang gesungen werden.

Form der offentlichen Poenitentz und Absolution einer person, welche mit ihrem unordentlichen leben ein
gantze Christliche Gemeine verergert hat

Nachdem zu diesen itzigen letzten bösen zeiten die
Welt in Sünden gantz ersoffen also gar, daß sie sich
an die Geltstraffen der Obrigkeit nicht mehr kehren
noch sich dadurch von solchen Sünden, als Unzucht,
Hurerey und dergleichen, abschrecken lassen wil,
auch die Kirche dadurch, so hiemit sonderlich belei-
diget, nicht versöhnet, als ist in dieser |L1v| unserer
verordnung der Kirchendisciplin120 Christlich be-
dacht, geordenet und befohlen worden, daß in etli-
chen groben excessen und uberfahrungen Gott dem
allmechtigen zun ehren, den beschwerten Gewissen
zu sterckerm und bestendigerm Trost, auch mehr
und weiter ergernuß beyde, bey den gefallenen und
anderen Leuten zuverhüten, die jenigen, so mit ihrer
ubertrettungen bey der gantzen Gemein ergerniß
angerichtet haben, zur offentlichen Poenitentz ange-
wiesen und angehalten werden solten, Wie wir dann
auch hiervon klaren und außgetruckten befehl ha-
ben des Herrn Jhesu Christi und seiner lieben Apo-
steln, Matth. 5 [23-25]: Wenn du deine gabe etc.;
Matth. 18 [15-17]: Sündiget aber dein Bruder etc.;
in der 1. Corinth. 5 [9-13]: Ich habe euch geschrie-

118 Mt 9,37-38.
119 Te Deum laudamus, Wackernagel, Kirchenlied I,
S. 24.

ben etc.; in 2. Thess. 3 [6-15]: Wir gebieten etc.; in
1. Timoth. 5 [20]: Die da sündigen etc. Damit nun
auch in diesem stücke ein Christliche bescheidenheit
gehalten werden müge, so ist demnach für rathsam
und gut angesehen worden, das solche offentliche
poenitenz und absolution auff volgende weise für-
genomen und gehalten werden solte.
Die Person, welche nicht allein für Gott in ihrem
Hertzen und Gewissen, Sondern auch für der gant-
zen Christlichen Gemeine und versamlung vermög
Gottes und dieser unser Ordenung offentliche Buß
zu thun erkandt wirt, soll vom Pfarherr und Senio-
ribus fürgefordert, ihrer schweren Sünde und uber-
tretung, so sie gegen Gott und die gantze Christliche
Gemein begangen, mit ernsten, aber doch freundt-
lichen worten erinnert und dar beneben brüderlich
unterrichtet werden, wie sie sich halten und erzeigen
müsse, das Gott versühnet und die verergerte, be-
trübte Gemeine, Brüdern und Schwestern, zu frie-
den gestelt werden möchten. Denn dieweil die Sün-
de offentlich am tage und bekandt, auch die gantze

120 Hier ist der erste Teil der Kirchenordnung gemeint, siehe
oben, S. 233.

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