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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0472
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Lippe

geniis begabt, beneben dem ördenlichem Gottes-
dienst, so mit singen und lesen verrichtet, Auch im
Studio der Heiligen Schrifft aufferzogen, Und also

jederzeit die Kirchendienst drauß in unsern Graff-
und Herrschafften möchten nach aller notturfft er-
setzt werden.

Von den Beneficiis oder Lehnen (wie man sie nennet) und derselben Possessorn, wohin sie gewandt werden
Und was von ihren einkommen die Beneficiaten thun und leisten sollen |Nn4r|

Es bezeugt (leyder) die tegliche erfarung, welcher
gestalt im anfange der erkanten warheit und eröff-
netem Liecht des Heiligen Evangelii ein jeder mit
höhestem fleiß, mühe und sorgen dahin getrachtet
hat, wie er die Geistlichen Lehne (So zuvor von
frommen Christen den Kirchen Legirt und gegeben
Und darumb auch Geistliche güter heissen, das die
davon sollen unterhalten werden, so der Heiligen
Schrifft und derselben Ministerien mit den rechten
Geistlichen Gaben teglich dienen) zu sich bringen
unnd occupiern möchte. Und wenn sie dieselbige
durch Geldt, Gudt, Geschencke und sonst Malo ti-
tulo uberkommen und zu sich gebracht hatten, sind
sie alßbald Malae fidei Possessores geworden, haben
genante Güter verbeutet304, verpfendet oder ver-
setzt, der Kirchen entwendet, privat und eigen ge-
macht wider die gemeine Regel: Nulla ratio permit-
tit, ut, quod pro communi utilitate datum est, pro-
priis cuiusque usibus applicetur305.
Demnach haben solche Finantzer Geistlicher
Güter die Beneficia iren Kindern wider das gemeine
beste durch mancherley Simoney gekaufft, eine
Nase den Leuten gemacht und fürgewandt, ire Söne
solten davon studiren und mit der zeit auch der
Christlichen Kirchen unnd Schulen dienen, das doch
ihr Sinn und meinung nicht gewesen. Aber den
Lohn, die frucht und Renthe der Lehnen haben sie
auffgenommen und sind keine Arbeiter befunden
worden, haben Beneficia unnd keine Officia inn Kir-
chen oder Schulen gehabt, So doch nicht allein
Sanct Paulus die straffet, welche |Nn4v| andern be-
schwerlich sind und dafür nicht erbeiten oder schaf-
fen, Sondern auch die Geistliche Rechte außweisen:
Beneficium dari propter officium306.

304 Siehe oben, Anm. 268.
305 Decr. Grat. C. 17, q. 4, c. 2 = ClCan I, Sp. 815.

Uber das haben berürte Beneficiaten der Lehe-
nen Güter und einkommen mit Bübinnen verfres-
sen, versoffen und mit aller uberflüssigkeit ver-
pancketirt, der Kirchen und vieler armen Studenten
zum schaden und grossem verderb, Auch mit nach-
teil irer Seelen heil und seligkeit wider unserer lie-
ben, löblichen Vöreltern meinung, geordenter Fun-
dation una stifftung, sind entlichen zu müssigen
Breuchen gerathen, so weder Gott in Geistlichem
Regiment noch den Leuthen in Weltlichen oder
Haußregiment nützlich und dienlich geworden, wie
es leyder am tage ist und allzu war mit grossem
schmertzen, seufftzen und weheklagen der frommen
befunden.
Diesen mangel und feel aber in Christliche unnd
billiche besserung und nützliche wege zustellen und
verrichten, So ordnen und befehlen wir, das es mit
den Geistlichen Beneficien, so noch zur zeit zu
Christlichem gebrauch nicht hingewandt, hinfüro
auff diese nachfolgende Forme und Weise gehalten
werden soll.
Erstlich. Weil in der gemeinen Inspection aller Kir-
chen unserer Graffschafften befunden, das etliche
Beneficia und Commenden dahin verordnet und
vermüge der Fundation gestifftet sind, das zu un-
terhaltung etlicher Priester, so die Früemeß und an-
dere Meß in den Kirchen celebrirn solten, |Oo1r | wel-
ches die Leute damalen für ein Gottes Werck und
sachen gehalten, Demnach sollen jetziger zeit von
denen, so das Ius Investiturae oder Collationis tra-
gen, dieselbigen Lehne zu erhaltung und nutz der
Kirchen jedes orts, auch befürderung, gedeyen und
wolfart des Predigtampts, der Schulen, Studien und

306 2Thess 3,7-12; vgl. VI. 1, 3, 15 = ClCan II, Sp. 943.

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